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25.08.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-07 vom 25. August 2007

Licht an! / Wie ein 20-Millionen-Coup platzt, warum Chávez aus der Sonne muß, und wie Mügeln die Wall Street in den Schatten stellt
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Die Räuber kamen in der Nacht. Im Schutze ihrer verschwörerischen Dunkelheit fühlten sie sich sicher vor unseren Blicken und hatten große Taschen mitgebracht, in die genau 20 Millionen Euro hineinpassen. Alles war gut vorbereitet.

Dann ging plötzlich das Licht an, und alle starren voller Wut auf die ertappten Gesellen, denen die klebrigen Hände feucht geworden sind vor Schreck über die jähe Öffentlichkeit ihres düsteren Plans. Jetzt ist guter Rat teuer! Wie erklärt man der entrüsteten Volksmasse die Taschen und den Zug durch die Finsternis „vertraulicher“ Notizen? Die Verlautbarungen der aufgeflogenen Parteikassenwarte über ihren verpetzten 20-Millionen-Coup sind mehr als dürftig: Es sei alles ganz anders als es scheint, geloben uns die Schatzmeister von Union und SPD mit gekreuzten Langfingern auf dem Rücken.

Die kleinen Parteien waren klüger und hielten von Anfang an Distanz zu Schwarzen und Roten, als es um die Erhöhung der staatlichen Zuschüsse ging. Vielleicht waren sie aber auch bloß nicht eingeweiht. Unwissen schützt halt doch manchmal vor Strafe. Selten haben sich Grüne und Co. mit solcher Begeisterung empört, konnten sie so wunderbar Volkes Stimme anstimmen. Hätten Union und SPD den Raubzug, den sie, wie es jetzt heißt, nie vorhatten, erfolgreich durchgezogen, wären Grüne, Gelbe und Knallrote ja ohnehin mit am Büffet gewesen, eine todsichere Sache.

Schuld an dem Fiasko ist angeblich die designierte neue SPD-Kassenwartin Barbara Hendriks, die im Oktober ihr Amt von Inge Wettig-Danielmeier übernehmen soll. In ergreifender Offenheit hatte Frau Hendriks erklärt: „Wenn die Bürger sich entscheiden, sich nicht als Mitglieder in Parteien zu engagieren, wird dies zumindest zum Teil durch öffentliche Mittel auszugleichen sein.“ Mit anderen Worten: Wenn die Deutschen nicht freiwillig Parteibeiträge zahlen wollen, dann zwingen wir sie eben dazu.

Das hat etwas von kostenpflichtiger Verwarnung: Da sie nicht in ausreichender Zahl zum Plakatekleben und Parteitagsjubeln angetreten sind, werden die säumigen Bürger zur Kasse gebeten.

Die Frage, wem dieser Staat nach Auffassung der großen Parteiapparate wirklich gehört, dürfte mit dem Vorfall beantwortet sein. „Alle Macht geht vom Volke aus“, hieß es einst. Damit war es in der Praxis immer so eine Sache, auch in den Demokratien. Aber daß dem Volk die Macht gänzlich ausgegangen ist, statt von ihm auszugehen, stimmt glücklicherweise auch nicht. Ein bißchen Angst haben sie schon noch vor uns, weshalb der 20-Millionen-Vorstoß in einem verdrucksten Stimmengewirr blamierter Funktionäre – vorerst – versandet ist.

Über solche Verschämtheiten kann Genosse Chávez nur herzlich lachen. Der venezolanische Castro-Wiedergänger im Präsidentenamt baut sein Land planmäßig zur Samba-DDR um, wobei ihm zugute kommt, daß er jede Menge Öl unterm Hintern hat und nicht nur diese bröselige Braunkohle wie die andere DDR. Hugo Chávez kann aus dem Vollen schöpfen und läßt sich alle paar Monate etwas neues einfallen. Die Verfassung ändert er, um seine ewige Wiederwahl zu ermöglichen, die Opposition ist so gut wie zertrampelt.

Mit ihm, so der einstige Militärputschist, breche eine neue Zeit an, und das meint er ganz wörtlich: Ab 1. Januar stellt Venezuela die Uhren um eine halbe Stunde vor und ist dann statt fünf nur noch viereinhalb Stunden von der Berliner Zeit entfernt. Chávez meint, das sei besser für die Menschen. Das sagt er immer, wenn er eine neue Idee ins Fenster stellt. Kritiker sehen das in der Regel anders. Doch in diesem Falle mag er sogar recht haben mit seiner Begründung. Die Venezolaner würden von der Helligkeit profitieren, weil „das menschliche Gehirn durch das Sonnenlicht beeinflußt wird“, so der sozialistische Staatschef. Davon haben wir auch schon gehört. Aber statt an der Uhr zu drehen, sollte Chávez doch lieber des öfteren einen Hut tragen. Dann setzt die Äquatorsonne seinem Hirn vielleicht nicht mehr dermaßen zu.

