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23.06.07 / Er gab dem Peterlfeuer seinen Namen / Warum sich Sankt Petrus in Deutschland traditionell größter Achtung und Wertschätzung erfreut

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-07 vom 23. Juni 2007

Er gab dem Peterlfeuer seinen Namen
Warum sich Sankt Petrus in Deutschland traditionell größter Achtung und Wertschätzung erfreut
von Manfred Müller

Decke Pitter" - so nennen die Kölner liebevoll die 25 Tonnen schwere St.-Peters-Glocke des Kölner Doms, die größte schwingende Glocke der Welt. Sie erklingt nur an hohen Festtagen und zu ganz wenigen besonderen Anlässen. Die 1925 während der alliierten Fremdherrschaft am Rhein gegossene Glocke trägt die Inschrift: "Sankt Peter bin ich genannt, schütze das deutsche Land, geboren aus deutschem Leid, ruf ich zur Einigkeit."

Das Petrus-Patrozinium des Kölner Doms reicht weit ins 7. Jahrhundert zurück und zeugt neben vielen Benennungen von Kirchen, Kapellen und Klöstern nach dem Apostelfürsten von der Beliebtheit Sankt Peters bei unseren Vorfahren. Diese Popularität hängt eng mit der Missionsgeschichte Germaniens zusammen. Die christlichen Missionare konnten, wenn sie bei ihren Unterweisungen aus dem Leben des von Jesus bevorzugten Fischers Simon vortrugen, auf Szenen zurückgreifen, die menschlich bewegend waren. Im Leben des Simon, dem Jesus nach biblischem Zeugnis den Ehrentitel Kephas, das aramäische Wort für Fels, verlieh, zeigten sich einige Motive, die den germanischen Adeligen, Kriegern und Bauern aus der mündlichen Überlieferung ihrer Mythologie vertraut waren: Kampf, Treue, Verrat. Sehr anschaulich ließ sich die biblische Szene ausmalen, in der Petrus, um Jesu Gefangennahme zu verhindern, zum Schwert greift. Oder die Szene, in der Petrus den Heiland (wie von diesem vorausgesagt) dreimal verleugnet und dann tiefe Reue über dieses Versagen zeigt. Oder die Quo-vadis-Szene der legendenhaften Überlieferung: Petrus flieht als Bischof von Rom, um der Hinrichtung durch Kaiser Nero zu entgehen. Auf der Via Appia begegnet ihm Christus ("Herr, wohin gehst du?"), der dem beschämten Petrus ankündigt, er werde sich in Rom kreuzigen lassen, was die sofortige Umkehr des Petrus und dessen bewußte Annahme des Märtyrertodes zur Folge hat.

Missionare, die auch nur ein wenig Kenntnis von der germanischen Mythologie hatten, sahen Ähnlichkeiten zwischen dem Gott Donar (Thor) und Petrus. So dürfte es kein Zufall sein, daß der Missionsbischof Winfried (Bonifatius) nach der spektakulären Fällung der Donareiche bei Fritzlar an diesem Orte ein dem heiligen Petrus geweihtes Kloster als Zentrum der weiteren Missionierung errichtete. Die Germanen nahmen alles Religiöse in einem sehr handfest-konkreten Sinne: Donar hatte den Bischof Bonifatius nicht mit seinem berühmten Hammer (dem Blitz) erschlagen, also mußten der Christengott und dessen vornehmster Gefolgsmann Petrus mächtiger sein als Donar. Im Volksglauben hat sich bis in unsere Zeit ein bezeichnender Zug der Parallelisierung zwischen dem Donnergott Donar und Sankt Peter erhalten. Wenn es donnert, heißt es, Sankt Peter kegele - eine Abwandlung ins Humorige (wie oft bei Einzelheiten der nordischen Mythologie), die auch für manche Märchen, Sagen und Legenden zutrifft, die über Sankt Peter erzählt wurden. Da die zu missionierenden Germanen im Bibeltext hörten, Jesus habe dem Petrus die "Schlüssel des Himmelreiches" übergeben (Binde- und Lösegewalt), stellten sie sich den Apostel als den mächtigen Pförtner der Himmelsburg vor. Dieser gewährt denjenigen, die in seine Gefolgschaft getreten sind (ihn verehrt haben), nach ihrem Ableben Einlaß und legt beim Weltgericht sicher ein gutes Wort für sie bei dem Himmelskönig Christus ein.

Seit Pippin II. sah das fränkische Herrschergeschlecht der Karolinger Sankt Peter als Familien- und Reichspatron an. Pippin rief in der Schlacht am Lech 743 den Apostelfürsten gegen die aufständischen Bajuwaren als Sieghelfer an, mit Erfolg. Pippin und nach ihm Karl der Große schrieben die Siege auf ihren Italienfeldzügen Sankt Peter zu. Durch die Kooperation der Karolinger mit dem römischen Papsttum (den Nachfolgern Petri) gewann die Petersverehrung dieses Herrschergeschlechts noch eine zusätzliche Note.

Etwas von der Vorstellung der Petrusgefolgschaft lebte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei den Katholiken des deutschen Volksraums wieder auf. Als dem maroden Kirchenstaat der finanzielle Bankrott drohte, wurde 1860 in Wien eine Michaelsbruderschaft gegründet, die sich schnell in den deutschen Landen ausbreitete. Eine der Hauptaufgaben der Bruderschaft war es, für den Heiligen Vater den "Peterspfennig" zu sammeln und nach Rom zu überweisen. Vor und nach dem Untergang des Kirchenstaates während des Deutsch-Französischen Krieges 1870 kamen so beträchtliche Summen zusammen. Selbst als der Kirchenstaat 1929 neu erstand und finanziell abgesichert war, blieb es bei dem "Peterspfennig" (Opferstock und Kollekte) - bis heute.

In unserem Alltag sind noch zahlreiche Spuren der Petrusverehrung zu finden. Man denke nur an die vielen bildlichen Darstellungen (von der hohen Kunst bis zur Gebrauchsgraphik). Oder an die Berufspatronate: Maurer, Steinhauer, Brückenbauer, Schiffer, Fischer, Fischhändler, Schlosser, Schmiede, Eisenhändler, Tuchweber. Und nicht zu vergessen: die auf eine Petruslegende zurückgehende Bezeichnung einer Blume (Himmelsschlüssel) und der Gruß der Sportfischer ("Petri Heil!").

Der Festtag des 29. Juni ist nicht nur dem Apostelfürsten Petrus, sondern zugleich auch dem Völkerapostel Paulus gewidmet. Schon 354 ist ein Gottesdienst zu Ehren der beiden Heiligen für diesen Tag kalendarisch bezeugt. Ihr Name hat bei allen christlichen Völkern als Vorname große Beliebtheit besessen und wird auch heute nicht durch die Modenamen der Medienstars ins Abseits gedrängt.

Foto: Peterlfeuer: Besonders in Österreich und Bayern gehört es traditionell zum katholischen Hochfest am 29. Juni, dem überlieferten Todestag der Apostel Peter und Paul.


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