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30.06.07 / Wowereit droht Niederlage / Berliner kämpfen gegen Abschaffung des Religionsunterrichts - Volksbegehren erfährt breiten Zuspruch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-07 vom 30. Juni 2007

Wowereit droht Niederlage
Berliner kämpfen gegen Abschaffung des Religionsunterrichts - Volksbegehren erfährt breiten Zuspruch
von Hans Lody

Alle vergangenen Versuche, den Religionsunterricht in Berlin zu retten, blieben bislang ohne durchschlagenden Erfolg. Jetzt aber sieht es so aus, daß eine erstzunehmende Masseninitiative im Werden ist, die die Abschaffung des Fachs in der Hauptstadt kippen könnte. Das wäre ein herber Gesichtsverlust für den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD).

Seit zwei Wochen sammelt der Verein "Pro Reli" mit Sitz in Berlin-Wilmersdorf Unterschriften für ein Volksbegehren. Der von Sozialdemokraten und Linkspartei gebildete Berliner Senat hatte die Abschaffung des traditionellen Religionsunterrichtes und die Einführung eines Ethik-Unterrichts an den Berliner Schulen verfügt. Gegner dieser Maßnahme verweisen empört darauf, daß sich nicht einmal das DDR-Regime getraut habe, den Schulkindern zwangsweise atheistischen Unterricht zu verordnen. So sind Zorn und Widerstand gegen den Senatsbeschluß keineswegs auf das nicht nur in Berlin arg geschrumpfte Häuflein der sonntäglicher Kirchenbesucher beschränkt. "Eine wirkliche effektive Wertevermittlung setzt bei der individuellen Lebenserfahrung der Schülerinnen und Schüler an. Deshalb ist es unabdingbar an den Schulen nicht nur eine humanistisch-säkulare Wertevermittlung anzubieten, sondern auch religiös-gebundene Formen", fordert "Pro Reli" und bekommt reichlich Unterstützung aus den verschiedensten politischen Lagern.

Der Verein will den Schülern der Hauptstadt eine Wahlmöglichkeit zwischen dem herkömmlichen Religionsunterricht und dem "Ethik-Unterricht" erkämpfen. Anders als bisher will die Initiative aber auch das bislang für die "normale" Schulbenotung unwichtige Fach Religion künftig als sogenanntes Wahlpflichtfach versetzungs- und abiturrelevant machen und damit aufwerten. Geschäftsführer Martin Schröder bemüht sich über die beiden großen Konfessionen (katholische und evangelische Kirche) hinaus Freikirchen, Juden und Muslime für sein Anliegen zu gewinnen. Zu den Erstunterzeichnern des Volksbegehrens zählen der evangelische Bischof Wolfgang Huber und Georg Kardinal Sterzinsky.

Der Verein arbeite - so Schröder - indes nicht nur überkonfessionell, sondern auch überparteilich. Neben der CDU-Bundestagsabgeordneten Monika Grütters und dem früheren Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), werde die Initiative auch von dem prominenten SPD-Bundestagsabgeordneten Karsten Voigt und der FDP-Landespolitikerin Maria Senftleben unterstützt. Zur Zeit bemühe man sich sehr um den Zuspruch des früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse und hoffe zudem auf Hilfe von den Grünen.

Bislang haben bereits über 150 Kirchengemeinden ihre Mitarbeit angekündigt und die Formblätter angefordert, auf denen die Unterschriften geleistet werden können. Allein durch persönliche Ansprache von Passanten konnten in der ersten Woche 1000 Unterschriften eingeworben werden, aber nun komme die Sache durch die Mitarbeit der Gemeinden vor Ort erst richtig in Gang, ist Martin Schröder überzeugt.

Er ist sich ziemlich sicher, daß man nicht bis November brauchen werde, um die notwendigen 20000 Unterstützer zu mobilisieren. Im November endet die gesetzliche Frist zur Übergabe der Unterschriften für das Volksbegehren. Bis zu den Sommerferien bereits wolle man das Ziel erreichen, aber dann bis November weitersammeln. Damit soll der Druck auf den Senat noch weiter erhöht werden. "Pro Reli" setzt auf die Einsicht des Senats, denn wenn es gelinge, ein Vielfaches der notwendigen Unterschriften zu sammeln, dann stünden die Chancen gut, auch die zweite Stufe des Volksbegehrens - dafür werden dann aber 170000 Unterstützungsunterschriften gebraucht - zusammenzubringen.

Die dritte Stufe, der Volksentscheid, wäre dann gültig, wenn sich mindestens 650000 Wahlberechtigte daran beteiligen. Stimmt mehr als die Hälfte von ihnen für die Beibehaltung und Aufwertung des Religionsunterrichts, hätte dies Gesetzeskraft. Mancher Beobachter erwartet indes, daß Klaus Wowereit es nicht soweit kommen läßt und, um sich eine solch spektakuläre Niederlage zu ersparen, vorher einlenkt.

Mehr Informationen bei "Pro Reli", Tölzer Str. 25, 14199 Berlin, www.pro-reli.de


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