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23.06.07 / Im Haff ertrunken / "Bild" über die Flucht 1945

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-07 vom 23. Juni 2007

Im Haff ertrunken
"Bild" über die Flucht 1945

So mancher Heimatvertriebene ist derzeit von zwiespältigen Gefühlen geplagt. Einerseits findet er es gut, daß Fernsehen sowie große Zeitungen und Zeitschriften sein Schicksal nach über 60 Jahren entdecken, andererseits erachtet er es als heuchlerisch, wenn behauptet wird, es sei endlich an der Zeit, auch das deutsche Leid zu würdigen. Als ob man das nicht schon vorher gekonnt oder auch getan hätte, nur erreichten die Publikationen selten einen größeren Personenkreis, da gerade jene, die jetzt das Thema entdecken, blockiert haben.

Mittlerweile hat jedenfalls auch die "Bild"-Zeitung das Thema für sich entdeckt und einige Schicksals-Beschreibungen veröffentlicht. Diese Erinnerungen über Flucht und Vertreibung sind jetzt zusammen mit einigen auf diese Berichte erschienen Leserbriefen sowie einem Vorwort und Nachwort von Ralf Georg Reuth in dem Buch "Deutsche auf der Flucht - Zeitzeugen-Berichte über die Vertreibung aus dem Osten" zusammengefaßt.

Bekannte, aber gut bearbeitete Fotos illustrieren den kurzen, aber trotzdem ausführlichen historischen Abriß von Ralf Georg Reuth. "Zu der panischen Angst der Flüchtlinge vor Mord und Totschlag, vor Plünderung und Vergewaltigung war inzwischen auch die Furcht vor Deportation in den Osten getreten. Anders als die Gewaltakte und Exzesse, die zu einem wesentlichen Teil Willkürhandlungen einzelner sowjetischer Soldaten und Offiziere waren, handelte es sich bei den Deportationen um eine systematisch geplante Aktion, mit der Zwangsarbeiter für die Sowjetunion rekrutiert wurden." Auch schildert der Herausgeber nachvollziehbar wie es trotz Widerstandes der westlichen Alliierten dazu kommen konnte, daß sich Polen so viel von Ostdeutschland einverleibte. "Ich bedauere, kein Zeichen der Entschlossenheit unsererseits zu sehen. Jeder scheint davon auszugehen, daß wir in der Frage der Oder-Neiße-Linie nachgeben werden", wird der US-amerikanische Außenminister zitiert.

Die folgenden Zeitzeugen-Berichte machen dann deutlich, was die historischen Entwicklungen für die einzelnen Individuen bedeuteten. "Obwohl ich die Flucht als Dreijährige nicht bewußt erlebt habe, denke ich noch mit Wehmut zurück. Mein Vater fiel 1943, meine Schwester ertrank eineinhalbjährig im Frischen Haff und meine Mutter verstarb mit 27 Jahren an den Folgen der Flucht. Geblieben war meine Großmutter, ein Brief meiner Mutter, der Wehrpaß meines Vaters und einige Fotos. Der Verlust meiner Familie hat mein späteres Leben geprägt", schreibt beispielsweise Edelgard Hippler aus Giekau. Und Jutta Endrukat aus Hamburg schildert, wie sie ihre dreijährige Schwester mit den Händen beerdigen mußte.

Auch wird erstaunlich offen von Vergewaltigung und brutalem Mord berichtet, so daß einem, selbst wenn man schon zahlreiche dieser Berichte gelesen hat, immer wieder Entsetzen überkommt.

"Deutsche auf der Flucht" ist ohne Zweifel gut gemacht. Informationen und Berichte sind für Betroffene wie Laien dieser Thematik gleichermaßen aufschlußreich. R. Bellano

Ralf Georg Reuth (Hrsg.): "Deutsche auf der Flucht - Zeitzeugen-Berichte über die Vertreibung aus dem Osten", Weltbild, Augsburg 2007, geb., 217 Seiten, 12,50 Euro, Best.-Nr. 6210


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