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28.07.07 / Kein Appetit auf Gen-Gemüse / Genveränderte Lebensmittel: Chance, um Hunger in der Welt zu bekämpfen, oder Anfang vom Ende?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-07 vom 28. Juli 2007

Kein Appetit auf Gen-Gemüse
Genveränderte Lebensmittel: Chance, um Hunger in der Welt zu bekämpfen, oder Anfang vom Ende?
von Hans Heckel

Warnungen vor genveränderten Lebensmitteln fallen bei den Deutschen auf fruchtbaren Boden. Als die EU-Agrarminister mit Zustimmung des Deutschen Horst Seehofer (CSU) die Anwendung von genveränderten Kartoffeln zur industriellen Stärke-Produktion ab 2008 dieser Tage genehmigt hatten, titelte ein Boulevard-Blatt reißerisch: "Der Angriff der Klon-Kartoffel".

Greenpeace nannte die Entscheidung einen "Schock". Befürworter und Gegner der "grünen Gentechnik" stehen sich seit Jahren unversöhnlich gegenüber. Die deutschen Verbraucher teilen in ihrer deutlichen Mehrheit die Bedenken der Skeptiker.

Die Vorteile, die etwa der internationale Saatgut-Hersteller Monsanto für seine genveränderten Feldfrüchte anpreist, werden von seinen Kritikern als Propaganda abgetan. Monsanto verspricht, durch den Einsatz seiner genveränderten Saaten könnten Hektarerträge gesteigert und Pflanzenschutzmittel eingespart werden, weshalb Gen-Saatgut nicht nur zur besseren Versorgung der Welt mit Nahrungsmitteln beitrüge, sondern ebenso zum Umweltschutz.

Was die Welternährungslage angeht, so scheint eine Steigerung der Ernteerträge in der Tat angezeigt. Die aufstrebenden Milliardenvölker Indiens und Chinas ändern ihre Ernährungsgewohnheiten, essen mehr Fleisch und tierische Produkte. Damit steigt der weltweite Bedarf an Futtermitteln rapide, und auch der an Weizen wächst. Ergebnis: Die EU-Butterberge und Milchseen gehören der Vergangenheit an, die Preise für Nahrungsmittel steigen spürbar. Für das kommende Jahr hat die EU ihr Flächenstillegungsprogramm bereits ausgesetzt.

Für die Kritiker genveränderter Lebensmittel ist dies noch lange kein Grund, auf genveränderte Saaten zu setzen, zumal sie die Ertragszahlen der Saatgut-Multis offen in Zweifel ziehen. Die Angegriffenen kontern: Wenn die Gen-Saat gegenüber herkömmlichen Sorten keinen Vorteil brächte, müßten (und würden) die Landwirte sie ja nicht kaufen. Tatsächlich scheuen deutsche Landwirte wohl eher die Vorbehalte der Verbraucher und bürokratische Hemmnisse als die angeblich umwelt- und gesundheitsgefährdenden Folgen der Gen-Pflanzen. Gen-Kritiker aber bezweifeln, daß die bisherigen Testreihen zur Gesundheitsverträglichkeit ausreichen. Zudem fürchten sie, daß sich genveränderte Saat - etwa durch Bienen transportiert - unkontrolliert in der Natur und anderen Anbauflächen ausbreitet. Monsanto beteuert, daß die "Koexistenzfähigkeit" der Pflanzen genau geprüft werde, das heißt: Es werde darauf geachtet, daß sich die im Labor veränderten Sorten nicht unkontrolliert verbreiteten.

Bauernverbands-Spezialist Jens Rademacher hält dagegen: Pollenflug könne man nicht verhindern. Allerdings habe der nur dann Folgen, wenn die Pflanze in Deutschland auch verbreitungsfähig sei. Derzeit drehe sich die Diskussion in Deutschland aber um genveränderten Mais. Der zerfalle jeden Winter vollständig und müsse ohnehin jedes Jahr ganz neu ausgesät werden. Eine Verbreitung von genverändertem Mais in der Natur oder über andere Anbauflächen sei daher ausgeschlossen. Bei anderen, auch hierzulande überwinterungsfähigen Sorten wie etwa dem Raps sehe das allerdings ganz anders aus. Gesundheitsgefährdungen durch genveränderte Nahrungsmittel sieht Rademacher indes nicht: Die Kontrollen seien derart penibel, daß dies ausgeschlossen werden könne.

Den Bauernverbandsexperten bereitet das Treiben großer internationaler Saatguthersteller aus ganz anderen Gründen Kopfzerbrechen. Der Versuch der Konzerne, die Welt mit patentiertem Saatgut aus ihrer Produktion möglichst flächendeckend zu versorgen, treibe die Landwirte in eine gefährliche Abhängigkeit.

Hier geht es vor allem um sogenannte Hybrid-Sorten. Die alte Regel, daß der Bauer sein Saatgut selbst herstellt und ausbringt, gilt hier nicht mehr. Hybridsorten müssen jedes Jahr neu gekreuzt werden, ob im Labor genverändert oder nicht, sonst brechen die Erträge ein - also muß sie der Landwirt beim Saatguthersteller kaufen.

Die Ausbreitung der Hybrid-Sorten sei daher die weit größere Bedrohung, ein Problem, das - verdeckt

von der aufgeheizten Gendebatte - leider kaum wahrgenommen werde. Gepaart damit gefährde der offensive Versuch der großen, global operierenden Saatguthersteller, möglichst viele Sorten patentieren zu lassen, die Unabhängigkeit der Landwirte.

Foto: Protest gegen Gen-Mais: Greenpeace protestiert gegen das Verfüttern des umstrittenen Maises an Milchkühe.


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