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30.06.07 / Die zwei Gesichter einer Königin / Vor 250 Jahren starb Sophia Dorothea von Preußen, Frau des Soldatenkönigs und Mutter von Friedrich dem Großen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-07 vom 30. Juni 2007

Die zwei Gesichter einer Königin
Vor 250 Jahren starb Sophia Dorothea von Preußen, Frau des Soldatenkönigs und Mutter von Friedrich dem Großen
von Karel Chemnitz

Das Ende der Königinmutter kam nicht völlig überraschend. Schon den 70. Geburtstag im März 1757 soll Sophia Dorothea weniger aufwendig als in den Jahren zuvor gefeiert haben. Ein Graf Lehndorff beschreibt ihre letzten Stunden: "Um zwei Uhr nachts läßt sie die Knesebeck rufen, weil sie nicht einschlafen kann, um vier Uhr entläßt sie sie und schläft bis acht. Dann fühlt sie ein Bedürfnis, läßt sich aus dem Bett tragen, nimmt Tee und will ins Bett zurück. In dem Augenblick, da ihre Frauen sie ins Bett legen, sagt sie ,Nun ist es aus!' ... Da liegt sie nun auf einem kleinen Ruhebett und schon beginnt man davon zu sprechen, daß man den Sarg wird schließen müssen, weil sie bald übel riechen wird. Das ist das Ende dieser vielbeneideten und bewunderten Größe."

Diese Sophie Dorothea gehört zu den widersprüchlichsten Königinnen Preußens. Tochter Wilhelmine bedachte ihre Mutter mit den wenig schmeichelhaften Worten: "Sie verkörpert allen Stolz und Hochmut ihres hannoveranischen Hauses. Ihr Ehrgeiz ist maßlos, sie ist grenzenlos eifersüchtig und rachsüchtigen Gemüts und verzeiht nie, wo sie sich beleidigt hält." Zeitlebens hielt sich Sophia Dorothea für gesellschaftlich "unterbewertet". Das brachte ihr bei Hof den Beinamen "Olympia" ein. Ihr Ehemann Friedrich Wilhelm, der sie zärtlich "Fiekchen" nannte, ist ihr stets ein Rätsel geblieben, manchmal empfand sie sogar Haß. Hatte doch Kronprinz Friedrich Wilhelm 1706 - zwei Tage nach der Hochzeit - seiner frisch Angetrauten das Haar abgeschnitten. Das schöne lange Haar, auf das sie so stolz war. Auf der Hochzeitsfeier hatte sie mit so manchem Gast "geflirtet" und nur zu dem eigenem Ehemann war sie auf Distanz gegangen. Die Ehe hatten von dessen Vater Friedrich I. und Großmutter Sophie von Hannover auf den Weg gebracht. Vor allem sollte die gerade erworbene Königskrone für das Haus Hohenzollern gesichert werden. Außerdem war es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Vater der Kronprinzessin König von England würde und Preußen mit einem Machtzuwachs rechnen konnte.

Das junge Paar kannte sich seit langem. Eine Großmutter von Friedrich Wilhelm war nämlich auch eine von Prinzessin Sophie Dorothea. Die leibliche Mutter der Braut war wegen eines Liebesverhältnisses mit einem brandenburgischen Grafen von der Familie verstoßen worden, stand bis zum Lebensende unter Hausarrest. Der Hohenzollern-Prinz, da machte sich die junge Frau nichts vor, war mit gut 100 Kilogramm alles andere als ein Adonis. Mit seiner Begeisterung für alles Militärische und der legendären Sparsamkeit würde sie sich abfinden müssen. Eine Beschreibung von Sophia Dorothea liefert Tochter Wilhelmine: "Die Königin ist niemals schön gewesen, sie ist pockennarbig und ihre Züge sind keineswegs klassisch. Ihre Haut ist weiß, ihre Haare dunkelbraun, ihre Figur ist eine der schönsten, die es je gab. Ihre edle und majestätische Haltung flößt allen, die sie sehen, Ehrerbietung ein; ihre große Weltgewandtheit und ihr großer Geist deuten auf mehr Gründlichkeit als ihr eigen ist."

Mit ihrem Schwiegervater Friedrich I. teilte sie dessen Vorliebe für prunkvolle Feste, aufwendige Theatervorstellungen und den Hang zu verschwenderischer Selbstdarstellung. Nach dessen Tod streicht Friedrich Wilhelm alles im Etat zusammen, was nicht direkt oder indirekt mit der Armee zusammenhängt. Immerhin billigt ihr der König jedes Jahr ein neues Winterkleid zu! Für die königliche Tafel mußten pro Tag 33 1/3 Taler ausreichen. Während an anderen europäischen Höfen rauschende Feste mit erlesenen Gaumenfreuden gefeiert wurden, verlangte der Soldatenkönig nach Erbsen mit Speck, Kohlsuppe und grünen Bohnen mit Hammel-Innereien.

Die Königin zog sich oft zurück in ihr Schlößchen Monbijou zwischen den heutigen Berliner S-Bahnhöfen Friedrichstraße und Hackescher Markt. Dort gab sie Empfänge oder lud zu Konzerten ein. Die Kinder lebten auf Monbijou ohne militärischen Drill und ohne die strengen Erziehungsvorgaben des Vaters auf. Zehn von ihnen erreichten das Erwachsenen-Alter. Den mütterlichen Idealen von Kunst und Eleganz standen die Forderungen des Vaters gegenüber - ein Nein zu Luxus und ein Ja zu Militär, Pflichterfüllung und christlichem Glauben. In dieser bereits gespannten Atmosphäre scheitert die Königin mit einem Hochzeitsprojekt. Ihr schwebte nämlich vor, daß Tochter Wilhelmine den künftigen Prinzen von Wales und dessen Schwester Kronprinz Fritz heiratet. Am Ende setzten sich aber antipreußische beziehungsweise antibritische Kräfte durch. Nur Sophia Dorothea hielt an dem Plan fest und zog in ihre politischen Ränkespiele auch den Kronprinzen ein. Der Streit zwischen Vater und Sohn gipfelt 1730 in dem mißglücktem Fluchtversuch. Nach der Festungshaft in Küstrin schloßen König und Kronprinz "Frieden". Die Kinder ordnen sich den Befehlen des Vaters unter. Dieses Einlenken und die kompromißlose Haltung des Soldatenkönigs lehnt die Königin ab. Und trotzdem - bis zum Tod von Friedrich Wilhelm I. im Mai 1740 harrt sie an dessen Bett oder Rollstuhl aus, spricht dem Dahinsiechenden Trost zu. Sie überlebt ihn um 17 Jahre. Ihre letzte Ruhestätte findet sie in der Gruft des Berliner Doms.

Foto: "... niemals schön gewesen": Sophia Dorothea von Preußen


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