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21.07.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-07 vom 21. Juli 2007

Osama in der Heide / Wie der Sommer seinen Dienst verweigert, wo wir bin Laden fangen, warum Brown nach Berlin kam, und was wir an Schäuble haben
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Dieser Sommer ist zwecklos, er gibt einfach nichts her. Wäre er zu warm, könnten die Fachleute  - das sind die, die zwar keine Ahnung vom Wetter am kommenden Dienstag haben, dafür aber aufs Grad genaue Vorhersagen der Temperaturen vom kommenden Dienstag in 100 Jahren vorlegen  -, könnten diese Fachleute also wenigstens ihre bewährten Kommentare herauskramen: "Zwar kann aus den Wetterbedingungen eines einzigen Sommers nicht gleich auf die gesamte klimatische Entwicklung geschlossen werden, Gleichwohl komme ich nicht umhin, daß wir es in der Tendenz  ..." Den Rest kennen Sie.

Dieses Jahr nichts davon, ja schlimmer: Offenbar haben sich die versammelten Hoch- und Tiefdruckgebiete gegen die Warner verschworen, die uns zuraunen, daß beim Wetter nichts mehr so sei wie früher.

Im bisherigen Sommer 2007 war, mitsamt Frühling, alles wie aus einem Bildband für Bauernregeln herausgeschnitten. "Der Teufel hol die schönen Frühjahre", sagt die alte Weisheit des Landmanns. Soll heißen: Wenn's richtig schön losgeht, geht's richtig mies weiter. Genauso ist es gekommen. Oder: "Blüht die Eiche vor der Esche, gibt's im Sommer große Wäsche." Die Eichen blühten dieses Jahr tatsächlich vor den Eschen. Das Resultat mußten die Thüringer später aus ihren Wohnzimmern schöpfen.

Und dann natürlich die Sache mit dem Siebenschläfer, der, wie die Schlauen sagen, durch den Wechsel vom julianischen auf den gregorianischen Kalender vor wer weiß wieviel 100 Jahren erst zehn Tage nach dem 27. Juni liege. Na jedenfalls war's in der Zeit Anfang Juli ziemlich wechselhaft, auch das ging bis heute so weiter.

Arme Schulkinder. Arme Klimaforscher. Vor allem aber: Arme Journalisten. Sonst hangeln wir uns um diese Zeit mit Berichten und Kommentaren über "Extremwetterlagen" als "Vorboten" des kommenden globalen Endes eisern durch den wüsten Abgrund des Sommerlochs. Heuer müssen wir uns an Wolfgang Schäuble festhalten, der so lieb war, uns und den anderen Zuhausegebliebenen wenigstens ein paar Bröckchen für die mageren Wochen hinzuwerfen. Gierig strecken wir uns nach der kleinen Provokation  des Innenministers.

Dabei merken wir kaum, wie dürftig seine Gaben sind. Was hat er schon gesagt? Nicht mehr als: Wenn ein deutscher Soldat auf Osama bin Laden trifft, muß der Uniformierte doch irgendwas machen. Abknallen, bevor der Kerl wegläuft, zum Beispiel. Na und? Sind eigentlich alle einverstanden, möchte man meinen. Doch so geht das nicht, weil das nicht rechtsstaatlich wäre, belehren uns die Vertreter aller Parteien. Schließlich hätten unsere Soldaten die Demokratie ja nicht umsonst den steilen Hindukusch hinaufgeschleppt.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff begreift gar nicht, was Schäuble wurmt. Der "Bild"-Zeitung erklärte er, warum er bei der rechtlichen Absicherung des internationalen Anti-Terror-Kriegs gar keinen Handlungsbedarf sieht: "Wenn bin Laden in einer Erdhöhle in Niedersachsen säße, bräuchten wir keine gesetzlichen Änderungen, um ihn festzunehmen."

Das überzeugt. Jetzt müssen wir den Topterroristen nur noch auf die Lüneburger Heide locken, in einen Fuchsbau stopfen und: Schnapp! Falle zu! Erschießen müßte ihn dort sowieso keiner. Die Erdhöhlen in der Heide sind der sandigen Böden wegen ziemlich instabil. Da reicht Gegentreten, und der Verborgene sitzt fest. Sobald der Richter den Haftbefehl erlassen hat, buddeln wir den El-Kaida-Chef wieder aus und führen ihn ab in den Knast nach Celle.

Im Grunde doch ganz einfach, warum also das Gezeter. Nun, nicht nur wir, auch die Berliner Politiker langweilen sich schrecklich, weshalb sie diese Hungerration von einem Aufreger solange kochen, bis es nach verbrannter Koalition riecht. Den Gestank kann Bundespräsident Köhler aber nicht riechen, auch weil ihn dabei das schlechte Gewissen in die Nase steigt. Mit seiner umstrittenen Neuwahl-Entscheidung von 2005 hatte Köhler ja sein Scherflein beigetragen zu der schwarz-roten Zangengeburt. Pflichtbewußten Leuten zwicken solche Sachen bis ultimo in die Eingeweide; das macht sie bisweilen reizbar. Weil beide Partner nahezu gleich groß sind, ist nie ganz klar, wer eigentlich die Zügel hält, weshalb sich mal dieser, mal jener aufgerufen sieht, ins Horn zu tuten, was zu einigem Tohuwabohu führen kann.

Also trat das Staatsoberhaupt vor die zankende Koalition wie ein erzürnter Papa, der das Gelärme seiner ungezogene Gören nicht mehr aushält: "Entweder ihr einigt euch, wer das Schaukelpferd reitet, oder ich sperr's weg!" Das saß. Dem Schäuble soll der Rüffel ordentlich in die Glieder gefahren sein.

Apropos Schaukelpferd: Wo reitet eigentlich Angela Merkel? Wäre es nicht ihre Sache gewesen, dem Haufen die Ohren langzuziehen? Die Kanzlerin konnte gerade nicht, weil sie in ein Scharmützel mit den Galliern verwickelt war, die unseren Airbus klauen wollten. Elsaß-Lothringen reicht denen offenbar nicht.

Überhaupt die Franzosen: "Sarkoleon" nennen sie ihren neuen Präsidenten, wie sein Vorbild ein ebenfalls verdächtig kleinwüchsigen Mann. Ähnlich wie Bonaparte rauscht er emsig von Schauplatz zu Schauplatz und arrangiert für sich allein immer den ganz großen Bahnhof. 

Die Briten lassen sich davon nicht aus der Ruhe bringen und halten eisern an ihrer Politik des "Festlandsdegens" fest. Die bedeutet: London unterstützt unter den großen Kontinentalmächten immer diejenige, die gerade das deutlich schwächere Licht abgibt. Gordon Browns erster Auslandsbesuch führte ihn nach Berlin.

In Sachen langfristiger Planung sind uns die Franzosen über, die vertreten ihre nationalen Ziele zäh und geradlinig über Jahrhunderte und haben so einen wachen Instinkt für kommendes Unheil. Hätten sie nicht seinerzeit auf das Saarland verzichtet, würde Oskar Lafontaine jetzt in Frankreich gegen die Vernunft marodieren, und Gordon Brown wäre nach Paris gefahren.

Um uns Preußen zu ärgern, hatte Napoleon ja auch Polen wiederhergestellt, im Vergleich zu dessen vorheriger Größe zwar klitzeklein, aber immerhin. Bevor das große Polen unter die Räuber gefallen war (Friedrich der Große nannte sich nach der ersten Teilung des Nachbarn 1772 selber so), soll es aber auch nicht gerade jene majestätische Erscheinung mehr gewesen sein, als die es heutige Polen gern verklären. Der Geschichtssatiriker Joachim Fernau nannte es "ein Wildfreigehege mit 40 Zwölfendern". Ein chaotisches Land, vom korrupten Hochadel verwirtschaftet, wo es von Gesetzlosen wimmelte.

Damals verbargen sich Gesetzlose auch in Deutschland vornehmlich in dichten Wäldern, wo sie das Auge des Gesetzes am ehesten übersah. Heute finden sich die berüchtigten Räuberhöhlen in den großen Städten, und dort oft an Orten, wo man sie am wenigsten vermutet, in Warschau beispielsweise im Sejm.

Andrzej Lepper, dem Führer von Jaroslaw Kaczynskis kleinem Koalitionspartner "Selbstverteidiung", werden die klebrigen Finger langsam feucht vor Angst, weil die nächsten Parlamentswahlen heraufdämmern. Wenn seine Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, bräche ihm mit dem Parlamentssitz auch die Immunität weg. Für Leute mit einem elastischen Verhältnis zu Geld und undogmatischer Einflußnahme eine irritierende Aussicht. Denn von dem Bestechungsversuch aus dem Hause Lepper gibt es ja sogar einen Mitschnitt in Ton und Bild.

Daher will Lepper seine Partei "Selbstverteidigung" mit dem anderen kleinen Partner von Kaczynskis "PiS", der "Liga Polnischer Familien", zusammenschließen, um bessere Wahlchancen zu haben. Ein neuer Name ließe sich aus so hehren Leitbegriffen wie "Selbstverteidigung" und "Familie" schnell dichten. Wie wär's mit: "Selbst ist der Clan"?


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