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30.06.07 / Grell sein ist ihr Geschäft / An Paris Hilton kann kein Medium vorbei, doch warum ist die Hotel-Erbin Pflicht-Programm?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-07 vom 30. Juni 2007

Grell sein ist ihr Geschäft
An Paris Hilton kann kein Medium vorbei, doch warum ist die Hotel-Erbin Pflicht-Programm?
von Rebecca Bellano

Paris Hilton will nach Gefängnis neues Leben beginnen." Diese Nachricht stammt nicht etwa aus dem "Goldenen Blatt" oder der "Bunten", sondern von der Internetseite der seriös-intellektuellen Wochenzeitung "Die Zeit". Kaum ein Medium kann sich inzwischen den Nachrichten über das sogenannte "It-Girl" entziehen. Paris Hilton ist Trend, und wer folgt nicht gerne einem Trend? Und so vermelden neben Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen jeglichem Niveaus Nachrichtensendungen der Privatsender, Boulevard-Formate der Öffentlich-Rechtlichen, Promi-Nachrichten zahlreicher Radiosender sowie Info-Bildschirme in U- und S-Bahnen unentwegt jede Kleinigkeit aus dem Leben der 26jährigen Hotel-Erbin. Es gibt wohl kaum einen Deutschen, der nicht weiß, wer die grelle Blonde ist. Man kann sich der Nachrichtenflut auch gar nicht entziehen, weil selbst ein Spaziergang durch den Park am Kiosk vorbei führt, an dem zahlreiche Publikationen ausliegen, die regelmäßig ein Foto der jungen Dame auf den Titelseiten führen und in kurzen, einprägsamen Worten über ihren neusten Skandal berichten.

Aber wie kommt es, daß ein Rentner-Ehepaar bei der U-Bahnfahrt ausgiebig über den Sinn und Unsinn diskutiert, ob Paris Hilton ihre volle Gefängnis-Strafe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Alkoholeinfluß absitzen soll, während im U-Bahn-Fernsehen Nachrichten aus der Politik unbeachtet dahinfließen. Erst die Skandal-Meldung über Paris Hitlons Freundin Lindsay Lohan weckt wieder die Aufmerksamkeit der Diskutierenden.

Was haben die beiden jungen Damen und andere "It-Girls" wie Sienna Miller, Mischa Barton und Nicole Richie eigentlich an sich, daß sie Woche für Woche, Tag für Tag, die Nachrichten beherrschen. Wieso kennen fast alle Deutschen aller Altersklassen und quer durch alle sozialen Schichten diese jungen Amerikanerinnen, während nur ein Bruchteil von ihnen die Namen der Minister ihrer Bundesregierung nennen kann?

Was können die Damen eigentlich anderes außer gut aussehen, Party machen und Unmengen an Geld ausgeben? Na gut, einige schauspielern ein wenig, aber keiner ihrer Filme reicht über kurzweilige Unterhaltung hinaus. Doch wer behauptet Paris, Nicole, Mischa und Co. seien talentfrei, der irrt. Sie wissen genau, was der Unterhaltungsmarkt will: Die Medien brauchen leichte Kost, die ihr Publikum fordert ... und die Mädels liefern.

"Ich weiß alles über Paris, sie ist mein Jahrgang und lebt so, wie ich es gern würde", erklärt die 25jährige Vanessa ihr Interesse an dem Glamour-Girl. "Außerdem ist Paris ehrlich, sie verstellt sich nicht, lebt so, wie sie will. Politiker interessieren mich hingegen kaum, die sind alle irgendwie gleich grau und tun eh nur, was sie wollen, ohne das jedoch offen zu sagen."

Aber auch ältere Frauen lesen neben den neuesten Nachrichten aus den Königshäusern auch alles über das Leben der "It-Girls". Zugegeben, häufig rümpfen sie die Nasen über das hemmungslose Verhalten der Möchtegern-Prinzessinen, die als Ersatz nicht-existierenden US-Adels durch die Medien ziehen, doch das heißt nicht, daß ihr Tun nicht aufmerksam verfolgt würde.

Und so verdrängen Paris, Lindsay und Co. seit Jahren sogar seriöse Hintergrundinformationen, für die sich immer weniger interessieren und die inzwischen auch immer weniger verstehen. Nachrichten-Sendungen beim gern als Unterschichten-Sender bezeichneten RTL2 befassen sich nur in den ersten paar Minuten mit Meldungen aus Politik und Wirtschaft, danach wird es "bunt".

"Die Mädels sind unsere Idole. Sie können das, was wir wollen, fahren tolle Autos, haben tolle Liebhaber und Designer-Kleidung. Ein Einblick in ihre Welt, gönnt es einem, ein paar Minuten aus dem eigenen Alltag zu entfliehen, der von Arbeitslosigkeit, Steuererhöhungen, Rentenkürzungen, Gehaltsstreichungen und Beziehungsstreß geprägt ist", versucht die 23jährige Laura ihr Interesse an den "It-Girls" verständlich zu machen.

Und wenn dann mal etwas wie der Gefängnisaufenthalt passiert, der belegt, daß auch Paris nicht so sorgenfrei leben kann, wie sie will, dann wird auch das fasziniert verfolgt.

Abgesehen davon, daß es zeigt, daß auch die Erbin eines 1,4-Milliarden-US-Dollar-Vermögens sich nicht alles leisten kann, ist es auch ungemein unterhaltend und gibt der "Paris-Show" mal neue Akzente. Wer die junge Inhaftierte jetzt bedauern will, liegt allerdings falsch, denn Unterhaltung ist eben ihr Geschäft, mit dem sie auch gut Geld verdient, und auch ihr Job kann eben nicht immer nur einfach sein ... wir leben also doch alle in der selben Welt.

Foto: Weiß sich stets in Szene zu "werfen": Paris Hilton vermarktet sich selbst.


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