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18.08.07 / Die erste deutschsprachige Universität / Am 7. April 1348 wurde von Kaiser Karl IV. in Prag die Alma Mater Carolina gegründet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-07 vom 18. August 2007

Die erste deutschsprachige Universität
Am 7. April 1348 wurde von Kaiser Karl IV. in Prag die Alma Mater Carolina gegründet
von Manuel Ruoff

Es war nicht das österreichische Wien oder gar das preußische Berlin, sondern Prag, das in der Regierungszeit Kaiser Karls IV. im 14. Jahrhundert als Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches erblühte. Hier wurde am 7. April 1348 die erste deutschsprachige Universität, die Karls-Universität, die Alma Mater Carolina gegründet. Bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts blieb sie des Reiches wichtigste Bildungsstätte. Studenten aus Böhmen studierten an ihr genauso wie solche aus Sachsen, Bayern, Polen oder anderen Teilen des östlichen Reichsgebiets. Nach dem Vorbild der Pariser Universität war die Hochschule in die vier klassischen Fakultäten, die Artisten-, die Juristen-, die theologische und die medizinische Fakultät unterteilt. Bei ihren Angehörigen unterschied man der Herkunft nach zwischen den vier „Nationes“ Böhmen, Polen, Baiern und Sachsen, wobei die erstgenannte am stärksten vertreten war.

Diese erste Blütezeit endete mit der Reformation, als sich in der Universität Gegner und Anhänger von Jan Hus gegenüberstanden, der an der Universität selber studiert hatte. Im Gegensatz zu den anderen „Nationes“ schlug sich die böhmische auf die Seite der Hussiten. Die Böhmen konnten bei ihrem König Wenzel IV. erreichen, daß dieser ihnen ebenso viele Stimmen gab wie allen drei anderen „Nationes“ zusammen. Ob dieser Zurücksetzung verließen viele Angehörige der anderen die Universität. Ein Teil ging nach Leipzig und gründete dort eine neue Hochschule.

1417 erklärte sich die Prager Universität offiziell zum hussitischen Glauben. Die Folge war eine zunehmende Isolierung der Hochschule im internationalen Wissenschaftsbetrieb. Als sich 1618 die protestantischen Stände gegen die Herrschaft der katholischen Habsburger auflehnten, schlug sich die Universität auf die Seite der Glaubensbrüder. Die Habsburger obsiegten, nahmen der Hochschule die Autonomie und übergaben sie den Jesuiten zur Rekatholisierung. Im Zeitalter der Aufklärung, in concreto 1773, wurde der Jesuitenorden aufgehoben und die Universität eine staatliche Einrichtung.

Im 19. Jahrhundert gab es abermals Streit, nur daß die Fronten nun weniger an den Grenzen der Glaubensgemeinschaften als an denen der Nationen verliefen. 1882 gab der Kaiser schließlich dem Drängen der Nationalisten nach und teilte die Prager Universität in eine tschechische und eine deutsche. Als die Tschechen infolge des Ausganges des Ersten Weltkrieges die Tschechoslowakei gründen konnten und in Prag an die Macht kamen, begann eine zunehmende Diskriminierung der deutschen Nachfolgeuniversität gegenüber der tschechischen. 1920 wurde die tschechische zur alleinigen Rechtsnachfolgerin der Karls-Universität erklärt und 1934 die deutsche zur Aushändigung der mittelalterlichen Universitätsinsignien verpflichtet. In der Zeit des Protektorates Böhmen und Mähren wurde die tschechische 1939 geschlossen und nach der Wiedererrichtung der Tschechoslowakei 1945 die deutsche aufgelöst.

Heute zählt die Karls-Universität über 40000 Studenten. In den 17 Fakultäten können derzeit 270 verschiedene Studienabschlüsse erworben werden. Die Regelstudienzeit beträgt mindestens fünf Jahre. Der Lehrbetrieb erfolgt in der Regel in Tschechisch, zunehmend in Englisch und gelegentlich in Deutsch.


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