29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.08.07 / Gestörtes Gleichgewicht / Russische Militärexperten sagen Krieg gegen die USA voraus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-07 vom 11. August 2007

Gestörtes Gleichgewicht
Russische Militärexperten sagen Krieg gegen die USA voraus
von M. Rosenthal-Kappi

Die Pläne der USA zur Aufstellung des Raketenschutzschilds auf polnischem und tschechischem Territorium sowie die Aufstockung ihrer Militärausgaben auf 620 Milliarden Dollar in diesem Jahr sorgen für Aufregung bei russischen Militärexperten. Um die eigene Unzulänglichkeit und derzeitige Unterlegenheit der russischen Armee wissend, lancieren sie seit Monaten Nachrichten über eine Neuauflage des Kalten Krieges in die Presseorgane und beschwören Szenarien eines möglichen Krieges zwischen Rußland und den USA in den kommenden acht bis zehn Jahren herauf.

Vom Kreml erwarten die Militärs eine Antwort auf die amerikanische Aufrüstung. Eine erste Handlung in diese Richtung war im Frühjahr die Ernennung des bisherigen Verteidigungsministers Sergej Iwanow zum Ersten Vizepremier, der sich nun vor allem um die Probleme des militärisch-industriellen Komplexes kümmern soll. Sein Nachfolger Anatolij Serdjukow, der bisher in der Finanzbranche tätig war, soll die Verwaltung der russischen Militärausgaben optimieren. Nachdem in den 90er Jahren kaum in die Modernisierung des Militärs investiert worden war, hatte Putin  in den vergangenen vier Jahren den Militäretat vervierfacht. In diesem Jahr beläuft er sich auf 25 Milliarden Euro, die jedoch aufgrund des maroden Zustands der Armee im Sande versickern. Die beabsichtigte Reform der Armee hin zu einer Berufsarmee scheint aufgrund des umfassenden Mangels an militärischer Infrastruktur und der weitverbreiteten Korruption der Führungsebene zu scheitern.

In Kreisen russischer Militärexperten herrscht die Meinung vor, daß es den USA bei ihrer militärischen Expansion nicht um die Verteidigung von Frieden und Demokratie gehe, sondern um den Zugang zu den wichtigsten Regionen der Welt, zu den strategischen Kommunikationswegen und den globalen Ressourcen. Generaloberst Leonid Iwaschow, der als Militärexperte gilt, spricht gar von „Weltherrschaftsplänen der USA“, die es zu neutralisieren gelte. Nach dem Untergang der Sowjetunion nutze die USA die Nato als aggressives und starkes Gewaltinstrument, das die Weltherrschaft anstrebe. Völkerrecht und UN-Sicherheitsrat würden zunehmend ignoriert.

Daß die bereits stationierten amerikanischen Raketenabwehrsysteme in Kalifornien, England, Grönland, Japan, Norwegen unmöglich alle gegen einen einzigen Iran gerichtet sein können, davon gehen auch andere russische Experten aus. Mit Leichtigkeit könnten ihrer Ansicht nach Elemente des Raketenschutzschildes gegen ballistische Raketen Rußlands und Chinas eingesetzt werden. Damit sehen sie das strategische Gleichgewicht gestört, was Rußland dazu zwinge, das Potential seiner Atomwaffen zu erhöhen.

Als Gegengewicht zur USA gründeten Ende der 90er Jahre Rußland, China, Kasachstan, Krigistan und Tadschikistan eine Vorläuferorganisation der heutigen Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO), der heute auch Usbekistan und mit Beobachterstatus die Mongolei, Indien, Pakistan und der Iran angehören.

Die Organisation versteht sich als Gegenpol zur Nato, sie will für Stabilität im zentralasiatischen Raum, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und eine selbständige Politik eintreten. Die Bedeutung der vier kleinen zentralasiatischen Staaten gegenüber China und Rußland ist jedoch gering. Da China ein hohes Ansehen in der Welt genieße, könne es gemeinsam mit Rußland dem Druck der USA Widerstand leisten, so hofft das russische Militär. Für Mitte August soll auf den Militärstützpunkten nahe Tscheljabinsk im Ural das Großmanöver „Friedensmission 2007“ im Rahmen der SCO stattfinden.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren