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14.07.07 / Unsagbar viel Leid / Ostpreußin berichtet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-07 vom 14. Juli 2007

Unsagbar viel Leid
Ostpreußin berichtet

In "Der unvergessene Weg" berichtet Christine Wels in ihrem Erinnerungswerk von ihrer entbehrungsreichen Kindheit in Ostpreußen. Vom Vater geliebt, von der Mutter schikaniert und mit strenger Hand erzogen, wäre es dem Mädchen ohne die innige Verbindung zu ihrer Zwillingsschwester Alice oft schlecht ergangen.

"Mutter hat sich niemals um unsere Schulaufgaben gekümmert und Vater hatte durch seine Arbeit keine Zeit dafür. Bald schon verlor ich die Lust am Lernen, gefolgt von Depressionen. Kurz darauf stellte ich fest, daß der Lehrer die Arbeiterkinder als billige Arbeitskräfte mißbrauchte. In der Pause mußten wir den Hühnerstall ausmisten, das Klo putzen, den Hof fegen ..."

Doch als ob das Leben an sich nicht schon hart genug gewesen wäre, begann der Zweite Weltkrieg mit Flucht, Vergewaltigung und Zwangsarbeit im Gefolge.

"Wir standen wieder auf der Straße und wußten nicht, wohin wir gehen sollten. Die Gruppe trennte sich und jeder versuchte selbst weiterzukommen ... Es war Februar und sehr kalt. Da es bald dunkel wurde, suchten wir nach einem Quartier für die Nacht. So fanden wir einen Stall und wollten eigentlich da bleiben, doch als wir ihn betraten, waren wir alle geschockt. Überall lagen tote Flüchtlinge, Männer, Frauen und Kinder. Einen Mann hatten die Russen mit den Füßen nach oben an einem Balken aufgehängt. Auf einem Schild an seinem Kopf stand: Euer Bürgermeister - SS-Schwein!"

Mit einer erstaunlichen Sachlichkeit berichtet Christel Wels über die grausamsten Ereignisse wie zum Beispiel das Blutbad, welches die Russen unter den Bewohnern ihrer alten Heimat Gr. Pöppel anrichteten.

Bei der Zwangsarbeit auf einer Kolchose hieß es dann für Mutter und Töchter zusammenzuhalten, da kaum eine Frau von den Russen verschont blieb.

"Ich gehe auch davon aus, daß es Mutter bereits leid tat, mich als Kind so schlecht behandelt zu haben. Vergessen habe ich es trotzdem nicht. Ich denke noch heute darüber nach, was für ein schlechtes Leben ich hatte. Keine gute Kindheit, keine Jugend und obendrein wurde ich noch von den Russen vergewaltigt."

Als die Freilassung aus der russischen Gefangenschaft nahte, konnte die damals 18jährige sich jedoch zunächst nicht so recht darüber freuen, da sie durch eine Vergewaltigung schwanger war. Erst mit der Abtreibung des ungewollten Kindes war sie bereit für einen Neuanfang.

Doch noch viel Kummer und Leid hat Christel Wels über sich ergehen lassen müssen, ehe sie bei ihrer Schwester in Kevelaer zu Glück und innerem Frieden fand.

Und eigentlich, wird sich so mancher Leser im Verlaufe dieses Buches denken, ist es manchmal ein wahrer Segen, daß wir Menschen nicht in die Zukunft schauen können und somit noch nichts über all das Leid wissen, welches uns auf unserem Lebensweg noch erwartet. A. Ney

Christel Wels: "Der unvergessene Weg", Frieling Verlag, Berlin 2007, broschiert, 110 Seiten, 12,90 Euro, Best.-Nr. 6124


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