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01.09.07 / Ohne politischen Hintergedanken? / Wilhelm-Pieck-Straße in Zechin – Märkisches Dorf ehrt den DDR-Präsidenten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-07 vom 01. September 2007

Ohne politischen Hintergedanken?
Wilhelm-Pieck-Straße in Zechin – Märkisches Dorf ehrt den DDR-Präsidenten
von Jörg B. Bilke

Die Gemeinde Zechin im Märkischen Oderland, nördlich von Frankfurt / Oder gelegen, ist hierzulande völlig unbekannt. Der 776 Einwohner zählende und vom parteilosen Bürgermeister Roberto Thiele regierte brandenburgische Ort hat keinerlei Sehenswürdigkeiten aufzuweisen bis auf eine: das Wohnhaus, in dem bis 1990 die Gedenkstätte für Wilhelm Pieck eingerichtet war.

In dieser Gedenkstätte, vielmehr in der dort vor mehr als einem Jahrhundert untergebrachten Tischlerei, soll der Tischlergeselle Wilhelm Pieck (1876–1960) aus Guben („Vater Kutscher, Mutter Wäscherin“) als Wanderbursche 1894, wie damals üblich, einige Wochen gearbeitet haben.

Später ging er nach Bremen, wurde dort 1895 SPD-Mitglied.  1918 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der KPD in Berlin. Als „enger Kampfgenosse“ Walter Ulbrichts (1893–1973) und Herbert Wehners (1906–1990) machte er als Stalinist eine steile Parteikarriere in der Exil-KPD in Moskau, kehrte 1945 nach Berlin zurück und war führend beteiligt an der Zwangsvereinigung von SPD und KPD Ostern 1946.

Am 11. Oktober 1949 wurde er zum DDR-Präsidenten gewählt, die Stadt Guben, in deren heute jenseits der Neiße gelegener Altstadt (Gubin) er geboren wurde, durfte sich von 1961 bis 1990 „Wilhelm-Pieck-Stadt“ nennen. Die 1966 von der Tochter Wilhelm Piecks in Zechin eingerichtete Gedenkstätte gibt es seit 17 Jahren nicht mehr.

Am 22. August nun wurde die Hauptstraße in Zechin in „Wilhelm-Pieck-Straße“ umbenannt. Während überall in den neuen Bundesländern nach 1989 zumindest versucht wurde, die Namen von Vertretern der DDR-Diktatur von den Straßenschildern zu entfernen, ist diese Neubenennung ein Schlag ins Gesicht der ehemaligen DDR-Opfer, die jahrelang unterdrückt, verfolgt und eingesperrt wurden. Wenn der Bürgermeister diese Namensgebung so begründet, daß sich der Gemeinderat „keine tiefgründigen politischen Gedanken“ gemacht habe und Wilhelm Pieck immerhin versucht habe, „etwas zu machen, was die Menschen weiterbringt“, so ist diese in holprigem Deutsch vorgetragene Erklärung plattes Geschwätz. Die SED-Kommunisten wollten niemals in der 40jährigen DDR-Geschichte „die Menschen weiterbringen“, sondern beherrschen, unterdrücken, ausbeuten, die Macht sichern bis zur Ermordung Hunderter von Fluchtwilligen, die es in jenem Staat nicht mehr aushielten.

Müssen wir jetzt mit einer Walter-Ulbricht-Straße in Leipzig und einer Erich-Mielke-Straße in Berlin rechnen, der eine Mauerbauer, der andere Doppelmörder von 1931, die beide „die Menschen“ auf ihre Weise „weitergebracht haben“? Die DDR-Nostalgie läßt seltsame Blüten sprießen!


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