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11.08.07 / Glückspilze unter den Süchtigen / Hilfe bei Nikotinentzug – Entzugserscheinungen sind vergleichsweise harmlos

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-07 vom 11. August 2007

Glückspilze unter den Süchtigen
Hilfe bei Nikotinentzug – Entzugserscheinungen sind vergleichsweise harmlos
von Rosemarie Kappler

Rauchfreie Kneipen, Bahnhöfe und Arbeitsplätze, dazu eine Vielzahl von Verordnungen, die Rauchern das Leben schwer machen. Quadratmeter für Quadratmeter wird Deutschland zur rauchfreien Zone erklärt. Blauer Himmel statt Blauer Dunst heißt die Devise, denn als isoliertes Krankheits- und Krebsrisiko betrachtet steht Rauchen auf Platz eins. Also weg mit der Kippe, sagt der Verstand. Doch die meisten Raucher empfinden den Gedanken an eine Entwöhnung als bedrohlich. Ihr Gehirn konstruiert wahre Horrorszenarien. Doch unter den Süchtigen sind Raucher die Glückspilze. Die meisten wissen es nur nicht.

Die Nikotinsucht hat keine starke körperliche Wirkung. Im Gegensatz zu Kokain oder Heroin verursacht der Entzug weder Schüttelfrost, Muskelzuckungen, noch Schweißausbrüche. Die körperlichen Entzugserscheinungen sind nicht schlimmer als eine Grippe und meist nach drei bis zehn Tagen vorbei. Zudem versprechen Nikotinersatzpräparate (Pflaster, Kaugummi) Symptomlinderung. Die weitaus größeren Probleme verursacht die Kombination mit den hunderttausendfach eingeübten Gewohnheiten. Rauchen ist bei langjährigen Rauchern nicht nur eine Tätigkeit. Es ist zu einem Teil der eigenen Persönlichkeit geworden. Diese Gewohnheiten lassen sich nur mit einem starken Willen, Sturheit und durch ein stützendes soziales Umfeld oder professionelle therapeutische Unterstützung beseitigen. Begleitende Präparate erleichtern vielfach die Entwöhnung.

Die einfachste Unterstützung bietet der Beruhigungstee auf der Basis von Baldrian, Melisse und Hopfen. Danach folgen bereits die Nikotinersatzpräparate. Sie geben Nikotin zwar langsamer und weniger befriedigend ab, aber auch sicherer und weniger suchterzeugend als Zigaretten, und sie enthalten – anders als Zigarettenrauch – keinen Teer, kein Kohlenmonoxid und keine der vielen im Tabakrauch enthaltenen krebserregenden Substanzen. Nikotin-Kaugummi eignet sich bei einem Tageskonsum von maximal 15 Zigaretten, wenn nicht gleichmäßig geraucht wird, sondern bevorzugt unter bestimmten Bedingungen wie bei Konflikten, in Geselligkeit, am Abend.

Die Nikotin-Lutschtablette unterstützt die Entwöhnung bei mittelstarker bis starker Tabakabhängigkeit und relativ hohem, eher ungleichmäßigen Tageskonsum.

Nikotin-Pflaster haben sich bewährt bei mittelstarker bis starker Tabakabhängigkeit und einem gleichmäßig über den Tag verteilten, relativ hohen Konsum (zehn bis 40 Zigaretten).

Bei starker Abhängigkeit kann auch die Kombination von Präparaten angeraten sein.

Wer eine solche kombinierte Behandlung in Betracht zieht, sollte vorher einen Arzt aufsuchen, da die Gefahr besteht, daß durch Kombination mit einem schneller verfügbaren Nikotinersatzpräparat die Abhängigkeit verstärkt wird.

Neben der Nikotinersatztherapie gibt es noch einen zweiten, zur Behandlung der Tabakabhängigkeit zugelassenen Wirkstoff, Bupropion. Die Wirksamkeit einer Behandlung mit Bupropion ist wissenschaftlich belegt. Das Medikament ist verschreibungspflichtig, so daß die Behandlung nur in Zusammenarbeit mit einem Arzt möglich ist. Vor wenigen Monaten haben die Europäischen Zulassungsbehörden grünes Licht für den Wirkstoff Vareniclin gegeben. Als erstes nicht-nikotinhaltiges Medikament wurde Vareniclin speziell für die Raucherentwöhnung entwickelt. Die Hersteller geben an, daß der Wirkstoff die belohnenden Eigenschaften des Nikotins imitiert, indem es die Dopaminausschüttung im Nucleus Accumbens steigert. Durch diese indirekte Stimulation bewirkt Vareniclin nikotinähnliche Effekte, die zur Milderung der Entzugsprobleme führen sollen. In Studien wird zur Zeit auch eine Methode der Impfung getestet. Sie soll das Immunsystem befähigen, Antikörper gegen Nikotin zu bilden.

Tip: Wer mit dem Rauchen aufhören will, sollte sich darauf intensiv vorbereiten. Regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung erleichtern das Vorhaben. Denn eine Entwöhnung ohne Gewichtszunahme ist nahezu illusorisch. Unter (0 62 21) 42 42 00 bietet das Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg montags bis freitags von 14 bis 18 Uhr eine telefonische Raucherberatung an. Das Rauchertelefon ist auch eine Serviceleistung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung www.bzga.de. Sehr zu empfehlen ist das Portal www.rauchfrei-online.de. Viel Glück!

Foto: Immer seltener erlaubt: Nach und nach untersagen die 16 Bundesländer das Rauchen in Restaurants.


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