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14.07.07 / Das falsche Opfer? / Journalistin ermittelt im Schweden-Krimi

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-07 vom 14. Juli 2007

Das falsche Opfer?
Journalistin ermittelt im Schweden-Krimi

"Die Frau, die man das Kätzchen nannte, spürte das Gewicht der Waffe unter ihrer rechten Achsel ..." Nach dem ersten Satz aus Lisa Marklunds Roman "Nobels Testament" fragt man sich, ob man - ungeachtet des festen Einbands und der Dicke des Buches - in ein Jerry-Cotton-Heft geraten ist. Aber keine Sorge, die folgenden fast 450 Seiten bleiben vordergründig zwar spannend, zeigen sich aber auch vielseitig und vor allem vielschichtig, denn in jedem der Handlungsstränge, die Lisa Marklund entwickelt, steckt neben lebendiger Schilderung von Personen, Handlung und Schauplätzen auch eine gute Portion Gesellschaftskritik, ganz in der Tradition schwedischer Kriminalautoren wie des Autorenteams Maj Sjöwall und Per Wahlöö.

Journalistin Annika Bengtzon soll für ihre Zeitung über die Gala-Veranstaltung im Rahmen der Nobelpreis-Verleihung berichten und beobachtet auf der Tanzfläche im Festsaal aus nächster Nähe, wie ein Gast erschossen wird. Für eine Journalistin neben aller Tragik ein Glücksfall - nur, daß Annika als wichtigste Zeugin von der Polizei absolutes Redeverbot erhält.

Verwunderlich an dem Fall erscheint in erster Linie, daß das Opfer des Attentats nicht der frisch gebackene Nobelpreisträger für Medizin selbst ist, sondern dessen Tanzpartnerin, Professorin am Karolinska Institut und Mitglied des Nobelpreiskomitees. Galt der tödliche Schuß, der von irgendwoher aus der Menschenmenge auf dem Parkett abgegeben wurde, nicht eigentlich dem Preisträger? Möglicherweise im Zusammenhang mit seinem umstrittenen Arbeitsgebiet, der Stammzellenforschung?

Das polizeiliche Redeverbot stellt für Annikas Arbeitgeber einen willkommenen Anlaß dar, die Journalistin von ihren Aufgaben freizustellen, so daß sie plötzlich genug Zeit hat, dem Hintergrund für die erschreckenden Ereignisse bei der Nobelpreisgala auf eigene Faust nachzugehen.

Gegen anfängliche Widerstände ihrer Kontaktpersonen taucht Annika nach und nach in die Welt der Wissenschaft ein, blickt hinter die Kulissen der Bewertung von akademischen Leistungen nach den Grundsätzen Alfred Nobels und macht dabei einige überraschende Entdeckungen - ohne allerdings einer Antwort auf die Fragen nach Mordmotiv und Mörder zunächst wesentlich näher zu kommen.

Parallel zu ihren Recherchen versorgt sie Haushalt, Mann und ihre beiden Kinder, organisiert den Umzug der Familie in einen noblen Stockholmer Villenvorort, setzt sich mit ihren eigenen widerstreitenden Lebensgefühlen auseinander - und mit der Krise, in die ihre Ehe mit Thomas gerät. Dann geschieht im Institut ein zweiter Mord ...

Lisa Marklund, Jahrgang 1962, arbeitete als Presse- und Fernsehjournalistin, bevor sie begann, Romane zu schreiben. Der Kriminalroman ist für Lisa Marklund die überzeugendste Literaturform, um gesellschaftskritische Themen zu behandeln. Hier, so Marklund, gehe es um die existentiellsten Fragen der Menschen, um das Leben, den Tod, die Macht.

Die Journalistin Annika Bengtzon ist inzwischen Hauptfigur der meisten Romane Lisa Marklunds, von denen einige bereits verfilmt sind.

Leser dürfen allerdings zunächst einmal gespannt sein, welche erstaunlichen Zusammenhänge Annika unter Gefahr für das eigene Leben in "Nobels Testament" aufdeckt. Helen Bauers

Lisa Marklund: "Nobels Testament", Hoffmann und Campe, Hamburg 2007, geb., 448 Seiten, 22 Euro, Best.-Nr. 6253


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