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11.08.07 / Flughafen als Pfarrei / Leo Mosses gibt Seelsorge auch weit über religiöse Belange hinaus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-07 vom 11. August 2007

Flughafen als Pfarrei
Leo Mosses gibt Seelsorge auch weit über religiöse Belange hinaus
von Norbert Matern

Da kommt ein Geschäftsmann zwischen zwei Flügen und bittet um ein Beichtgespräch. Zwei norddeutsche Damen, die den Sonntagsgottesdienst im Flughafen besuchten, schicken eine Ansichtskarte von Mallorca, einer britischen Frau, der bei einem Nickerchen vor dem Flug die Handtasche gestohlen wurde, verhilft er zu neuem Ticket und Ausweispapier und verständigt die wartende Tochter in London.

Alltag von Leo Mosses (51), Flughafenpfarrer in München. Zusammen mit seiner evangelischen Kollegin arbeitet er mit drei Sozialpädagogen und zwei Sekretärinnen. Kardinal Wetter und Landesbischof Friedrich tragen je zur Hälfte die Kosten der Flughafenseelsorge. Ökumene ist selbstverständlich. „Wir erleben alles Schöne und Schwere, was es an ökumenischer Zusammenarbeit gibt.“

Freitagmittag essen die Seelsorger gemeinsam mit dem Pressereferat des Flughafens in der Kantine. Da ist Entspannung angesagt, man bespricht Vorgänge der ausklingenden Woche und vor allem: Es wird viel gelacht, wie Hans-Joachim Bues, Leiter der Hauptabteilung Unternehmenskommunikation, bestätigt. „Es gibt auch viel Situationskomik auf einem so großen Flughafen.“

Trotz vieler Flughäfen in Deutschland haben nur Frankfurt und München eine hauptamtliche Seelsorge. Doch der Trend zeigt aufwärts. Mosses, der auch dem Vorstand der „International association“ der Flughafenseelsorger angehört, rechnet proportional zum zunehmenden Flugverkehr mit starken Zuwächsen.

150 Flughäfen sind bereits jetzt im religiösen Bereich vernetzt, zehn Flughäfen kamen bisher allein in diesem Jahr dazu.

Die Pfarrer verständigen sich, wenn Notfallreisende zu ihnen kommen.

Pfarrer Mosses hat Verständnis für die Situation der Bischöfe, angesichts des Priestermangels Personal für diese Sonderseelsorge abzustellen. „Es gibt aber auch Bischöfe, die Flughafenseelsorge schlecht einordnen können.“

Leo Mosses ist selbst ein Beispiel für Flexibilität. In Westfalen geboren, besuchte er die Realschule, holte das Abitur nach, wurde Industriekaufmann, dann Sozialpädagoge. 1991 wurde er für die Erzdiözese München-Freising zum Priester geweiht, wurde Studentenpfarrer und ging 2003 zum Flughafen. „Das ist eine begehrte Stelle, bei den Protestanten gab es kürzlich 35 Bewerber.“

Die kleine Flughafenkapelle liegt im Zentralbereich, ein Zeichen dafür, welche Wertschätzung die Seelsorge genießt. „Es gibt kaum einen Augenblick, wo niemand ist.“ Oft geht bei Gottesdiensten  ein gläubiger Muslim durch den Raum, um in der Sakristei zum Gebet seinen Teppich auszubreiten. Vor allem in Notfällen ist Mosses gefordert. Er betreute zurückkehrende Tsunamiopfer, die Familienmitglieder verloren hatten und deren wartende Angehörige. „Ein ganz heißes Eisen ist die Flüchtlingsseelsorge.“ Einige Tausend vor allem aus Afghanistan und dem Irak sind es im Jahr, die Zuspruch und Hilfe benötigen. Wichtig ist daher ein guter Kontakt mit der Polizei.

Weniger anstrengend ist die Seelsorge an den Mitarbeitern des Flughafens. Taufen, Trauungen, auch Beerdigungen sind vorzunehmen. „Meine Pfarrei ist der Flughafen“, aber auch in der Erdinger Gemeinde hilft er gern aus. Selbstverständlich hält sich der Flughafenpfarrer aus der Politik heraus. Zur Frage einer dritten Startbahn schweigt er.

Die Reiseseelsorge ist für Pfarrer Mosses ein ganz besonderer Auftrag. Schließlich waren es die Christen, die von früh an Hospize für Menschen unterwegs errichteten.


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