Die Wirtschaft des südamerikanischen Landes geht jedenfalls so langsam, aber sicher den Bach runter, was die meisten seiner Bürger nur wegen der Ölmilliarden noch nicht richtig spüren. Mit den Petrodollars im Portemonnaie lassen einen sogar globale Finanzkrisen wie die derzeitige ziemlich kalt.

Deutschland hat leider kein Öl, weshalb uns die Börsenmisere echte Sorgen macht. Erst wurden wir ja eingelullt, das sei alles beherrschbar mit dem Hypothekensterben in den USA und könne unseren „robusten Aufschwung“ nicht kratzen. Die Schalmeien sind noch nicht verklungen, da werden sie schon vom Rattern der niedersausende Konjunkturerwartungen übertönt. Die ersten Institute setzen dieser Tage ihre Kennziffern deutlich herunter.

Als wenn das nicht genug wäre, kam zu den schlimmen Daten von den Weltbörsen in New York, Schanghai, Tokio oder London noch ein weiterer und, glaubt man Wolfgang Thierse, weit bedrohlicherer Tiefschlag hinzu, eine, wie er sagt, „ernste Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland“: Mügeln. Mügeln? Ja, wir haben richtig gehört. Die Milliardenverluste an den Weltkapitalmärkten konnten der größten Volkswirtschaft Europas nichts anhaben, da war sich die Politik sicher. Aber was sind  schon weltweite Bankenpleiten und Fondszusammenbrüche gegen eine westsächsische Festzeltprügelei?

Wir können uns bildlich vorstellen, wie die neuesten Meldungen aus dem Landkreis Torgau-Oschatz über die Laufbänder am New Yorker Times Square rasen, wie sie den Dax in die Knie zwingen und der deutschen Exportindustrie das Rückgrat brechen. Wolfgang Thierse hat ein Gespür für die wirklich großen Maßstäbe.

Was soll das heißen, Mügeln sei gar nicht groß? Na und? Da kann man doch was machen! In solchen Dingen sind wir Routiniers: Was in anderen Ländern als unappetitliche Kurzmeldung in Lokalzeitungen vertrocknet wäre, blasen deutsche Politiker und Medien solange auf, bis man den Ballon selbst auf den Atollen des Südpazifik sehen kann. Und da es für viele dort das einzige ist, was sie je von Deutschland zu sehen kriegen, gerät die erhoffte Rufschädigung zum Selbstläufer.

Wenn die Leute draußen in der Welt eben nicht von selber merken, daß Deutschland ein Rassisten-Dreckloch ist, dann bleibt es unsere Pflicht, ihnen dies mitzuteilen. Ob bei dem jeweiligen Aufhänger der Skandalmeldung schon geklärt ist, ob überhaupt echter Rassismus oder bloß vulgäre Gewalttätigkeit und die Lust am Klopfen verbotener Sprüche am Werk waren, ist unwichtig. In die ausländische Presse gelangt sowieso nur der Anfangsverdacht, spätere Ermittlungsergebisse interessieren da niemanden mehr.

Gute Propaganda lebt nicht von Genauigkeit oder Wahrheit, sondern von der emsigen Wiederholung des Immergleichen. Daher sind wir zuversichtlich, daß das jetzt gemalte Bild von Mügeln, den „Ossis“ oder den Deutschen überhaupt unbeschadet aller weiteren Ermittlungs-Ergebnisse um die Welt geht.

Anschließend werden wir feststellen, daß Deutschland ein schlechtes Image hat. Dann müssen Spezialisten in die Welt gesandt werden, um „aufzuklären“ und das Bild „gerade zu rücken“. Das wäre doch eine prima Aufgabe für unsere – längst international agierenden – Parteistiftungen! Die benötigen dafür natürlich öffentliche Mittel. Doch da gibt es weniger Ärger, denn Parteienfinanzierung über die Stiftungen ist  allemal Öffentlichkeits-verträglicher als direkte Zuschüsse an die Parteien, landet aber letztlich im selben Gehege. Man muß halt Phantasie haben. Und auch die Medien profitieren: Sie können auflagenfördernd klagen, daß das Deutschlandbild draußen vom „Bild brauner Schläger“ geprägt sei, von dem Bild also, das sie selbst zuvor gemalt haben.

Endlich wird uns klar, was das Wort „Wirtschafts-Kreislauf“ wirklich bedeutet.


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