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23.06.07 / Weder Fisch noch Fleisch / Preußen-Krimi-Kochbuch enttäuscht und ist voller Fehler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-07 vom 23. Juni 2007

Weder Fisch noch Fleisch
Preußen-Krimi-Kochbuch enttäuscht und ist voller Fehler

Die Idee hat etwas Faszinierendes an sich - so etwas wie ein kulinarisches Testament von Friedrich II. nachzuempfinden. Gewissermaßen Zeitgeschichte in Rezepten - Fritz als Kronprinz in Rheinsberg, dann als König voller Tatendrang in Berlin und später als alternder, griesgrämiger Monarch in Potsdam-Sanssouci. Das alles zum Nachkochen. Als ein "buntes Lese- und Kochbuch mit Krimi-Szenen, historischen Originalrezepten und Geschehnissen aus der königlichen Hofküche" hat der berlin.krimi.verlag seine jüngste Veröffentlichung angekündigt. Darunter kann man sich fast alles vorstellen. Doch das Autoren-Duo Ronny Pietzner und Harry Balkow-Gölitzer hat nur in Maßen die Erwartungen erfüllt. Was nämlich dieser Tage unter dem Titel "Preußen-Krimi-Kochbuch - Kochen wie Lagustier" in die Buchhandlungen ausgeliefert wurde, ist weder Fisch noch Fleisch, weder Kochbuch noch Roman. So ein bißchen erwartet man einen Krimi, der im 18. Jahrhundert spielt. In der Form ähnlich dem Simmel-Bestseller "Es muß nicht immer Kavier sein". Aber was das Kriminalistische betrifft, so waren das vergebliche Hoffnungen. Die angekündigten Krimi-Szenen bestehen im wesentlichen aus Hinweisen und Andeutungen auf andere Krimis. Die übrige Rahmenhandlung wirkt aufgesetzt, so daß man sie ohne Verlust hätte weglassen können. Für an Geschichte und gutem Essen interessierte Leser reicht das kulinarische Umfeld des Großen Friedrich voll und ganz aus. Vieles, was das Autoren-Paar an Historischem, Legendenhaftem und Kulinarischem ausgekramt hat, ist unterhaltsam genug. Balkow-Gölitzer ist ein erfahrener Journalist und Pietzner ein noch junger, recht phantasievoller Küchenchef. Mit der Detail-Genauigkeit tun sich beide schwer. Selbst wenn hinlänglich bekannt ist, wie schnell sich "Zahlendreher" einschleichen können, sollte es einfach nicht sein, daß der Siebenjährige Krieg um 100 Jahre vordatiert wird. Oder daß man sich mit Friedrichs berüchtigtem Kartoffel-Edikt um volle zehn Jahre "verhaut". Das tut jedem Preußen-Brandenburg-Kenner weh.

Recht ordentlich hat dagegen Ronny Pietzner seine "Hausaufgaben" in Sachen Rezepten erledigt. Der junge Küchenmeister, der das Restaurant "Bäkemühle" in Kleinmachnow bei Potsdam betreibt, entwirft ein Feuerwerk an Phantasie und Originalität - und das alles durchaus gewürzt mit märkischer Bodenständigkeit.

Einfach mal ein Beispiel für eines seiner Menüs: Bettelmannsuppe mit Rindfleisch, gegrilltes Lachsfilet auf Spreewälder Gurken-Vanillegemüse mit Paprikarahm, gepökelte Rinderbrust mit Meerettich-Sauce, Wurzelgemüse und Rote-Bete-Püree, Apfelsinen-Weincreme mit Mandeln, Kolkwitzer Ziegenkäse mit Pflaumensenf.

Da läuft einem schon das Wasser im Mund zusammen. Deshalb gleich noch ein zweites, das sich durchaus Friedrich II. unterschieben läßt: Wie wäre es mit Entensuppe mit Wirsing, rosa Entenbrust mit Kirschsauce und Kräuterpolenta, als Dessert Mascarpone-Amarettocreme mit Himbeeren?

Es ist nicht zu übersehen: Nicht alles stammt aus Friedrichs Zeiten. Aber das muß auch nicht sein, denn es geht um Speise-Vergnügen und nicht um das präzise Festschreiben der Gaumenfreuden von Anno dazumal.

Außerdem: Viele der einstigen Zubereitungen sind dem Genießer des Jahres 2007 nicht mehr zuzumuten. Die größte Stärke des 240-Seiten-Buches ist die gut verständliche Sprache.

Sie ermöglicht es auch "blutigen" Laien, die Gerichte problemlos nachzukochen. Da sollte man es dem Küchenkünstler-Duo auch nicht übelnehmen, wenn es gegrillte Wildschweinhaxe aus vier Lammhaxen zubereitet. Hochkarätige Küche hat eben doch auch viel mit Illusion und Zauberei zu tun.

Dem Verlag ist durchaus zu einer zweiten, allerdings stark überarbeiteten Auflage anzuraten. Zwar ist die Buch-Idee faszinierend, doch die Umsetzung läßt viele Möglichkeiten zur Optimierung zu. Karel Chemnitz

Ronny Pietzner / Harry Balkow-Gölitzer: "Preußen-Krimi-Kochbuch - Kochen wie Lagustier", berlin-krimi-verlag, Berlin 2007, 240 Seiten, 14,90 Euro, Best.-Nr. 6221


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