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18.08.07 / Immer Ärger mit den Müllern / Friedrich der Große und drei Mühlen-Geschichten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-07 vom 18. August 2007

Immer Ärger mit den Müllern
Friedrich der Große und drei Mühlen-Geschichten
von Karel Chemnitz

Der Justizskandal um die Krebsmühle in Züllichau ist völlig in Vergessenheit geraten. Dabei hatte der Fall im Dezember 1779 in ganz Preußen für Aufregung gesorgt. Ausgangspunkt war das kleine – heute polnische – Dörfchen Pommerzig nur wenige Kilometer vom neumärkischen Züllichau entfernt. Dort hatte ein Christian Arnold die Krebsmühle in Pacht. Mancher Taler floß in Arnolds Tasche. Bis sich ein neuer Nachbar niederließ – der Landrat von Gersdorff. Der adlige Verwaltungsbeamte leitete das Krebsbach-Wasser in seine Karpfenteiche, so daß sich die Mühlräder seltener drehen konnten. Kompromisse lehnte Arnold ab. Er versuchte, Landrat gegen Grundherrn auszuspielen. Grundherr war Graf Schmettau. Ihm verweigerte Arnold die Pacht. Sollte sich doch der Graf vom Landrat sein Geld holen! Doch Schmettau prozessierte gegen den Krebsmüller. 1778 verurteilte das Landgericht Küstrin Arnold zur Begleichung der Schulden. Die Mühle mußte versteigert werden. Mit dieser Entscheidung fand sich der Müller nicht ab. Eine Petition gelangte auch an Friedrich den Großen. Der im Alter mißtrauisch gewordene Monarch übergab die Sache dem Berliner Kammergericht und das sprach den Müller erneut für schuldig. Da unternahm Friedrich etwas für ihn Ungewöhnliches – er griff in den Arbeit der unabhängigen Justizorgane ein. Der König vermutete eine Intrige des Adels gegen einen braven Untertan. Ein Jahr Festung Spandau gab es für die drei beteiligten Richter. Dazu die Ablösung des Justiz-Ministers. Und dann diktierte Majestät noch ein geharnischtes Rundschreiben: „... ein Justiz-Collegium, das Ungerechtigkeiten ausübet, ist gefährlicher und schlimmer als eine Diebesbande, vor der kann man sich schützen; aber vor Schelmen, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre Passiones auszuüben, vor denen kann sich kein Mensch hüten ...“ Der Müller erhielt seine Mühle zurück, wurde großzügig entschädigt. Irgendwann muß dem Alten Fritz doch zu Ohren gekommen sein, daß der „verfluchte Kerl, der Arnold“ alles andere als ein Unschuldslamm war. Die drei Spandauer Gefangenen wurden vorzeitig aus der Haft entlassen.

Weitaus bekannter als der Krebsmüller ist der  Müller von Sanssouci. Zur Erinnerung: Den Alten Fritz soll in seinen Potsdamer Musenstunden das Klappern der Mühlenflügel gestört haben. Das lärmende Ungetüm mußte also weg! Auf ein Kaufangebot ging der Müller nicht ein. Worauf Fritz ihm klarmachte; als König habe er die Macht, ihn enteignen zu lassen – ohne einen einzigen Taler Entschädigung. „Ja, Majestät“, antwortete der selbstbewußte Müller, „wenn das Kammergericht in Berlin nicht wäre.“ So ließ Friedrich die Mühle stehen. Das Lob auf das von ihm ins Leben gerufene Rechtssystem  schmeichelte mehr als das Klappern störte. Die Anekdote ist erfunden. Die erste „Mühle von Sanssouci“ entstand schon 1736. Als Friedrich später Schloß und Park anlegen ließ, verschlechterten sich die Windverhältnisse. Der Müller wollte die Anlage abreißen, doch Friedrich fand das Gebäude romantisch. Auf königliche Kosten wurde eine Mauer errichtet, so daß sich die Flügel besser drehen konnten. Es gibt eine zweite Variante. Danach soll sich alles am 2. August 1745 zugetragen haben. Und dem Müller werden die Worte in den Mund gelegt: „Majestät verzeihen, die Mühle ist mir wert und laut Urkunde Erbstück meiner Vorfahren; auch ginge es wohl, wenn wir in Berlin kein Kammergericht hätten.“ Allein schon das Datum hält einer Prüfung nicht stand. Es fällt in die Zeit zwischen den Schlachten von Hohenfriedberg und von Soor. Da befand sich Fritz nachweisbar auf den Schauplätzen der Schlesischen Kriege.

„Rechts weg von Gerswalde“ in der Uckermark soll eine weitere Mühle gestanden haben. Und dieser Müller soll Friedrich II. „hinters Licht geführt“ haben. Vielleicht geschehen in der Wassermühle Fergitz, heute ein Haufen morscher Balken? Oder in Gerswalde selbst? In Frage käme auch die Klostermühle in Boitzenburg. Jedenfalls soll dem Monarchen auf einer Inspektionsfahrt ein Schild an einer Mühle aufgefallen sein. Darauf war zu lesen: „Ich lebe ohne Sorgen.“ Das gibt es doch nicht, meinte der König. Offenbar dachte er an sein Schloß „Ohne Sorgen“, an Schloß “Sanssouci“. Trotz allen Luxus‘ konnte der Große Friedrich nicht einmal dort seine Sorgen völlig abstreifen. Zur Rede gestellt, blieb der Müller dabei: Sorgen kenne er nicht! Der König zeigte sich erbost über den starrsinnigen Untertanen. Wenn er sich so klug dünke, könne er gewiß drei Fragen beantworten: Wie hoch ist der Himmel? Wie tief das Meer? Und woran denke er, der König, gerade? Er ließ er dem armen Mann ein paar Stunden Zeit. Völlig überfordert wandte sich dieser an den Schäfer des Dorfes. In Friedrichs Abwesenheit zog der die Kleider des Müllers an. Und als der Alte Fritz zurück kam, antwortete er statt des Müllers auf die königlichen Fragen. Eine Tagesreise hoch sei der Himmel. Man müsse einen Tag gehen, weil es unterwegs keinen Krug zum Einkehren gäbe. Und die Tiefe des Meeres betrage einen Steinwurf tief. Auch diese Antwort ließ der König gelten. „Und was denke ich?“ „Sie denken, ich bin der Müller, aber ich bin bloß der Schäfer in dem Müller seinen Kleidern.“ Friedrich der Große soll lachend den schlauen Schäfer einen „Sackermenter“ genannt haben und war stolz auf seine Untertanen.

Foto: Nicht immer ein entspanntes Verhältnis: Friedrich II. und die Müller


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