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14.07.07 / Urteil mit Spätwirkung / Bundesverfassungsgericht verlangt enge Regeln bei Staatsschulden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-07 vom 14. Juli 2007

Urteil mit Spätwirkung
Bundesverfassungsgericht verlangt enge Regeln bei Staatsschulden

Dieses Urteil gefällt erst beim zweiten Lesen: Zunächst hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Normenkontrollklage von Union und FDP gegen den Bundeshalt von 2004 abgewiesen. Mit fünf zu drei Richterstimmen läßt das Gericht den Schröder-Eichel-Etat als "noch mit der Verfassung vereinbar" durchgehen. Der Finanzbedarf für den Mogel-Haushalt von 2004 war fahrlässig eingeschätzt worden, schließlich mußte vor allem das Hartz-Reformen-Fiasko mit Nachtragsetats und Krediten von insgesamt 43 Milliarden Euro ausgebügelt werden. Damit lag die Neuverschuldung fast doppelt so hoch wie die nach Artikel 115 gebotene Begrenzung auf die Investitionssumme; nur in Ausnahmefällen darf der Etat diesen Wert übersteigen. Gemeint sind damit allerdings Wirtschaftskrisen, nicht Etat-Kunststücke.

Soweit klingt das Karlsruher Urteil wie eine Art Kapitulation vor mittlerweile 1500 Milliarden an Staatsschulden, doch es ist ein Schlußstrich eigener Art. Denn das Bundesverfassungsgericht macht eine Kehrtwende - auch gegen seine bisherige Entscheidungspraxis. Die seit 1969 angehäuften Staatsschulden von Bund und Ländern hätten "einen als bedrohlich bewerteten Stand erreicht", heißt es im zweiten Teil des Urteils. Es sei aber nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, hier die Einzelheiten zu regeln. Das Grundgesetz biete auch keine ausreichende Handhabe, um die Staatsschulden einzudämmen.

Die höchsten deutschen Richter fordern den Gesetzgeber auf, endlich klare rechtliche Grenzen zur Schuldenaufnahme zu ziehen und auch die Begriffe wie "Investitionen" zu definieren. Damit ist auch deutlich, daß Karlsruhe in Zukunft Formen einer "kreativen Haushaltsführung" nicht mehr tolerieren will.

Drei Bundesrichter haben sich in Sondervoten gegen den "Freispruch" gestellt. Merken muß man sich neben Herbert Landau vor allem die Namen Udo Di Fabio und Rudolf Mellinghoff, die vom Gesetzgeber präzise Vorgaben zum Abbau der Schulden verlangt haben. Beide Bundesrichter können noch bis ins nächste Jahrzehnt amtieren - und allen Finanzkünstlern auf die Finger sehen. Vs


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