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30.06.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-07 vom 30. Juni 2007

Einfach fassungslos! / Die Kaczynskis an Merkels Brust, Polen auf der Couch, die Bundeswehr vergeßlich, und: Westerwelle will keinen Besuch mehr
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Die Darstellung der "Germania" mit heroisch blanker Brust hat mit Pornographie nichts zu tun. Zumindest früher, in kulturell besser bestellten Tagen. Das Bild diente der patriotischen Erbauung und formte den Sinn fürs Schöne. Damals wäre niemand auf die Idee gekommen, der Germania zwei häßliche kleine Ferkelchen an die Brüste zu hängen, die ihr gierig an die Muttermilch wollen. Das polnische Nachrichtenmagazin "Wprost" hat das fertiggebracht, Merkel als barbusige Germania, die Kaczynskis am saugen.

Das Magazin ist strebsam bemüht, die alten Vorurteile der Polen gegen Deutschland und die alten Vorurteile der Welt gegen Polen mit neuer Kraft zu erfüllen. Deshalb wählte es zur Darstellung der polnischen Seite das Motiv der saugenden Gier. Wie stöhnte nicht einst ein polnischer Intellektueller über das Bild seines Landes jenseits der Grenzen: "Wer Schlesien klaut, klaut auch Autos", so denke man draußen über Polen. Ja, oder eben Muttermilch, oder die europäische Eintracht, oder bloß ein paar Milliarden Euro an EU-Zuschüssen - egal was.

Merkel sei die "Stiefmutter Europas", behauptet das Blatt auf der anrüchigen Titelseite. Hoffentlich hat sich Stiefmütterchen Angela fürs nächste Mal vorgenommen, ihre Pflegekinder sorgsamer auszuwählen. Diese hier bringen den ganzen europäischen Laden durcheinander. Wie debile Alkoholiker schwanken die neuen Zöglinge zwischen Größenwahn und Selbstmitleid hin und her. Typisch für schräge Vögel verweisen sie jedesmal, wenn ihnen Konsequenzen angedroht werden, darauf, daß sie "traumatisiert" seien wegen ihrer Vergangenheit.

Fortschrittliche Richter reagieren dann mit dem Urteil "Vermindert schuldfähig" und erlassen den Gaunern einen Gutteil der verdienten Strafe. Aus jüngsten Erfahrungen mit diesem allzu entgegenkommenden Umgang mit heranwachsenden Übeltätern wissen wir jedoch: Die weiche Welle geht meist schief und ermutigt die Rotznasen nur zu neuen Dummheiten. Die europäischen Erwachsenen müssen sich auf weitere Bubenstücke von der Weichsel gefaßt machen.

Die besonders Fortschrittlichen in Deutschland sind zutiefst beleidigt über den Fehlschlag ihrer Kuscheltherapie. Der SPD-Politiker Markus Meckel hatte sich seit 1989 ein Polenbild gemalt, das an erhabener Reinheit nur von religiösen Allegorien übertroffen wurde, wenn überhaupt. Nun entglitten ihm vor Schreck die Pinsel. Von weißen und roten Flecken übersäht steht er da und schimpft: "Es macht einen fassungslos! Polen hat in den letzten Wochen und Monaten viele Freunde verloren. Das Land sollte sich in Zukunft verstärkt Gedanken machen, wie es wieder Verbündete und Freunde gewinnt."

Ja, wie bloß? Um das herauszufinden, müßten wir das eigenartige Wesen erst einmal genauer untersuchen. Die größte deutsche Boulevard-Zeitung hat einen Spezialisten konsultiert. Wie sonst üblich bei fernen, rätselhaften Lebensformen fragt "Bild": "Warum sind die Polen so aggressiv, Prof. Stürmer?" Der versierte Journalist und Historiker Michael Stürmer beugt sich behutsam über das Objekt, entdeckt ein paar unaufgeräumte Psychosen und rät, die "Erinnerung (der Polen) zu bändigen".

Was das nun wieder heißen soll! Vielleicht so eine Couch-Therapie, wo man seine eigenen Abgründe abgrast, um sie zu überwinden?

Vor nichts hat Jaroslaw Kaczynski mehr Angst als davor. "Abgründe", da ist er sich mit allen übrigen Soziopathen einig, haben grundsätzlich nur die anderen: In Deutschland geschehe "etwas sehr Ungutes", unkt er düster. Und ähnlich wie in früheren Zeiten habe die "Mehrheit der Europäer nicht den Mut, darüber zu sprechen". Das "Ungute" ist natürlich, daß die Deutschen die Rückseiten der prächtigen Geschichtsbücher aufgeschlagen und darauf ihre eigenen Opfer und Verluste entdeckt haben. Daß das ewige Sandkastengespräch "Ich Täter, du Opfer, die Rechnung bitte" ihren geistigen Horizont nicht mehr ausfüllt und sie daher nicht mehr jeder Frechheit mit Güte begegnen. Und was ihn besonders wurmt: Die übrigen Europäer finden die neue deutsche Gelassenheit sehr angenehm und murmeln: Wurde auch Zeit. Das hat ihm die Schacherei mit den nichtgeborenen Nachfahren der polnischen Kriegstoten gründlich verhagelt.

