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14.07.07 / Das haben sie Emil Tischbein abgeschaut / Berliner Museum für Film und Fernsehen schickt Kinder auf die Fährte von Verbrechern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-07 vom 14. Juli 2007

Das haben sie Emil Tischbein abgeschaut
Berliner Museum für Film und Fernsehen schickt Kinder auf die Fährte von Verbrechern
von Silke Osman

Der junge Filmfreund war zunächst einmal begeistert von den lustigen Namen der einzelnen "Bandenmitglieder". "Gustav mit der Hupe" und Pony Hütchen hatten es ihm besonders angetan. Dann die tolle Szene, in der die ganze Rasselbande hinter dem gemeinen Dieb her war, der Emil Tischbein beklaut hatte. Auch später konnte man sich nicht satt sehen (oder lesen) an dem dramatischen Geschehen in Erich Kästners Roman "Emil und die Detektive". Obwohl schon 1929 geschrieben, war er auch Jahrzehnte später noch eine spannende Lektüre. Das meinten auch die Filmemacher, denn schließlich wurden Emils Heldentaten sechsmal verfilmt.

"Kästner begründete mit ,Emil und die Detektive' zugleich eine Tradition von Kinderkrimis, in denen Kinder Verbrechen aufdekken und Täter überführen", erläutert Gerlinde Waz, Kuratorin der Ausstellung "Auf heißen Spuren", die zur Zeit im Berliner Museum für Film und Fernsehen - Deutsche Kinemathek zu sehen ist. "Was für ein Perspektivwechsel", so Waz. "Kinder werden ernst genommen und sind nicht mehr Opfer eines Verbrechens, sondern nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Vorgegeben hat Kästner damit auch das wichtigste Merkmal jeder Kinder-Detektivgeschichte: Das gemeinsame Ermitteln, die Freundschaft stehen ab jetzt im Mittelpunkt der Handlung." Dieses Thema hat auch Astrid Lindgren in ihren drei Kalle-Blomquist-Romanen 1946, 1951 und 1953 aufgegriffen. Der findige Kalle, der schon immer Detektiv hat werden wollen und für Hercule Poirot, Lord Peter Wimsey und Sherlock Holmes schwärmt, wird bei seinen Ermittlungen von seinen besten Freunden Anders Bengtson und Eva-Lotte Lisander tatkräftig unterstützt. Astrid Lindgren, die vor 100 Jahren in Schweden geboren wurde, kannte sich aus mit Kriminalfällen, hat sie doch einige Zeit als Stenographin für den schwedischen Professor für Kriminalistik Harry Söderman gearbeitet.

Die ganz gewöhnliche Hausfrau aus der Stockholmer Dalagatan, die erst spät anfing zu schreiben, eroberte vor allem mit ihren Pippi-Langstrumpf-Büchern die Herzen ihrer jugendlichen Leser. Astrid Lindgren starb am 28. Januar 2002 im Alter von 94 Jahren in ihrer Stockholmer Wohnung Dalagatan 46, in der sie über 60 Jahre lang gelebt hatte.

Die Engländerin Enid Blyton übertraf die Schwedin Lindgren, indem sie allein ihren "fünf Freunden" 21 Bände widmete. Enid Blyton wurde 1897 in London geboren. Sie wollte schon als Kind Schriftstellerin werden, war aber erst Kindergärtnerin und gab diesen Beruf auf, um zu schreiben. Ihr erstes Kinderbuch erschien 1922. Es folgten zahlreiche Bücher, die sie schon zu Lebzeiten zu einer der erfolgreichsten Kinderbuchautorin der Welt machten. Blyton starb 1968 in London.

Die Bücher der beiden Autorinnen sind typisch für dieses Genre. Sie plädieren nicht mehr für blinden Gehorsam, sondern für Eigenständigkeit und Selbstvertrauen der Kinder. Gerlinde Waz: "Selbstbestimmt widmen sich die Kinder einer großen Aufgabe, nämlich mutig und klug Verbrechen zu bekämpfen und ein bißchen mehr Gerechtigkeit walten zu lassen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Auch deutsche Fernsehserien wie ,B.A.R.Z', ,Die Pfefferkörner' oder ,TKKG' greifen auf diese Vorbilder zurück, ebenso die Detektivgeschichten für die ganz Kleinen wie ,Ein Fall für Freunde' oder ,Drei Dschungeldetektive'."

Ob nun als Zeichentrickfilm, als Serie oder als Spielfilm - der Kinderkrimi ist aus dem deutschen Fernsehen nicht mehr wegzudenken. Kein Wunder also, wenn sich das Berliner Museum für Film und Fernsehen einmal ganz diesem Thema widmet. "Zu den vielen Lieblingsfiguren im Fernsehen zählen der Detektiv Conan und die Geheimagentin Kim Possible", erläutert Gerlinde Waz und fragt: "Was haben diese Figuren, was andere nicht haben? Und was fasziniert die Kinder an der Welt des Verbrechens, und warum wollen sie oft selbst Detektiv sein? Wie ermitteln Kinderdetektive? Was unterscheidet sie von den erwachsenen Ermittlern? Welche Vorbilder haben sie? Und schließlich, wie greift das Fernsehen solche Detektivgeschichten für Kinder auf und welche genrespezifischen Serien präsentiert das deutsche Fernsehprogramm?" Antworten auf diese "erwachsenen" Fragen will die Berliner Ausstellung geben.

Doch auch Kinder sind in dieser Ausstellung willkommen. Sie können dort lesen, hören und sich Filmausschnitte ansehen. Sie können aber auch selbst aktiv werden und ihre Beobachtungsgabe schärfen. Sie gehen auf Spurensuche und können sogar selbst ein Phantombild erstellen, schließlich gilt es, ein kleines Verbrechen aufzuklären. Als Belohnung winkt ein professionell gestalteter Detektivausweis mit Foto und Namen des Meisterdetektivs. - 300 Quadratmeter gefüllt mit purer Spannung.

Die Ausstellung "Auf heißen Spuren - Meisterdetektive im Museum" für Kinder von vier bis 14 Jahren ist im Museum für Film und Fernsehen - Deutsche Kinemathek, Potsdamer Straße 2, 10785 Berlin, dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr, zu sehen, Eintritt 6 / 4,50 Euro, bis 31. Dezember.

Foto: Auf heißen Spuren: Erste Begegnung mit den Meisterdetektiven


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