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18.08.07 / Berlin ganz unten / Schwänzen, chatten, pöbeln: »Prinzessinnenbad« erzählt den Alltag dreier 15jähriger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-07 vom 18. August 2007

Berlin ganz unten
Schwänzen, chatten, pöbeln: »Prinzessinnenbad« erzählt den Alltag dreier 15jähriger
von Patrick O’Brian

Es riecht dort stark nach Döner, nach Bier, nach Marihuana – in der Welt, in der Tanutscha, Klara und Mina leben. In „Prinzessinnenbad“ werden diese 15jährigen Frauen (von Mädchen kann nicht mehr gesprochen werden) vorgestellt, wie sie wohl nur in Berlins Brennpunktbezirken anzutreffen sind. Der Dokumentarfilm, den inzwischen 50000 Zuschauer gesehen haben, errang bei der Berlinale einen Sonderpreis.

Der Filmtitel ist vom „Prinzenbad“ abgeleitet, einer Kreuzberger Badeanstalt, wo sich die drei treffen. Sie stammen auch von da, aus der Mutter aller Problembezirke. „Wir kommen aus Kreuzberg, du Muschi“, zitiert das Filmplakat eine der jungen Frauen.

Bisher war es das zweifelhafte Privileg von Hiphop- und Rapmusikern, den „normalen Leuten“ einen Einblick in das Leben der Unterschicht zu liefern. Jetzt gibt es auch einen Kinofilm über das traurige Dasein deutscher Jugendlicher im multikulturellen Tohuwabohu Berlins.

Nun ist nicht alles nur rabenschwarz, was „Prinzessinnenbad“ zeigt. Das Verhältnis zwischen Deutschen und Ausländern wird, verglichen mit der trostlosen Wirklichkeit, sogar eher als etwas problemloser dargestellt als es ist. Minas Vater ist Italiener, der von Tanutscha Iraner. Und Klara, die Blondine, liebt nur Türken, wie sie selbst sagt, auch wenn sie sie als „Scheißkanaken“ tituliert. Deutsche Männer findet sie doof.

Der „Spiegel“ kommt nach der Begutachtung des Films zu dem fragwürdigen Schluß, um diese Jugend brauchten wir uns keine Sorgen zu machen. Wenn überhaupt, dann stimmt das noch für Mina, die bei ihrem Onkel im Feinkostladen mitarbeitet. Der Vater hat wechselnde Liebschaften, die Mutter auch. Der aktuelle Mann von Mami, Hakim, wird vorgestellt: ein baumlanger Schwarzer wie aus einem Jamaika-Bilderbuch. Er erfüllt auch alle Klischees des exotischen Liebhabers: Rastazöpfe, Sonnenbrille, zwölf Jahre jünger als Minas Mutter, spricht nur miserables Englisch. Der Film liefert einen tollen Einblick in das Leben der sogenannten „Patchwork-Familien“ – zu deutsch: Flickwerkfamilien.

Aber Mina geht zur Schule und hat ein Ziel vor Augen. Ganz anders Klara. Sie schwänzt lieber. „Klara hätte auch richtig gut sein können, aber sie hat alles verkackt“, meint Mina. Klara, die offen über ihren Drogenkonsum auspackt, mag weder Putzen noch Küche. „Vielleicht werd’ ich Pornostar“, sagt sie über sich. Die 15jährige hat dafür schon genug geübt – mit ihren 31 geschätzten Freunden, die sie ganz nebenbei erwähnt.

Die Fäkalsprache gehört genauso zu jeder Szene wie der Ring in der Nase und die obligatorische Zigarette im Mund. Alle drei rauchen wie Schlote oder sitzen am Rechner, um mit Jungs zu „chatten“ (für Computer-Muffel: „Chatten“, sprich: tschätten, bedeutet, sich per Rechner kleine geschriebene Sätze hin- und herzuschicken, eine Art Gespräch, oft auf magerstem sprachlichen Niveau). Die drei erfüllen damit alle Klischees über das Leben der Unterschicht im Internetzeitalter. Tanutscha ruft auch gerne mal bei Kontakt-Telefonnummern an, wo sie Jungs kennenlernt. Denen sagt sie dann Dinge wie: „Soll ich dich einschätzen? Du bist Deutscher, aus Marzahn, oder ein Türke, aber ein dreckiger Türke, der sich nicht unter den Achseln rasiert und nur einmal die Woche duscht. Der in den Puff geht oder nach Reinickendorf zu so ’ner Super-Ossischlampe.“ So reden 15jährige 17 Jahre nach der deutschen Vereinigung.

Prinzessinnenbad ist auch ein Film darüber, wie Menschen ihre gesamte Verantwortung auf den Staat abwälzen, noch gründlicher, als das in der DDR möglich gewesen wäre. Klara hat kein Bock auf die Schule? Kein Problem: Es gibt ein Schulverweigererprogramm. Da dürfen die vier (!) Kinder in Anwesenheit des Lehrers rauchen und trinken – und bekommen alles noch einmal ganz genau erklärt.

Tanutscha hat Liebeskummer und geht deswegen auch nicht zur Schule. Ihre Mutter schimpft deswegen nicht mit ihr, sondern auf die Lehrer: „Die fangen das gar nicht auf.“ Und Tanutscha legt nach: „Die scheißen da drauf.“ So denken Eltern, die offenbar glauben, daß „der Staat“ und „die Schule“ für alle Probleme verantwortlich sind, sogar für Liebeskummer.

In einer Szene rät Mina ihrer Freundin Klara, die ein eigenes Café eröffnen will (erste Erfahrung als Tresenkraft sammelt sie im Resozialisierungsprogramm): „Dann gründe doch eine Ich-AG.“ Damit der Staat etwas dazugibt. Übrigens wurde der Film auch aus Steuergeldern mitfinanziert.

Die Schlußeinstellung dieser Realsatire spielt einige Wochen später, im Herbst 2006. Interessant wäre es, wenn diese drei Frauen, die durch Abwesenheit jeglicher Form von Geist oder Charme bestechen, in zehn oder 20 Jahren noch einmal vor die Kamera träten, um zu zeigen, was sie aus ihrem Leben gemacht haben.

Weitere Infos im Internet unter: www.prinzessinnenbad.de

Foto: In Anwesenheit des Lehrers rauchen und trinken: Mina, Klara und Tanutscha (v.l.)  posieren für den Kameramann.


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