18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
18.08.07 / Er war der Mann des guten Stils / Vor 50 Jahren starb Ludwig Reiners

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-07 vom 18. August 2007

Er war der Mann des guten Stils
Vor 50 Jahren starb Ludwig Reiners
von Hans Lody

Der Verfasser gibt jedem Leser das Seine“, urteilte Eugen Roth über ein Buch, das noch heute in die Hand eines jeden „Schreiberlings“ gehörte. Ludwig Reiners’ 1943 erschienene „Stilkunst – Ein Lehrbuch deutscher Prosa“ wird nach wie vor als der Leuchtturm in Fragen des Ausdrucks angesehen. Der Anfänger empfinde hier, so Roth, „eine erste staunende Ahnung, was Deutsch ist und sein kann, dem Fortgeschrittenen“ gebe es „den sicheren, an Beispielen lebendigster Anschauung genährten Blick, dem Meisterschüler aber ein Fülle von Köstlichkeiten ... Der Reichtum an Wissen ist so überraschend wie der überlegene Witz seines Vortrages … Es ist eine fröhliche Wissenschaft ...“, schwärmte Roth.

Ludwig Reiners Wiege stand im schlesischen Ratibor, wo er am 21. Januar 1896 das Licht der Welt erblickte. Nach dem Erreichen der Hochschulreife machte er als Frontsoldat den Ersten Weltkrieg vom ersten bis zum letzten Tag mit. Dieses Erlebnis prägte ihn so sehr, daß er sich später damit literarisch auseinandersetzte. Nach dem Krieg studierte Reiners Jura und Volkswirtschaft, schlug dann eine kaufmännische Laufbahn ein und brachte es schließlich bis zum Assistenten der Direktion eines Großunternehmens. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte er seine berufliche Karriere fortsetzen und leitete schließlich eine Textilfabrik.  Tatsächlich blieb er in erster Linie Unternehmer und Manager – die Schriftstellerei blieb sein Freizeitvergnügen. Die große Weltwirtschaftskrise ließ Reiners 1930 erstmalig zur Feder greifen. „Die wirkliche Wirtschaft“ war eine Einführung in die Volkswirtschaftslehre. Auch später blieb er wirtschaftlichen Themen treu, obwohl seine Werke zu historischen Fragen („Friedrich – Eine Biographie Friedrichs des Großen“, „In Europa gehen die Lichter aus – Der Untergang des wilhelminischen Reiches“, „Bismarcks Aufstieg“ und „Bismarck gründet das Reich“) und seine Gedichtsammlung „Der ewige Brunnen“ vor allem bekannt wurden. In seinen Bismarckbüchern vermeidet er jegliches Klischee. Reiners beherrscht nicht nur die Bismarck-Literatur im allgemeinen, er kennt besonders die Quellen und weiß sie zu nutzen.  Man darf ihm bestätigen, daß er nicht mit lehrhaft erhobenem Zeigefinger doziert, sondern nüchtern feststellt, so war es. Nur ein Jahr vor seinem Tod am 10. August 1957 erschien „Die Sache mit der Wirtschaft“. Dort werden in Form eines Briefwechsels zwischen einem Unternehmer und seinem Sohn die wirtschaftlichen Fachbegriffe in einfacher und verständlicher Sprache unter Vermeidung des berüchtigten Fachchinesisch erklärt. Wenn man das Büchlein heute nochmals zur Hand nimmt, erstaunt die Weitsicht des Autors. Als deutscher Patriot hatte er sich schon damals über die Wiedervereinigung und deren wirtschaftliche Folgen Gedanken gemacht. Nüchtern sind Chancen und Risiken skizziert und Möglichkeiten des Handelns aufgezeigt.

Das Buch Ludwig Reiners’ mit der wahrscheinlich weitesten Verbreitung dürfte der „Ewige Brunnen“ sein, der fünf Jahrzehnte lang unverändert neu aufgelegt wurde. Anläßlich des 50-Jahr-Jubiläums hat Albert von Schirnding das Werk nun überarbeitet und erweitert. Ob die Aufnahme von Nelly Sachs, Wolf Biermann, Ingeborg Bachmann sowie einer Anzahl weitgehend unbekannter Dichter mit ihren Werken tatsächlich ein Gewinn für die Gedichtsammlung bedeutet oder nicht, mag jeder für sich selbst beurteilen.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren