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30.06.07 / Im afrikanischen Hinterland / Junge Bayerin geht 1913 auf Heiratsannonce hin nach Tansania

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-07 vom 30. Juni 2007

Im afrikanischen Hinterland
Junge Bayerin geht 1913 auf Heiratsannonce hin nach Tansania

"Ein Traum von Afrika", der Titel klingt wie eine der neuerdings bei ARD und ZDF ständig zu sehenden Herz-Schmerz-Schnulzen vor wildromantischer, afrikanischer Kulisse. Und es beginnt auch so. Elisabeth Angerer, Anwaltsgehilfin aus Straubing, flieht 1913 vor der Enge ihres Elternhauses, indem sie auf eine Heiratsannonce antwortet. "Paradies in Afrika: Pflanzer sucht tüchtige junge Frau. Traumhafte Zukunft in deutscher Kolonie." Voller Spannung bricht Elisabeth in ihr neues Leben auf, von dem sie sich grenzenlose Freiheit erhofft. Doch als sie in Daresalam ankommt, darf sie das Schiff nicht verlassen. An Land dürfen nur verheiratete Frauen, was bedeutet, daß sie den Verfasser der Annonce, Max Leitner, noch an Bord ehelichen muß. Doch Max ist optisch keineswegs der starke, verwegene Abenteurer, den sie sich erhofft hat. Vor ihr steht ein schlaksiger, blasser, schweigsamer Mann, der das Ganze schnell über die Bühne bringen will.

Autor Ray Müller, eigentlich Drehbuchautor und Dokumentarfilmer, hat erstmals einen Roman geschrieben. Das merkt man diesem aber nicht an, da der Autor gekonnt Atmosphäre schafft. Gleich zu Beginn des Buches weist Ray Müller darauf hin, daß der Roman zur Erinnerung an seinen Großvater geschrieben wurde, der 1913 eine Farm in Tanganjika hatte, nicht weit von Kimamba - genau wie Max Leitner. Auf die Frage, inwieweit der Roman auf authentischen Ereignissen beruht, geht der Autor bedauerlicherweise nicht ein. Es heißt nur: "Alle im Roman vorkommenden Personen sind in ihrer Gestaltung fiktiv. Paul von Lettow-Vorbeck, Carl Schillings und Frederick Selous sind historische Gestalten, doch ihre hier vorgenommene Charakterisierung ist frei erfunden." Besonders Oberst Paul von Lettow-Vorbeck, der Befehlshabende über die in der Kolonie stationierten Truppen, kommt hier besser weg, als es im überwiegenden Teil der herrschenden Geschichtsschreibung der Fall ist. Hier ist Lettow-Vorbeck ein väterlicher, umsichtiger Mann, der die Schwarzen sanft an deutsche Werte heranführen will und es befürwortet, daß die deutschen Pflanzer auch auf die Schwarzen eingehen, indem sie Suaheli lernen und die Traditionen der acht Millionen Einwohner achten.

"In den Gongwe-Bergen verschleierten mächtige Wolkengebilde die Sonne, nur die Hitze zeigte an, daß sie bald im Zenit stehen würde. Elisabeth sprang aus dem Sattel und sank mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Knie." Hitze, Insekten, wilde Tiere, Einsamkeit - das Mädchen aus Straubing hat viel durchzumachen und überlebt häufig nur knapp. Ihre Ehe verläuft allerdings noch weit aus schlechter als ihre Eingewöhnung in ihre neue Heimat. Max arbeitet fast ständig, und wenn er einmal Zeit hat, geht er auf Safari. Außerdem behandelt er aus der Sicht Elisabeths die Schwarzen zu hart, was immer wieder zu Konflikten zwischen den Eheleuten führt. Auch eine Liebesnacht mit dem vorbeireisenden Naturfotographen Carl Schillings erfüllt Elisabeth nicht. Erst als sie beinahe tödlich verunglückt, kommt sie ihrem Mann näher, der langsam beginnt, seine Gefühle auszudrücken.

Doch dann beginnt der Erste Weltkrieg und der Kampf mit den aus Kenia angreifenden Engländern. Max meldet sich freiwillig, und die inzwischen schwangere Elisabeth ist auf sich allein gestellt.

Zeitweise neigt Ray Müller dazu, vor allem Elisabeth zu heldenhaft und leidenschaftlich zu zeichnen, auch das Bild von den Eingeborenen, das er vermittelt, ist ein wenig zu idealistisch. Überwiegend gelingt es dem Autor, nicht in die Herz-Schmerz-Gefilde abzugleiten, zumal der offenbar authentische Schluß alles andere als ein glückliches Ende ist. Alles andere wäre auch angesichts der Kriegshandlungen in der Region, die mit der Niederlage des deutschen Kaiserreiches endeten, nicht realistisch gewesen.

Was allerdings sehr negativ an dem Roman auffällt, sind die vielen Rechtschreibfehler. Groß- und Kleinschreibung, Trennfehler und fehlende Buchstaben wären leicht zu korrigieren gewesen. Es verärgert, wenn man trotz guter Geschichte über vermeidbare Fehler stolpert. R. Bellano

Ray Müller: "Ein Traum von Afrika", LangenMüller, München 2007, geb., 490 Seiten, 19,90 Euro, Best.-Nr. 6229


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