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30.06.07 / Keine Alternative zu Kurt Beck / Richtig glücklich ist die SPD mit ihrem Partei-Chef nicht, doch es fehlen die Kronprinzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-07 vom 30. Juni 2007

Keine Alternative zu Kurt Beck
Richtig glücklich ist die SPD mit ihrem Partei-Chef nicht, doch es fehlen die Kronprinzen
von Hans Heckel

Oskar Lafontaine ist bester Laune: "Wenn bei der SPD Themen wie Mindestlohn oder bei der CDU die Dauer des Arbeitslosengeldes diskutiert werden, dann ist das ein Ergebnis unserer Arbeit. Wenn SPD und CDU an der Rente mit 67 zweifeln, dann, weil wir da sind. Wenn die Grünen sich von den Kampfeinsätzen in Afghanistan abseilen, dann reagieren sie auf uns", freut sich der Chef der Linkspartei im "Spiegel".

Der Jubel ist keine Angeberei, jedenfalls nicht aus Sicht der bedrängten Sozialdemokraten. Kurt Beck gab auf dem Parteikonvent vergangenes Wochenende in Hannover buchstäblich alles. Schweißgebadet stand der SPD-Chef am Ende seiner einstündigen Ansprache vor den applaudierenden Delegierten. Becks atemlose Erscheinung stand da wie das Ebenbild einer Partei in einer historischen Klemme.

Der schnell hingeworfene Vergleich mit den Grünen, deren Auftreten die SPD ja auch weggesteckt habe, trifft nicht. Die Ökopartei war eine Spätgeburt der 68er, jener Bürgersöhne und -töchter, die zwar zu Zeiten der Studentenrevolte viel vom "Proletariat" fabuliert, aber nie wirklich Zugang gefunden hatten zum "kleinen Mann". Die Linkspartei hingegen als populistischer Mißstimmungsverstärker der vermeintlichen Einheits- und Globalisierungsverlierer fischt mitten im Reservoir der SPD.

Kurt Beck habe Boden gut gemacht, verlautete es aus dem sozialdemokratischen Lager kurz nach dem Auftritt von Hannover. Der SPD-Chef setzte auf eine Doppelstrategie aus Angriffspose und öffentlicher Weinerlichkeit. Ja, die Kritik der vergangenen Wochen habe ihn schon getroffen, beichtete er seinen Genossen.

Wie gut oder schlecht die Chancen der Sozialdemokraten stehen im Abwehrkampf gegen die Linken auf der einen und dem Profilierungskleinkrieg gegen den Koalitionspartner auf der anderen Seite, hängt entscheidend von ihrem Führungspersonal ab.

Doch genau hier liegt ihre besondere Schwäche. Daß Kurt Beck aus Hannover mehr saugen kann als eine kleine Atempause bis zu den nächsten Umfragezahlen, bleibt zweifelhaft. Beck bleibe eben, weil es zur Zeit keinen Ersatz für ihn gäbe, unken keineswegs nur die Gegner der SPD.

Die Frage ist in der Tat: Wer könnte anstatt des schwächelnden Kurt Beck einst für die SPD als Kanzlerkanidat antreten? In Hannover mit Beifall überhäuft wurde Außenminister Frank-Walter Steinmeier, weshalb ihn einige Medien schon als möglichen nächsten SPD-Kanzlerkandidaten sehen wollten. Doch so sehr der Chefdiplomat weltpolitischen Glanz versprühen mag - für seine Basis bleibt er ein entfernter Mann des Regierungsapparats. Er hat noch nie eine Wahl gewinnen müssen und wird selbst von den Bürgerlichen nicht wirklich als "Sozi" wahrgenommen. Daß Steinmeier von der SPD-Funktionärsbasis als künftiger Kanzlerkandidat auf den Schild gehoben wird, darf daher als unwahrscheinlich gelten.

Als weiterer renommierter Bundesminister steht Finanzchef Peer Steinbrück in der vorderen Reihe der SPD. Der gebürtige Hamburger, der in NRW politisch Karriere machte, paßt schon eher ins Bild des kernigen Sozialdemokraten mit "Stallgeruch". Seine manchmal raubeinige Art kommt an, seine Kompetenz als Finanzminister strahlt bis ins bürgerliche Lager. Steinbrück könnte der populistischen Politik der Linkspartei Paroli bieten und gleichzeitig der Union Wähler abjagen, die solides politisches Handwerk erwarten.

Eine rot-rot-grüne Koalition mit Steinbrück an der Spitze aber kann er sich vermutlich selbst nicht vorstellen. Für diese Konstellation wäre am ehesten Andrea Nahles vorstellbar. Nahles ist eine bei den Jusos großgewordene SPD-Linke, die ihre Fäden längst kreuz und quer durch die Partei gesponnen hat. Allerdings dürften ihr geringes Alter, 37, und die Tatsache, daß Teile der SPD (noch?) Schwierigkeiten haben, mit Lafontaine anzubändeln, ihr den Weg vorerst verbauen, vorerst!

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit versucht bereits seit einiger Zeit, sich als Reserve-Hoffnungsträger der SPD in Szene zu setzen. Für ihn spräche, daß er Erfahrung mit rot-roten Koalitionen mitbringt und die Hauptstadt-PDS neben ihm recht blaß geworden ist. Ob Wowereit jedoch den Geschmack der sozialdemokratischen Basis bundesweit trifft, ist ungewiß - trotz der offensichtlichen Bemühungen des Berliners, nicht mehr als glitzernder "Partymeister", sondern als hart arbeitender Bürgermeister wahrgenommen zu werden.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel spielt gern den Energischen, hat Erfahrung als Ministerpräsident und profiliert sich mit Hilfe des Atomausstiegs gegen die Union. Ihm mangelt es jedoch sowohl an einer starken Stellung in der Partei wie an einem Schlüsselministerium. Das gleiche gilt für Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt wiederum wird allein als - je nach Standpunkt - versierte oder verbohrte Fachfrau wahrgenommen, die als Spitzenkandidatin ebensowenig ins Spiel gebracht werden wird wie Tiefensee.

So bleibt es dünn in der Führungsriege der SPD - und Kurt Beck ohne akute Konkurrenz.

Foto: Der SPD-Parteivorsitzende und seine Vize-Chefs: Beck mit Nahles, Steinmeier und Steinbrück (v. l.)


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