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01.09.07 / Döner-Buden statt Einsteins / In Sachen Zuwanderung ist die Große Koalition mal wieder zu kurz gesprungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-07 vom 01. September 2007

Döner-Buden statt Einsteins
In Sachen Zuwanderung ist die Große Koalition mal wieder zu kurz gesprungen
von Ansgar Lange

Politik ist das beharrliche und ausdauernde Bohren dicker Bretter. Das wußte schon der Soziologe Max Weber, der von 1874 bis 1920 lebte. Manchmal fällt beim jahrelangen Bohren aber so viel Sägemehl ab, daß kaum noch jemand die Bretter erkennt. So ist es zum Beispiel bei den Themen Zuwanderung und Fachkräftemangel. Seit Jahren, beim Thema Einwanderung sogar schon seit Jahrzehnten, reden sich die Parteien die Köpfe hierüber heiß. Eine befriedigende Lösung wurde bisher nicht gefunden.

Jetzt hat die Bundesregierung mal wieder zum Sprung angesetzt. Ob er ein großer werden wird, daran sind Zweifel angebracht. Bei ihrer Kabinettsklausur in Meseberg beschloß Rot-Schwarz einige „Sofortmaßnahmen“, damit ab November dieses Jahres Maschinenbau-, Fahrzeugbau- und Elektroingenieure aus den osteuropäischen EU-Staaten eine Arbeit in Deutschland aufnehmen dürfen. Die Arbeitgeber müssen nun nicht erst prüfen, ob auch ein deutscher Ingenieur zur Verfügung stünde.

Erst vor kurzem hatte Bundespräsident Horst Köhler das sogenannte Zuwanderungsgesetz unterschrieben. Dieses Gesetz war noch vor der Sommerpause von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden. Es setzt elf EU-Richtlinien um und enthält unter anderem eine Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Ausländer, neue Regeln für den Ehegattennachzug, Integrationskurse und die Einbürgerung. Daß Migrantenverbände kritisieren, daß jetzt von nachziehenden Ehepartnern schon vor der Einreise Sprachkenntnisse gefordert werden, zeigt, wie wenig ernst sie ihr Anliegen nehmen, die Integration der Ausländer in Deutschland zu fördern. Angeblich stelle diese neue Regelung einen Verstoß gegen den Artikel sechs des Grundgesetzes dar, also den besonderen Schutz von Ehe und Familie. Man kann daraus nur folgern, daß es für die Integration zum Beispiel der Türken anscheinend am besten ist, wenn die nachreisende Ehefrau aus Anatolien keinen Brocken Deutsch versteht. Das hält auch die Familie am besten zusammen, weil die Frau dann an den eigenen Haushalt und die eigene Familie gebunden ist, da sie sich außerhalb dieses Kreises nicht verständigen kann. Doch Satire beiseite: Endlich scheinen unsere Politiker zu begreifen, daß Integration keine Einbahnstraße oder Bringschuld des deutschen Staates ist. Hier ist das gern bemühte Motto „Fördern und Fordern“ recht am Platze.

Doch der Zuzug bestimmter qualifizierter Ausländer soll in Zukunft bekanntlich auch erleichtert werden. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) erinnerte kürzlich daran, daß zunächst einmal die 3,8 Millionen deutschen Arbeitslosen erwarten, daß sie eine Stelle bekommen. Etwas heuchlerisch klingt auch das Wehklagen von Politik und Industrie, wir hätten zu wenig Fachkräfte. Kann es nicht sein, daß deutsche Unternehmen wegen kurzfristiger Profitmaximierung jahrelang versäumt haben, den eigenen Nachwuchs auszubilden? Man sieht es ja an den Fußball-Nationalmannschaften. Wer – wie die englischen Top-Klubs – in der eigenen Liga nur auf ausländische Spitzenkräfte setzt und die heimischen Jugendlichen nicht fördert, der erntet irgendwann diese Früchte. Dann spielt in einer Ligamannschaft nämlich kaum noch ein Einheimischer mit, und die Nationalmannschaft kickt auf kümmerlichem Niveau.

Wer hat zudem die Länder gezwungen, in den vergangenen zehn Jahren 356 Professoren-Stellen im Fachkräfte-Mangelfach Ingenieurwesen abzubauen? Dies entspreche einem Rückgang von 13,3 Prozent aller Professuren in dieser Disziplin, so der Deutsche Hochschulverband. Mathematik und Naturwissenschaften verloren 264 Professoren (minus 4,3 Prozent). 

Die Meseberger Lösung ist nicht der Weisheit letzter Schluß. So will Frau Schavan allenfalls die Einkommensgrenzen für die Zuwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten und aus Osteuropa von derzeit 85000 Euro im Jahr auf 40000 bis 60000 Euro senken.

Deutschland scheut noch immer den Weg Kanadas, den Zuzug von Ausländern unsentimental und arbeitsmarktbezogen über ein Punktesystem zu steuern. Einwanderung in die Sozialsysteme erscheint eben humaner als Einwanderung in den Arbeitsmarkt. Die Realität der Zuwanderung läßt sich daher auf folgende Formel bringen: Mehr Döner-Buden als ausländische Albert Einsteins.


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