20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.08.07 / Als Ägypten englisch war / Mit der Landung britischer Truppen in Port Said begann vor 125 Jahren die Besetzung des Landes durch die Engländer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-07 vom 25. August 2007

Als Ägypten englisch war
Mit der Landung britischer Truppen in Port Said begann vor 125 Jahren die Besetzung des Landes durch die Engländer
von Manuel Ruoff

Napoleon Bonaparte wurde zum Geburtshelfer des modernen Ägyptens. Zum einen, weil er 1798 nach Ägypten kam, faktisch die osmanische Fremdherrschaft beendete und wie in viele andere von ihm eroberte Länder auch in dieses die modernen Gedanken der Französischen Revolution exportierte, denn der Franzose war eben nicht nur „Totengräber“ der Revolution, sondern auch „Exporteur“ ihrer Errungenschaften. Zum anderen, weil er eher nolens denn volens dieses afrikanische Land schon drei Jahre später wieder räumte und damit ein Machtvakuum hinterließ, das Mohammed Ali füllte. Durch Mohammed Ali erhielt Ägypten eine eigene Dynastie, die sich durch eine starke Affinität zur Modernität auszeichnete. Die von ihnen eingeleitete Modernisierung brachte Ägypten zwar voran, war jedoch auch kostspielig und führte zu einer starken Verschuldung im Ausland. Das gilt insbesondere für den Bau des Suezkanals. Die finanzkräftigen und an der Verbindung nach Indien interessierten Briten nutzten die finanzielle Zwangslage der Ägypter, um sich 1875 in den Besitz von deren Anteil an der Kanalgesellschaft zu bringen. Zudem bekam Ägypten eine von den Gläubigerstaaten Großbritannien und Frankreich besetzte Staatsschuldenverwaltung.

Ebenso mußte Mohammed Alis Nachfolger britische und französische Minister in seinem Kabinett dulden. Hiergegen regte sich in Ägypten Widerstand, denn mit der Modernität hatte in dem arabischen Land auch der Nationalismus Einzug gehalten. „Ägypten den Ägyptern“, lautete die Parole. 1881 brach in Kairo ein Militäraufstand gegen den Einfluß von Briten und Franzosen aus. In Alexandria kosteten die Unruhen vielen Engländern das Leben. Ob diese Übergriffe für die Briten der wahre Grund oder nur willkommener Anlaß zur Intervention waren, ist ähnlich wie bei vergleichbaren heutigen Interventionen der Angelsachsen umstritten. Jedenfalls bombardierten die Briten mit ihren Schiffen am 11. Juli 1882 Alexandria, um eineinhalb Monate später, am 29. August, mit 20000 Mann an den angeblich unverletzlichen Ufern des Suezkanals zu landen. Die Gegenwehr der ägyptischen Armee wurde zwei Wochen später in der Schlacht bei Tell el-Kebir gebrochen. „Zum Schutze der Europäer“ und angeblich nur kurzfristig, um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen, waren die Briten gekommen, aber sie setzten sich fest und blieben Jahrzehnte. Neuer starker Mann Ägyptens wurde der britische Generalkonsul. Formal blieb das Land bis auf weiteres unter osmanischer Oberhoheit.

Das änderte sich erst im Ersten Weltkrieg, als das Empire und das Osmanische Reich zu Kriegsgegnern wurden. Nun wurden die formalen den realen Verhältnissen angepaßt. Am 19. Dezember 1914 wurde Ägypten britisches Protektorat. Als der US-Präsident Woodrow Wilson vom Selbstbestimmungsrecht der Völker sprach, witterten Ägyptens Patrioten Morgenluft. Immerhin gehörte Ägypten nach dem Ersten Weltkrieg zu den Siegermächten und hatte das seine zum Kriegsausgang beigetragen. So forderte Ägypten Anfang 1919 die völlige Unabhängigkeit und Vertretung auf der Pariser Friedenskonferenz. Großbritannien lehnte die Forderung rundheraus ab. Die Folge war die sogenannte Revolution von 1919, welche insoweit erfolgreich war, als die Briten 1922 einseitig die Unabhängigkeit Ägyptens erklärten. Damit war Ägypten (formal) unabhängig, aber noch nicht souverän. Britische Truppen blieben im Land und die ehemalige Protektoratsmacht behielt sich das Recht der Sicherung des Suezkanals, der Landesverteidigung und des Schutzes der ausländischen Interessen vor. Was die Unabhängigkeit im Zweifelsfall wert war, zeigte sehr deutlich der Zweite Weltkrieg, als der britische Botschafter am 4. Februar 1942 den Palast von Panzern umstellen ließ und den König zwang, gegen den Willen der Bevölkerung eine probritische Regierung einzusetzen. Die Mehrheit des ägyptischen Offizierskorps war seit diesem Coups antibritisch eingestellt. So waren es denn auch Freie Offiziere, die am 23. Juli 1952 gegen den britenfreundlichen König putschten und ihn aus dem Lande jagten. Am 18. Juni 1953 wurde die Republik proklamiert. Am 19. Oktober 1954 einigten sich Ägypten und Großbritannien auf den Abzug der britischen Truppen binnen 20 Monaten, zu dem es auch kam. Im Suezkrieg von 1956 versuchten die Briten zwar noch einmal im Bündnis mit den Franzosen und Israelis, einen Fuß in die Tür zu kriegen, aber der Versuch scheiterte.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren