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11.08.07 / Auf ihren Seelen lastet ein Trauma / Vertriebene Frauen der zweiten Generation gründen neuen Gesprächskreis

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-07 vom 11. August 2007

Auf ihren Seelen lastet ein Trauma
Vertriebene Frauen der zweiten Generation gründen neuen Gesprächskreis
von Edith Kiesewetter-Giese

In den vergangenen sieben Monaten fand in Berlin unter dem Motto „Lange Schatten“ eine Veranstaltungsreihe des Frauenverbandes im BdV mit Unterstützung der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und der Bundeszentrale für politische Bildung statt. Bekannte und prominente Fachleute der Geschichte, Medizin, Pädagogik, Sozialwissenschaft, Autorinnen und Autoren, Filmemacherinnen, Regisseure, Künstlerinnen, Referenten der Publizistik und Bürgerrechtler wirkten an der Gestaltung mit. Interessante Gespräche und Diskussionen zu verschiedenen Aspekten von Flucht und Vertreibung fanden eine sehr interessierte Öffentlichkeit in Berlin vor.

Das Schicksal der rund 12 Millionen deutscher Flüchtlinge und Vertriebene aus Ost- und Westpreußen, Pommern, Schlesien, Ostbrandenburg, dem Sudetenland sowie aus Mittel- und Südosteuropa findet unterschiedliches gesellschaftliches Interesse, aber es lebt in den betroffenen Familien über Generationen weiter. Zeitzeugen und deren Nachkommen berichten und schreiben immer öfter über schmerzliche Erinnerungen oder betreiben filmische Spurensuche. Dabei geht es neben der familiären Aufarbeitung von Flucht und Vertreibung auch um die unterschiedlichen Formen der Dokumentation der Geschehnisse am Ende des Zweiten Weltkrieges.

Von besonderer Bedeutung ist, daß Flucht und Vertreibung nicht nur das Problem derer ist, die ihre Heimat verlassen mußten, sondern daß die Folgen der Hitlerpolitik vom gesamten deutschen Volk getragen werden müssen,  auch wenn einige, die sich selbst verantworten müßten, über die Vertriebenen von den „Ewig Gestrigen“ sprechen. Es bewahrheitet sich immer wieder: „Nichts ist dauerhaft geregelt, was nicht gerecht geregelt ist!“ Das trifft insbesondere zu für die Langzeitfolgen traumatischer Erfahrungen, die sich aus Flucht- und Vertreibungsprozessen ergeben.

Bei der Veranstaltung mit dem Thema „Zwischen Trauer und Trauma – Auswirkungen der Kriegserlebnisse in Deutschland“ war der Saal voll besetzt. Danach entstand der Wunsch, besonders unter den weiblichen Teilnehmerinnen, das Gespräch zu dieser Thematik fortzusetzen. Es waren ja vor allem die Frauen, die die Kinderversorgung bewältigten und die Familien zusammen hielten. Es waren vor allem die Frauen, die nach dem Ansinnen Stalins als „lebende Reparationen“ für den Krieg Deutschlands gegen die Sowjetunion deportiert und interniert wurden und dabei körperlich und seelisch schwer gelitten haben, wenn sie schon überlebten. Ihr Leid wurde in den meisten Fällen negiert und sie sind bis heute nicht als Kriegsopfer anerkannt. Das schmerzt die Frauen zutiefst und sie wollen darüber wenigstens mit Menschen reden können, die Gleiches erlitten oder die Verständnis für sie aufbringen und nicht mit Vorwürfen und Belehrungen reagieren.

Als Folge des Veranstaltungszyklus „Lange Schatten“ ist auf Initiative der Präsidentin des Frauenverbandes im BdV, Sibylle Dreher, Ende Mai ein solcher Gesprächskreis gegründet worden und es kamen so viele Fragen, daß gleich zwei verschiedene Gruppen daraus entstanden sind, über die noch zu berichten sein wird.

Foto: Mehr als nur eine Generation haben mit den Folgen von Flucht und Vertreibung zu kämpfen.


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