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04.08.07 / Sie dienten Kirche, Fürsten und Patrioten / Die Unterhaltung war nicht immer das vorrangige Ziel von Festspielen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-07 vom 04. August 2007

Sie dienten Kirche, Fürsten und Patrioten
Die Unterhaltung war nicht immer das vorrangige Ziel von Festspielen
von Manuel Ruoff

Das „Festspiel“ als literarischer Gattungsbegriff ist erst im 18. Jahrhundert entstanden und hat sich dann im frühen

19. Jahrhundert eingebürgert. Aber zu einem bestimmten festlichen Anlaß verfaßte Theaterstück und die Aufführung von Dramen und Opern bei festlichen Anlässen, kirchlichen oder weltlichen Festen oder im Rahmen von periodisch wiederkehrenden festlichen Theaterwochen wie beispielsweise Mai- oder Sommerfestspielen gibt es schon sehr viel länger. Bis in die Antike kann man bei der Spurensuche zurückgehen.

Schon hier gab es die an einen bestimmten gesellschaftlichen Anlaß gebundene Aufführung eines Dramas als Gottesdienst und Gemeinschaftserlebnis. Im Mittelalter waren die Aufführungen geistlicher Dramen bei Oster-, Passions- oder Weihnachtsspielen religiöse Volksfeste. Aus den geistlichen Schauspielen entstanden in der Renaissance die allegorischen höfischen Festspiele, deren Zweck nun nicht mehr religiöser Natur war, sondern in der Regel die Lobpreisung des Souveräns oder anderer hochgestellter Personen. Dabei kam es zu einer Professionalisierung beziehungsweise Perfektionierung in der Weise, daß auf Beiwerk, prunkvolle Ausstattung sowie Musik- oder Balleteinlagen zunehmender Wert gelegt wurde. Die höfische Oper geht auf solche Festspiele zurück.

Im 19. Jahrhundert, im Zeitalter des Nationalismus erstrebte man die Wiederbelebung des großen Volksschauspiels. Beginnend mit Johann Elias Schlegel (1719-1749) und Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) wurden im Zusammenhang mit dem deutschen Nationaltheater auch nationale Festspiele gefordert. Inspirierend auf diese nationalliberale Bewegung wirkten hier Friedrich Gottlieb Klopstocks (1724-1803) „Hermann’s Schlacht“ und Friedrich Schillers (1759-1805) „Wilhelm Tell“ - aber auch die Befreiungskriege. Nach dem Versagen der Fürsten in der napoleonischen Zeit wurde die Nation, das Volk zum großen Hoffnungsträger. Nach dem Beispiel der Passionsspiele von Oberammergau wurde nun die Idee geboren, im ganzen Land nationale Festspiele im Freien abzuhalten und dabei nationales Bewußtsein in der Breite herzustellen.

Auch Richard Wagner (1813-1883) hatte seine Aufführungen in Bayreuth ursprünglich als Gemeinschaftsfestspiele gedacht. Das gilt auch für die 1917 von Hugo von Hofmannsthal (1887-1929) und Max Reinhardt (1873-1943) gegründeten Salzburger Festspiele. Inzwischen sind Festspiele weitgehend entpolitisiert, sind mehr oder weniger unterhaltende und künstlerisch anspruchsvolle Events.

Eine Sonderrolle spielt die Schweiz, das ungeachtet des Streits um das Frauenwahlrecht wohl demokratischste Land der Welt. Hier hielt sich die Idee des Theaters für das Volk unter Einschluß des Volkes, in dem Akteure und Schauspieler schließlich eine Einheit werden, wohl am zähesten. Meist auf breiter gesellschaftlicher Basis und vom Staat finanziell gefördert, wurden zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und 1914 unzählige großangelegte historische Festspiele im Freien aufgeführt, in denen die Akteure fast ausschließlich Laien waren und in die Hunderte, teilweise gar in die Tausende gingen. Parallel zu den von den Nationalsozialisten im Nachbarland geförderten Thingspielen erlebten diese Festspiele in den 30er und frühen 40er Jahren eine weitere, vorerst letzte Blüte.

 

Zeitzeugen

Cosima Wagner - Die Tochter Franz Liszts war die eigentliche Herrin in Bayreuth. Daß heute um die Nachfolge gestritten wird, liegt vor allem an ihrem Machtanspruch, nur die Familie könne der Welt vermitteln, was Richard Wagner wirklich wollte.

 

Wolfgang Wagner - Vor einigen Jahren entbrannte die Diskussion um seine Nachfolge als Leiter der Bayreuther Festspiele. Er verhinderte die Bewerbungen sowohl seiner Nichte Nike als auch eines Tandems aus seiner mit ihm zerstrittenen Tochter Eva und seinem Neffen Wieland Lafferentz. Das von ihm favorisierte Team aus seiner zweiten Ehefrau Gudrun und seiner Tochter Katharina fand keine Mehrheit im Stiftungsrat. Derzeit wird versucht, die Tochter Katharina als alleinige Nachfolgerin aufzubauen.

 

Christoph Schlingensief - Stammt aus Oberhausen, wo er 1960 geboren wurde. Anfang der 80er Jahre drehte er erste eigene Kurzfilme. An der Volksbühne Am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin unter Leitung von Frank Castorf debütierte Schlingensief 1993 mit dem Stück „100 Jahre CDU - Spiel ohne Grenzen“ als Theaterregisseur. Bei den Bayreuther Festspielen 2004 inszenierte er den „Parsifal“, seine erste Oper, die auch 2007 wieder auf dem Spielplan steht. Schlingensief liebt es, die Zuschauer zu provozieren, und gilt als „enfant terrible“.

 

Justus Frantz - Der Pianist und Dirigent aus Hohensalza gab sein Debütkonzert in New York 1975. 1986 wurde er Professor an der Hamburger Musikhochschule. Im selben Jahr gründete er das Schleswig-Holstein-Musikfestival, dessen Intendant er bis 1994 war.

 

Siegfried Matthus - Geboren 1934 im ostpreußischen Mallenuppen, Kreis Darkehmen (Angerapp), studierte er in Berlin Musik und war Meisterschüler bei Hanns Eisler an der Akademie der Künste. Seit 1991 ist er „Künstlerischer Leiter der Kammeroper Schloß Rheinsberg“. In seinem Œuvre finden sich Sinfonien, Kammermusik und Opern. 1997 erhielt Matthus den Kulturpreis für Musik der Landsmannschaft Ostpreußen.


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