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01.09.07 / Berechtigte Zweifel oder Hexenjagd? / Forderung nach Verbot von Scientology in Deutschland wird laut, doch es fehlen greifbare Argumente

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-07 vom 01. September 2007

Berechtigte Zweifel oder Hexenjagd?
Forderung nach Verbot von Scientology in Deutschland wird laut, doch es fehlen greifbare Argumente
von Rebecca Bellano

Von Verbot der Drehgenehmigungen an bestimmten Orten war die Rede, Politiker machten sich sogar Sorgen um den Ruf Deutschlands, allerdings ging es bei den Diskussionen um die Hollywood-Verfilmung des Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944 nicht um mögliche Verhunzungen des historischen Stoffs durch sensationslüsterne US-Filmstudios, sondern um die Scientology-Mitgliedschaft des Hauptdarstellers.

Tom Cruise, der bekannteste Scientologe weltweit, spielt den Stauffenberg, und trotz allen Protests ist der Film inzwischen abgedreht. Deutschlands Ruf blieb unbeschädigt, dafür hatten Klatschblätter und seriöse Tageszeitungen viel zu berichten. Auch Fotografen liebten es, Tom Cruise, seine Gattin Katie Holmes und Tochter Suri abzulichten. Dabei blickte die 28jährige junge Mutter keineswegs so unglücklich drein, wie es die vielen Klatschblätter immer vermelden. Nach denen soll Katie über ihren Mann in die Fänge der Scientology-Sekte geraten sein. Diese sei ja dafür bekannt, daß sie obskur sei. Von stiller Geburt war die Rede und „angeblich verlange die Scientology-Tradition direkt nach der Geburt die 24stündige Isolation des Babys, damit es seinen Geist frei entfalten kann. Mehrere Zeitungen berichteten, daß Holmes sich einer seelischen Reinigung unterziehen mußte, mit einem Gerät, das den Körper von negativen Schwingungen befreit“, meldete das Magazin „Stern“ schon vor über einem Jahr nach der Geburt der kleinen Suri, beendete aber den Artikel mit den Worten: „Was davon wahr ist, bleibt fraglich.“

Tatsächlich ist hier einiges fraglich, wenn es um Scientology geht. Fakt ist, daß der Ruf der Sekte, Kirche oder Glaubensgemeinschaft – die Bezeichnung ist abhängig vom jeweiligen Standpunkt – in Deutschland äußerst schlecht ist. Von Gehirnwäsche ist die Rede, von der finanziellen Ausbeutung der Mitglieder und Gruppenzwang. Sogar Verfassungsfeindlichkeit wird unterstellt.

Der Hamburger Innensenator forderte deswegen kürzlich gar das Verbot von Scientology. Angesichts des Presserummels zu dem Thema und der von Günther Beckstein, Bayerischer Staatsminister des Innern, geäußerten Sorge, daß sich junge Leute nach Verlassen des Kinos nach Tom-Cruise-Filmen in die Hände von Scientology begäben, hört sich die Forderung nach einem Verbot gut an. Doch ein Blick hinter die Fassade stimmt nachdenklich. Denn Nagel hat die Forderung im Rahmen der Veröffentlichung des „Schwarzbuch Scientology“ von Ursula Caberta, der Scientology-Beauftragten der Stadt Hamburg, die der Behörde für Inneres unterstellt ist, getätigt. Also Werbung für das Buch, das durch seine Behörde ermöglicht wurde? Zeitgleich sorgte der Fall von zwei jungen Leuten, die aus Berlin zu Frau Caberta nach Hamburg geflohen waren, weil die jüngere Schwester nicht auf das Scientology-Internat in Dänemark wollte, für Schlagzeilen. Doch wieso wandte sich Frau Caberta offenbar erst an die Presse anstatt an die Eltern in Berlin? Und was ist mit dem eigentlichen Scientology-Experten Christian Markert, auf den sich Ursula Caberta beruft? Dieser wurde gerade vom SWR als Hochstapler enttarnt. Caberta, die nach dem Austritt aus der SPD bei der WASG anheuerte, um dort enttäuscht wieder auszutreten, antwortet der PAZ: „Ihre Fragen lassen sich durch journalistische Internetrecherche beantworten.“ Persönliche Stellungnahme scheint zu anstrengend oder zu unangenehm zu sein. Die Scientology-Hamburg war bezüglich Frau Cabertas „Schwarzbuch“ gesprächsbereiter: „Ein Schwarzbuch ist gemäß Wikipedia ein Schmutzbuch, welches eine Sammlung von Negativbeispielen aus der Sicht des Autors darstellt, und wenn Sie sich das Buch durchlesen, ist es auch genau das. Es ist eine Verunglimpfung einer in den wesentlichen westlichen Ländern anerkannten Religionsgemeinschaft.“ Außerdem sei nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die Lehre des L. Ron Hubbard eine Religion im Sinne des Gesetzes, nämlich „eine mit der Person des Menschen verbundene Gewißheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft und zum Ziel des menschlichen Lebens“. Und der „Spiegel“ lästert: „Caberta hat das Thema groß gemacht und das Thema sie“, ohne greifbare Argumente bei ihr zu entdecken.

Und was ist Scientology nun? Während uns ständig am Straßenrand Zeugen Jehovas bei Wind und Wetter den „Wachtturm“ anbieten, der Islam durch Zwangsehen, Ehrenmorde, Selbstmordattentäter und ähnliches nicht gerade verfassungskonform auftritt, sind die als gefährlich deklarierten 6000 bis 30000 Scientologen in Deutschland kaum sichtbar. „Unsere Türen stehen Ihnen offen“, wird jedoch auf der Internetseite geworben, also besteht keine Angst vor Konfrontation. Dann ist die Rede von „Wegen zum Glücklichsein“ und natürlich dem 1986 verstorbenen Scientology-Gründer Ron Hubbard. Man merkt schnell, daß der Mann von Beruf Sciencefiction-Autor war. Alles mutet sehr spirituell an. Die geforderte Abschaffung der klassischen Psychiatrie ist ähnlich befremdend wie die Ablehnung von Bluttransfusionen bei den Zeugen Jehovas. Doch nur weil etwas fremd ist, ist es ja deswegen nicht gleich vernichtenswürdig.

Foto: Berühmtestes Scientology-Pärchen: Tom Cruise und Katie Holmes mit Tochter Suri in Berlin


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