Auf ein Erwachsenengespräch mit Polen wird Deutschland also noch lange warten müssen. Wie sonst aber wollen wir die "Erinnerung bändigen", wenn nicht mit Therapie und Gespräch? Berlin könnte eine elegante Lösung anbieten: Übergeben wir die ungebändigte Erinnerung doch einfach dem Verteidigungsministerium! Dort verschwinden ganze Jahre in den Griffeln eines geheimnisvollen "Datenroboters". Vielleicht können wir dort ja eines Tages unsere Erinnerung an die Gebrüder Kaczynski versenken. Sonst wird es uns kaum gelingen, unsere polnischen Freunde nicht noch in 20 Jahren mit den Zwillingen aufzuziehen, wenn wir gerade mal wieder in besonders boshafter Stimmung sind.

Im Datenbunker der Bundeswehr werden die beiden ebenso restlos verschwinden wie andernorts das Wissen um Polens Beteiligung an der Amputation der Tschechoslowakei 1938, als sich Warschau über das Münchener Abkommen das tschechische Olsa-Gebiet zur Beute machte.

Wann das "Ungute" in Deutschland genau seinen Anfang nahm, ist kaum noch zu rekonstruieren. Ein Höhepunkt war sicherlich die Amtsübernahme von Bundespräsident Horst Köhler, der keinen Moment verstreichen ließ, ehe er sich als Deutschland-Freund entlarvte. Seitdem sorgt er immer wieder für Ärger. Zuletzt mit dem Vorschlag, künftige Präsidenten vom Volk wählen zu lassen. Damit hat er eine Debatte entfacht, die nur schwer auszutreten ist.

Wie werden wir die wieder los? Eine der beliebtesten Methoden zum Ersticken von Diskussionen ist der Hinweis, der Vorschlag komme "zur Unzeit". "Unzeit" hat ja per se keine Zeit und ist damit sozusagen immer. Standard-Todtreter Nummer zwei macht selbst in jeder Kegelclub-Sitzung Eindruck und lautet: "Das ist ganz wichtig, was Sie da sagen, gehört aber leider nicht hierher." Die dritte Variante wäre, Sie raunen düster-nachdenklich: "Also das erinnert mich an ...", und kramen irgendwas aus der Vergangenheit hervor, das gründlich schiefgegangen ist - Schachmatt! Wenn Ihnen gar nichts Gerissenes einfällt, nehmen Sie Debattentöter Nummer vier und sagen ruhig etwas Dummes, nur muß es klug und logisch klingen.

Letztere Strategie verfolgen diejenigen, die behaupten, ein vom Volk gewählter Bundespräsident müsse viel mehr Rechte bekommen als der derzeitige. Daß der österreichische Präsident bereits vom Volk gewählt wird und dennoch etwa die gleiche Stellung hat wie der in Berlin, weiß ja keiner.

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm hat Strategie zwei gewählt: Das mit der Volkswahl sei "ein wichtiger Denkanstoß", die Diskussion sei aber "Sache des Parlaments", gehöre also nicht hierher. Gerade heraus heißt das schließlich: Wenn die Damen und Herren Parlamentarier geruhen, über die Sache zu befinden, werden sie es tun, wenn nicht, dann nicht, aber das Volk soll gefälligst die Klappe halten! Eine interessante Einstellung für einen Demokraten.

CSU-Landeschef Peter Ramsauer griff sich Variante eins: diese Diskussion komme "zur Unzeit". Für die dritte Version entschieden sich die Einfallslosesten und riefen "Weimar!" oder "Hindenburg!"

Horst Köhlers Präsidentschaft war letztlich im Dreiergespräch von Angela Merkel, Edmund Stoiber und Guido Westerwelle in der Berliner Wohnung des FDP-Chefs ausgeklüngelt worden. Wir haben uns damals gefragt, wie so ein Abend wohl abgeht, ob wir gar selber mal gern Besuch bekämen von Frau Merkel und Herrn Stoiber. Einen Teil der Antwort haben wir jetzt: Westerwelle war spontan begeistert von der Idee, die Präsidentenkür künftig dem Volk zu überlassen.


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