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11.08.07 / Heizer Schell spielt mit dem Feuer / Deutschlands Lokführer verdienen angeblich zu wenig, doch wieviel gibt es wirklich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-07 vom 11. August 2007

Heizer Schell spielt mit dem Feuer
Deutschlands Lokführer verdienen angeblich zu wenig, doch wieviel gibt es wirklich
von Ansgar Lange

Pfiffige kleine Jungs wollen nicht mehr Lokführer, sondern Bahn-Vorstand werden. Das ist nämlich deutlich lukrativer. Nach Medienberichten explodierten die Bezüge für die acht Vorstandsmitglieder der Deutschen Bahn (DB): In den Jahren 1999 bis 2005 stiegen sie laut Geschäftsbericht von 3,67 Millionen Euro auf 14,69 Millionen Euro. Das sind satte 400 Prozent. Die Kunden müssen nicht nur über ständig steigende Fahrkartenpreise für den augenscheinlich üppigen Lebensstil des DB-Vorstandsvorsitzenden Hartmut Mehdorn und seiner Companeros tief in die Tasche greifen.

Insbesondere Pendler wissen von Verspätungen ein Lied zu singen. Wer zum Beispiel als Berufspendler täglich zwischen Bonn und Köln hin und her fährt, muß morgens früh aufstehen, sonst bestraft ihn die Deutsche Bahn, weil mal wieder irgendwo ein Triebwerkschaden aufgetreten ist.

Haben denn auch die Mitarbeiter der Bahn was von dem üppigen Geldsegen, für den Millionen von Kunden aufkommen? Die Lokführer-Gewerkschaft GDL bestreitet dies vehement. In einem Papier mit dem drögen Titel „Der Fahrpersonaltarifvertrag: Zahlen, Fakten, Hintergründe“ listet die Interessenvertretung auf, wie viel der „Kapitän“ eines ICE oder eines anderen Zuges im Schnitt verdient. Im Vergleich zu ihren westeuropäischen Kollegen hätten die deutschen Lokomotivführer das geringste Einkommen, lautet ihre Argumentation. An zwei Beispielen macht die GDL das Ganze plastisch: Ein 25 Jahre alter kinderloser Lokführer mit zwei Jahren Berufserfahrung verdient im Monat 1288 Euro netto. Mit durchschnittlichen Zulagen von 150 bis 300 Euro kommt er dann auf 1438 bis 1588 Euro netto.  Beispiel zwei geht davon aus, daß ein Lokführer 40 Jahre alt ist, zwei Kinder und 17 Jahre Berufserfahrung hat. Dann bekommt er im Durchschnitt 1628 Euro netto. Mit Zulagen von 150 bis 300 Euro kommt er auf 1778 bis 1928 Euro. Mit Zulagen verdient man in der Schweiz im ähnlich gelagerten Fall 4705 bis 4985, in Spanien 3140 und in Italien 2300 Euro. Selbstverständlich haken solche Vergleiche immer ein wenig. So verdienen die Schweizer in der Regel wesentlich mehr als die Deutschen, haben dafür aber auch oft drastisch höhere Lebenshaltungskosten.

Die GDL forderte ursprünglich einen Einstiegslohn für Lokführer von 2500 Euro brutto. Mitarbeiter der Bordgastronomie sollten 1820, Zugbegleiter 2180 Euro erhalten. Ist das zu viel, ist das zu wenig? Aus dem Bauch heraus wird wahrscheinlich jeder sagen, daß man als Familienvater mit 2000 Euro netto und rund 17jähriger Berufserfahrung keine großen Sprünge machen kann. Dazu kommen die Verantwortung für Hunderte von Fahrgästen und familienunfreundliche Arbeitszeiten. Zur Realität gehört aber auch, daß heute selbst ein Akademiker nach mehrjährigem Studium – das de facto einem Verdienstausfall gleichkommt – und etlichen unbezahlten Praktika mit 2000 brutto im Monat abgespeist wird. Und wer bei einem so niedrigen Gehalt einsteigt, wird zunächst einmal auf keine großen Steigerungsraten hoffen dürfen. Es können ja nicht alle Ingenieurwissenschaften studieren und rund 40000 oder 50000 Euro brutto Einstiegsgehalt verdienen.

Ob sich die GDL mit der Androhung eines flächendeckenden Streiks und utopisch anmutenden Lohnforderungen von 31 Prozent allerdings einen Gefallen getan hat, bleibt abzuwarten. Es war auch abwegig, Lokführer mit Piloten zu vergleichen. Ein Lufthansa-Pilot verdient nicht ohne Grund laut Tarif 112000 Euro: Ko-Piloten bekommen immerhin noch 54000 Euro. „Piloten müssen über zahlreiche Begabungen verfügen: Notfallvarianten beherrschen, sich im Raum orientieren können, mit der linken Hand etwas anderes tun als gleichzeitig mit der rechten, und dabei mitunter auch noch kopfrechnen – es handelt sich bei ihnen um mehrfach belastbare Menschen, wie es sie in der Kombination nicht allzu häufig gibt“, schreibt Detlef Esslinger in der „Süddeutschen Zeitung“. Selbst der Lobbyist Manfred Schell dürfte seine Lokführer nicht dazu rechnen.

Wenn GDL-Chef Schell damit droht, den Zugverkehr in Deutschland lahmzulegen, so spielt der gelernte Heizer mit dem Feuer. Das Vertrauen der Kunden schmilzt bei einem Verkehrschaos, Verspätungen und Zugausfällen wie das Eis in der Sonne – vom wirtschaftlichen Schaden für ganz Deutschland einmal abgesehen.


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