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30.06.07 / Ausstellung zur Stadtgeschichte eröffnet / Im Schloß von Preußisch Eylau werden 42 Bildtafeln des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen präsentiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-07 vom 30. Juni 2007

Ausstellung zur Stadtgeschichte eröffnet
Im Schloß von Preußisch Eylau werden 42 Bildtafeln des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen präsentiert
von Manfred E. Fritsche

Von der Bevölkerung und der politischen Führung interessiert verfolgt wurde in Preußisch Holland die vom Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen im Vorjahr begonnene und nun erweiterte Ausstellung über die Stadtgeschichte der Öffentlichkeit übergeben. In der Dauerausstellung des Schlosses zeigen insgesamt 42 Bildtafeln die Entwicklung Ostpreußens und der Stadt bis in die Neuzeit.

Rund 100 Personen aus dem politischen und öffentlichen Leben der Stadt Preußisch Holland sowie des Umlandes begrüßte Stanislaw Pazdzior, der Vorsitzende des Stadtrates, bei der Übergabe der Ausstellung. Die Übersetzung der Reden übernahm Andrzey Pagowski. Pazdziors Dank ging ganz besonders an die Vertreter des Kulturzentrums Ostpreußen, dessen Direktor Wolfgang Freyberg und Dr. Roman Gogan, der für die Übersetzung der Texte auf den Tafeln verantwortlich zeichnet. Beide wurden durch ihn und Bürgermeister Wieslaw Sniecikowski mit Blumen sowie einer Ehrenurkunde für ihre Bemühungen zur Erforschung der Stadtgeschichte und die Gestaltung der Ausstellung ausgezeichnet. Mit dem gemeinsamen Anschneiden einer Torte durch Freyberg und Sniecikowski wurde die erweiterte Ausstellung ihrer Bestimmung übergeben. Anschließend hatten die Gäste Gelegenheit, die Schautafeln eingehend zu betrachten.

Bereits 2006 hatte die Stadt einen neben der Bibliothek gelegenen Raum des Schlosses renovieren lassen, in dem der erste Teil der Stadtgeschichte in 30 Tafeln dargestellt wurde. Nunmehr wurde ein Geschoß des angrenzenden runden Turmes in gleicher Weise instandgesetzt und die dort vorhandenen Museumsgegenstände von den Mitarbeitern des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen mit weiteren zwölf Tafeln aus der Stadtgeschichte ergänzt.

"Versprochen - gehalten" - mit diesem Schlagwort ging Freyberg bei der jetzigen Eröffnung der Ausstellung auf das Versprechen ein, das man 2006 Bürgermeister Sniecikowski im Hinblick auf die Fertigstellung der Chronik gegeben hatte. Ganz besonders sprach er dem Bürgermeister seine Anerkennung dafür aus, daß auch die Stadt den Raum termingerecht zur Verfügung stellte. Zudem freute es ihn, daß auch Gäste über die Grenzen der Woiwodschaft Ermland-Masuren hinaus wie Zbigniew Jan Zwolenkiewicz als Vertreter des Kreises Stuhm in der Woiwodschaft Pommern sowie der Direktor des Schloßmuseums Stuhm bei der Feier anwesend waren. Dazu konnte Freyberg außerdem mehrere Historiker, die bei der Datensammlung für das Geschichtswerk mitgewirkt, sowie Vertreter der deutschen Volksgruppe, die ebenso mit alten Aufnahmen und Erzählungen zur geschichtlichen Datensammlung beigetragen hatten, begrüßen.

Während die 30 bisher schon vorhandenen Tafeln der Dauerausstellung die Geschichte der Entwicklung Ostpreußens und der Stadt Preußisch Holland bis in das 19. Jahrhundert beschreiben, schließt der Ergänzungsteil dort an und führt den Betrachter nun bis in die aktuelle Neuzeit. Erwähnt wird Preußisch Holland als günstig gelegener Übernachtungsplatz zur Zeit der Postkutschen an den Hauptstraßen nach Elbing und Königsberg mit vielen Gasthäusern und Hotels. Am wirtschaftlichen Aufschwung des Deutschen Reiches nach 1880 hatte die Stadt nur geringen Anteil, sie wurde in der Zeit von vielen ostpreußischen Städten, denen sie in den Jahrhunderten zuvor überlegen war, ein- und überholt. So gab es auch nur kleine Betriebe, darunter eine Wagenfabrik, eine Stuhlfabrik, eine Brauerei, mehrere Mühlen sowie eine Gerberei.

Detailliert erläutert wird die Lage der Stadt im Ersten Weltkrieg, die Einschränkungen durch die Kriegswirren, die Panik unter der Bevölkerung durch die anrückenden Russen sowie die Probleme, die sich mit der Errichtung eines Kriegsgefangenenlagers ergaben. Des weiteren erzählen die Tafeln von den Zuständen nach dem Ersten Weltkrieg, als der Arbeiter- und Soldatenrat bis zum Mai 1919 in der Stadt regierte, über den Wahlsieg der NSDAP im Jahre 1932 sowie die folgende NS-Herrschaft, die das Religions-, Familien- und Privatleben der Bürger stark beeinträchtigte. In der Weimarer Zeit wurden auch nur wenige neue Häuser in Preußisch Holland errichtet, erst während der NS-Zeit nahm die Bautätigkeit stark zu. Dann wurden fast 100 neue Eigenheime und gut 200 Wohnungen in Miethäusern gebaut.

