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18.08.07 / Angst vor Ausgrenzung / Die deutsche Minderheit in Schlesien meidet zu Kontakt zum Deutschtum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-07 vom 18. August 2007

Angst vor Ausgrenzung
Die deutsche Minderheit in Schlesien meidet zu Kontakt zum Deutschtum
von Joachim Görlich

In einem Vertriebenenmagazin kritisiert die Autorin einen Literaturwettbewerb für den Nachwuchs der deutschen Minderheit in Polen. So wurden die Gewinner mit Werken polnischer Literaten, wie Eliza Orzeszkowe, Adam Mickiewicz sowie Henryk Sienkiewicz (der den antideutschen Schinken „Die Kreuzritter“ über die Deutschordensritter geschrieben hat) ausgezeichnet. „Warum wurde die Jugend nicht mit Werken ostdeutscher Schriftsteller – mit Eichendorff an der Spitze – prämiert“, fragte sie die Minderheitsfunktionäre.

Die Autorin wollte damit auf die Krise der deutschen Minderheit hinweisen, die oft eine selbstgemachte, bedingt durch Gleichgültigkeit, ist. Das ganze fand in Oberschlesien statt, wo die deutsche Minderheit zahlenmäßig noch am stärksten vertreten ist, wo es aber am meisten kriselt.

Die Problematik begann eigentlich mit der „Solidarnosc-Ära“. Damals verließ der Rest jener Minderheitsschicht, die noch sehr fest im Deutschtum verwurzelt war, die Heimat. Frei nach dem Motto: „Ins Exil gehen meist die Fähigsten.“

In die Führungsschicht der Deutschen in Polen schlichen sich dann Kräfte ein, die einst der rotpolnischen Provinznomenklatur angehörten.

Schon damals schaute die Bonner Regierung tatenlos zu, wie sich in deutschsprachigen Medien in Polen Menschen einschlichen, die aus rotpolnischen Journalistenkaderschmieden kamen, statt diese mit deutschen Spätaussiedlern zu besetzen.

Es bildeten sich Seilschaften und Koalitionen zwischen polnischen Postkommunisten und Minderheitsvertretern. Bald merkte man, daß allmählich die Pflege der deutschen Sprache unter den Jungen nachließ. Sogar in den Familien führender deutscher Funktionäre wurde daheim polnisch gesprochen. Was früher in deutschen Familien nicht vorkam und nichts mit Nationalismus zu tun hatte.

Der Verfasser erlebte persönlich, daß, als eines seiner Chorlieder in der alten Heimat aufgeführt werden sollte, der von Deutschen getragene heimatliche Chor sich dazu außerstande sah. Ein polnischer Chor kam aus einem 40 Kilometer entfernten Gymnasium und sprang in deutscher Sprache ein.

Der Verfasser erlebte fast ein zweites Fiasko in der Heimat: Bei der Nominierung zum Ehrenbürger enthielten sich die deutschen Funktionäre, mit Ausnahme des deutschen Bürgermeisters, der Stimme. Mit Hilfe der polnischen Lokalzeitung und des Museums kam er durch. Man hatte erfahren, daß der Autor sich in der PAZ und in der „Braunschweiger Zeitung“ kritisch mit der rotpolnischen Vergangenheit einiger Minderheitsfunktionäre auseinandergesetzt hatte.

Die Führung der Deutschen in Polen schaute nahezu tatenlos zu, wenn polnische Kräfte der alten Nomenklatur weiterhin Geschichtsklitterung begingen, die deutsche Kulturvergangenheit negierten, während sich bereits polnische Menschen in Niederschlesien offen dazu bekannten. Vertriebene deutsche Künstler wurden nur selten eingeladen. Freilich konnte man an Eichendorff als großen deutschen Romantiker nicht vorbeigehen. Aber wer erwähnt noch Hans Lipinsky-Gottersdorf mit seinen „Prosna Preußen“? In Ostpreußen übernahmen die Russen die Erinnerung an große Deutsche wie Ernst Wiechert und ähnliche.

Nicht nur der Autor machte als Aussiedler die Erfahrung, daß er in letzter Zeit nahezu alle Vorträge und Konzerte in der Heimat nicht den Landsleuten von der Minderheit, sondern polnischen Menschen und Einrichtungen zu verdanken hat.

Die Misere wurde vertieft durch die Berliner rot-grüne Koalition, die deutsche Schlüsselpositionen, auch innerhalb der Polendeutschen, mit Genossen und ihr Zugetanenen besetzte. Und das ist trotz Großer Koalition so geblieben. Die Devise lautet: Bloß nicht den Polen auf die Zehen treten. Augen schließen und stets nachgeben.

So sitzen an den deutschen Schaltstellen in Polen, egal ob in den diplomatischen Vertretungen oder anderswo, Leute mit linken Parteiausweisen, die keine Geschichts- und Kulturkenntnisse haben oder haben wollen, und denen das Schicksal der deutschen Minderheit sozusagen schnuppe ist. Und in diesem Sinne gab es unlängst in einem oberschlesischen Magazin harsche Kritik am deutschen Vizekonsul in Oppeln, der Förderungsmittel für eine deutsche Gruppe nicht gegeben sah, die dort auf den Spuren der Familie der Freiherren von Eichendorff reiste.


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