19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
28.07.07 / Woran alle Deutschen glauben sollen / Vor 50 Jahren: "Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank"

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-07 vom 28. Juli 2007

Woran alle Deutschen glauben sollen
Vor 50 Jahren: "Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank"
von Manuel Ruoff

Als Folge der Handlungsunfähigkeit des Deutschen Reiches, der Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen und der insbesondere von der US-amerikanischen Besatzungsmacht betriebenen Politik der Dezentralisierung Deutschlands wurden die Reichsbank entmachtet und in den westdeutschen Ländern Landeszentralbanken geschaffen. Diese Banken übernahmen mit der Regelung des Geldumlaufes und der Durchführung des Zahlungsverkehres sowie als Bank der Banken und bis zu einem gewissen Grade Hausbank des Staates klassische Aufgaben einer Zentralbank. Zur Herstellung beziehungsweise Emission von Banknoten kam es nur insoweit, als abgenutzte Noten durch neue ersetzt wurden.

Eine Veränderung der Situation und neuen Handlungsbedarf brachte die Währungsreform in den Westzonen am 20. Juni 1948. Als Währungs- und Notenbank der neuen Deutschen Mark wurde ein gutes Vierteljahr zuvor, am 1. März 1948, in der anglo-amerikanischen Bizone die Bank deutscher Länder (BdL) mit Sitz in Frankfurt gegründet. Am 16. Juni 1948 traten die Landeszentralbanken der französischen Besatzungszone bei.

Die BdL bestimmte zwar nach der Einführung der D-Mark den geldpolitischen Kurs und wurde mit dem Notenmonopol betraut, doch blieb das Zentralbanksystem entsprechend dem US-amerikanischen Wunsche (vorerst) sehr dezentral. Die BdL war im Besitz der Landeszentralbanken, und letztere behielten ihre Aufgaben als Bank der Banken und als Hausbank des Staates in ihren Ländern. Auch in den Organen der BdL spiegelte sich der US-amerikanische Wunsch nach starken Landeszentralbanken wider. Ihre Präsidenten wählten den Präsidenten und den Vizepräsidenten der BdL, und zusammen mit dem von ihnen gewählten BdL-Präsidenten bildeten die Landeszentralbankpräsidenten das oberste Entscheidungsgremium der BdL, den Zentralbankrat. Wie bei so vielen Einrichtungen Nachkriegswestdeutschlands gab es auch für dieses zweistufige System ein US-amerikanisches Vorbild, das Federal Reserve System.

Ihre Vorbehaltsrechte nahmen die Besatzungsmächte über eine Alliierte Bankenkommission wahr. 1951 boten die Alliierten der Regierung der 1949 gegründeten Bundesrepublik an, die Kommission aufzulösen. Das setzte auf bundesdeutscher Seite eine gesetzliche Regelung voraus, welche die Verteilung der bisherigen Kommissionskompetenzen regelte. Das Bundesfinanzministerium legte daraufhin einen Gesetzentwurf vor, demzufolge die Regierung die Rolle der Kontrollkommission übernahm. Unterstützt von der Bevölkerung, die im 20. Jahrhundert bereits zweimal von ihrer Regierung um ihre Ersparnisse gebracht worden war, erhob der Zentralbankrat Protest. Die Bundesregierung, so seine Argumentation, dürfe nicht die Rolle der Alliierten Kontrollkommission übernehmen, da diese "ein dem Notenbankwesen verpflichtetes Fachgremium" gewesen sei, während "die Bundesregierung notwendigerweise in erster Linie politisch orientiert" und auch "als Kreditnehmer an der Notenbank interessiert" sei. Der Protest war erfolgreich. Statt zu einem Instrument der Regierung wurde die Bundesbank durch die neue gesetzliche Regelung nur verpflichtet, "bei Erfüllung ihrer Aufgaben die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu beachten". Damit war der Grundstein zur legendären Unabhängigkeit der Währungs- und Notenbank der Deutschen Mark gelegt. Statt auf Geheiß der Regierung die Währung unter Druck zu setzen, um über eine Abwertung den Export zu fördern, oder die Zinsen zu senken, damit die Konjunktur angeheizt wird und der Staat billiger an Kredite kommt, verfolgte die Bank - erst als Bank deutscher Länder, später als Deutsche Bundesbank - primär das Ziel der Währungssicherung. Damit wurde sie zum Sympathieträger der durch Inflationen leidgeprüften Bundesbürger. Der sowohl französische als auch sozialistische damalige EU-Kommissionspräsident Jacques Delors brachte es mit Ironie auf den Punkt: "Nicht alle Deutschen glauben an Gott, aber alle an die Bundesbank."

"Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank", lautet der Artikel 88 des Grundgesetzes. Vor 50 Jahren machte sich der Gesetzgeber daran, diesem nicht terminierten Auftrag Folge zu leisten. Das Gesetz über die Deutsche Bundesbank wurde am 4. Juli 1957 vom Bundestag verabschiedet, am 19. Juli vom Bundesrat gebilligt, sowie nach Unterzeichnung und Ausfertigung durch den Bundespräsidenten am 26. Juli verkündet. Am 1. August 1957 trat das Gesetz in Kraft, die Deutsche Bundesbank war gegründet.

Der Abnabelungsprozeß der jungen Bundesrepublik von den USA zeigte sich auch darin, daß in dem Gesetz vom US-amerikanischem Zwei-Stufen-System abgerückt wurde. So wurden gemäß Paragraph 1 die Landeszentralbanken mit der BdL verschmolzen und diese zur Bundesbank umgestaltet. Insofern war die Bundesbank nicht nur Nachfolger der BdL, sondern auch der Landeszentralbanken. Aus den vormaligen Besitzern der BdL wurden Organe der Bundesbank. Die Aufgabe der Landeszentralbanken, die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen, ging an die Bundesbank über. Statt von den Landeszentralbankpräsidenten gewählt, wurden der Präsident und der Vizepräsident der Währungs- und Notenbank nun nach Anhörung des Zentralbankrates auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten bestellt. Der bisher von den Landeszentralbankpräsidenten dominierte Zentralbankrat blieb oberstes Organ, wurde nun aber um die Mitglieder des Direktoriums erweitert.

Nach einer Übergangszeit, in welcher der vormalige Präsident des Zentralbankrats der Bank deutscher Länder, Karl Bernard, die Aufgaben des Bundesbankpräsidenten wahrgenommen hatte, trat am 1. Januar 1958 Wilhelm Vocke als erster das Amt an. Karl Blessing, Karl Klasen, Otmar Emminger, Karl Otto Pöhl, Helmut Schlesinger, Hans Tietmeyer, Ernst Welteke und schließlich Axel A. Weber sollten ihm bis heute folgen.

Foto: Eine der ersten Zentralbankratssitzungen der Bundesbank: Der am Kopfende sitzende vormalige BdL-Zentralbankratspräsident Karl Bernard nimmt noch die Aufgaben des Bundesbankpräsidenten wahr.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren