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28.07.07 / Der Krieg als Vater aller Dinge / Das Völkerringen zwischen 1914 und 1918 trieb die Elektrifizierung Deutschlands erheblich voran

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-07 vom 28. Juli 2007

Der Krieg als Vater aller Dinge
Das Völkerringen zwischen 1914 und 1918 trieb die Elektrifizierung Deutschlands erheblich voran
von Manuel Ruoff

Die Geschichte der Elektrifizierung unseres Landes reicht bis in die späten 70er / frühen 80er Jahre des vorletzten Jahrhunderts zurück. Damals errichteten und betrieben private Unternehmer Kleinkraftwerke, um die Vorzüge der Elektrizität zu demonstrieren. In den größeren Städten folgten Blockstationen, die kleine Stadtviertel oder eben Straßenblöcke mit Strom versorgten. Anfänglich wurde Strom nur zur Beleuchtung genutzt. Wegen seines hohen Prestigewertes, des Sicherheitsgewinnes, der Geruchsneutralität und der geringen Wärmeentwicklung machte der Strom hier schnell Petroleum und Gas in Hotels, Restaurants, Kaufhäusern, öffentlichen Gebäuden und Theatern Konkurrenz. Führend in der Entwicklung war die Reichshauptstadt, in der viele Elektroindustrieunternehmen ihren Sitz hatten. 1885 ging hier das erste der öffentlichen Stromversorgung dienende Kraftwerk ans Netz. Einen großen Innovationsschub brachte der Wechsel vom Gleichstrom zum Wechselstrom, da sich letzterer mit viel geringerem Verlust über weite Entfernungen transportieren ließ. Die Produktion mußte nun nicht mehr am Orte des Verbrauchs stattfinden, und es wurde reizvoll, größere Kraftwerke zu bauen, da der Absatzmarkt durch die bessere Transportmöglichkeit größer wurde. Da die Stromkabel über beziehungsweise unter öffentlichem Grund verliefen, bekam die öffentliche Hand einen Fuß in die Tür. Viele Kommunen nutzten diese Macht, um sich an Stromanbietern zu beteiligen oder diese in ihren Alleinbesitz zu bringen. Das war auch insofern sinnvoll, als die Elektrifizierung mit einem Investitionsbedarf verbunden war, der wohl nur noch mit dem des vorangegangenen Eisenbahnbaus verglichen werden kann.

Bis heute gehört es zu den ungelösten Problemen der Elektrizitätswirtschaft, daß Strom sich nicht effizient speichern läßt, die Nachfrage aber nicht konstant ist. Damals war das Problem noch größer, da Strom anfänglich nur für die Beleuchtung genutzt wurde. Deshalb wurde von der kapitalintensiven und deshalb einflußreichen Stromindustrie die Verwendung von Elektromotoren massiv vorangetrieben. Ein wichtiger Verbraucher von Kraftstrom wurden die in den größeren Städten gebauten elektrischen Straßenbahnen sowie die Wasserwerke. Aber auch die private Wirtschaft nahm nun zunehmend Kraftstrom ab. Dampfmaschinen und Gasmotoren wurden durch Elektromotoren ersetzt. Mit der Entwicklung des Drehstromasynchronmotors war hierzu bereits vor der Jahrhundertwende die technische Voraussetzung geschaffen. Einen Durchbruch brachte bemerkenswerterweise der Erste Weltkrieg trotz seiner ansonsten verheerenden Wirkungen auf Deutschland. Der Mangel an Leuchtstoffen, Kohle und Arbeitskräften beschleunigte den Anschluß an die öffentliche Stromversorgung vor dem Hintergrund einer mit Staatshilfe durchrationalisierten Kriegswirtschaft. Nach dem Krieg, als der Mittelstand sich Hauspersonal nicht mehr leisten konnte, stieg die Verwendung von Haushaltsgeräten mit Elektromotoren massiv an.

In dem Maße, in dem die Stromversorgung erweitert wurde, erweiterte sich der Markt und damit auch die Nachfrage. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg war mit wenigen Ausnahmen die flächendeckende Versorgung Deutschlands mit Strom erreicht.


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