Im Sommer 1939 wurde in der Stadt aus Reservisten ein Bataillon des Infanterieregimentes 356 aufgestellt, das am 1. September die polnische Grenze bei Freystadt überschritt. Erst 1943 erlebten die Einwohner Preußisch Hollands den Krieg selbst, als im März der erste Luftangriff erfolgte. Im Sommer 1944 wurde die südöstliche Ecke Ostpreußens direktes Kampfgebiet, Flüchtlinge kamen in die Stadt, und als die Rote Armee in Ostpreußen eindrang, wurden Volkssturmeinheiten gebildet. Am 20. Januar 1945 waren die Nachbarstädte Osterode und Mohrungen bedroht und am 22. Januar wurde bei Schnee, starkem Wind und 20 Grad Kälte mit der Räumung der Stadt begonnen. Eine wirksame Verteidigung durch den Volkssturm war nicht mehr möglich und am Mittag des 23. Januar war die Stadt in russischer Hand. Innerhalb weniger Tage war die 650 Jahre alte Stadt dabei zu rund 60 Prozent zerstört worden, zum größten Teil durch Niederbrennen durch die Besatzungstruppen. Am Einzugstag der russischen Armee wurden das Elektrizitäts- und das Wasserwerk gesprengt, das Landratsamt, das Rathaus, das Finanzamt und das Schloß sowie weitere öffentliche und private Gebäude nach Plünderungen in Brand gesteckt. Alle wirtschaftlich wertvollen Objekte wurden demontiert und abtransportiert, die nicht geflüchtete und danach nicht verschleppte Bevölkerung in den folgenden Monaten und Jahren hinter die Oder vertrieben. In die Häuser zogen Polen, die aus dem Osten umgesiedelt wurden.

Am 15. Mai 1945 wohnten noch etwa 700 Deutsche in der Stadt, am 1. Juni übergaben die Sowjets das Gebiet in polnische Verwaltung. Alle Ortschaften der Gegend bekamen polnische Namen - der bereits im 19. Jahrhundert geprägte Namen "Paslek" wurde die offizielle Bezeichnung der Stadt Preußisch Holland. Bis Ende 1946 kamen etwa 9600 Umsiedler aus Wolhynien und dem Wolga-Gebiet, 1947 hatte die Stadt 2500 polnische Einwohner. Bis Ende 1948 waren von den im Kreisgebiet verbliebenen Deutschen fast 6000 Personen vertrieben.

Der Wiederaufbau begann im Juli 1945 mit der Eröffnung des Postamtes und des Krankenhauses, im September konnte der Betrieb in der ersten polnischen Schule aufgenommen werden, dem im Februar 1946 das Gymnasium sowie später das Elektrizitätswerk, die Sparkasse und die Volksbank, der staatliche Betrieb für Traktoren und landwirtschaftliche Maschinen, die staatliche Holzfabrik und das Gießereiwerk folgten. Bis 1947 standen sechs staatliche Gebäude, 36 weitere städtische Objekte sowie 75 aufgebaute Häuser zur Verfügung. Die Enttrümmerung der Stadt dauerte aber noch rund 20 Jahre.

In den 50er Jahren wurden drei kommunale Wohnhäuser gebaut, in den 60er Jahren entstanden 230 weitere Wohnungen, die 1961 gegründete Wohnungsbaugenossenschaft erstellte zwischen 1969 und 1992 28 Mehrfamilienhäuser mit über 1000 Wohnungen.

Länger dauerte es mit dem Aufbau der zerstörten historischen Gebäude der Stadt. Am schnellsten, nämlich 1961, erfolgte dies mit dem Rathaus, die Zerstörungen am Ordensschloß wurden 1975 behoben, die Wiederherstellung der Batholomäuskirche dauerte bis 1980. Mühltor und Steintor gar wurden erst 1995 bis 1999 restauriert, wobei sich die Stadt Itzehoe, die seit 1949 bestehende Kreisgemeinschaft Preußisch Holland, eine Organisation der vertriebenen Kreisbewohner und die Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit stark finanziell engagierten.

1950 wurde der frühere Bürgermeister und letzte Landrat in Preußisch Holland Joachim Schulz zum Bürgermeister der Stadt Itzehoe gewählt. Am 2. August 1953 übernahm Itzehoe die Patenschaft für Preußisch Holland. Die politische Wende 1989/1990 eröffnete für die polnischen Stadtverwaltungen neue Möglichkeiten in der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern. Am 11. Oktober 1990 unterzeichneten Vertreter von Preußisch Holland und Itzehoe einen Partnerschaftsvertrag. Seit 1992 besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung einerseits sowie der Kreisgemeinschaft Pr. Holland und der Stadt Itzehoe andererseits, welche durch gemeinsame kulturelle und kommunale Vorhaben sowie den Jugendaustausch gekennzeichnet ist. Am 10. Juni 1998 unterzeichneten die Stadtverwaltung und die Kreisgemeinschaft einen Partnerschaftsvertrag - der erste deutsch-polnische Vertrag dieser Art überhaupt. Mit Polens Beitritt zur Europäischen Union im Jahre 2004 bekam die Beziehung beider Länder zueinander eine neue Dimension - es gibt jetzt praktisch keine Beschränkung mehr für eine enge Zusammenarbeit.

Foto: Die erweiterte Ausstellung wird ihrer Bestimmung übergeben: Wolfgang Freyberg (rechts) und Wieslaw Sniecikowski schneiden gemeinsam eine Torte an.


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