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01.09.07 / Mord für die Familienehre / Deutsch-Türkin besucht Familie in Anatolien und erlebt Kulturschock

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-07 vom 01. September 2007

Mord für die Familienehre
Deutsch-Türkin besucht Familie in Anatolien und erlebt Kulturschock

Zeynep, Tochter türkischer Gastarbeiter, ist 32 Jahre und wieder bei ihren Eltern eingezogen. Antriebslos lungert die Journalistin bei ihren arbeitsamen Eltern herum und badet sich in Selbstmitleid, weil ihr Freund und Kollege Stefan sie nach dreieinhalb Jahren wegen einer anderen verlassen hat, worauf sie gekündigt hat und nun Trübsal bläst.

Dilek Güngör, die eine ähnliche Abstammung hat wie ihre Romanheldin Zeynep, erzählt in „Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter“, wie es dazu kommt, daß die Deutsch-Türkin plötzlich in das Dorf ihrer Eltern nach Anatolien fahren muß. Erst ist die junge Frau gar nicht begeistert, daß sie mit ins rückständige Anatolien muß, um ihre sterbende Oma zu pflegen, doch Stück für Stück beginnt sie, sich für die alte Frau, die sie acht Jahre zuvor das letzte Mal gesehen hat, zu interessieren.

Die Autorin beschreibt nachvollziehbar, wie Zeynep, welche die dörfliche Welt mit deutscher Überheblichkeit betrachtet, deswegen öfter mit ihrem Onkel Mehmet, einem türkischen Familientyrann, und sogar seiner Schwiegertochter Özlem, die das Arbeitstier der mit vier Generationen unter einem Dach lebenden Sippe ist, aneinandergerät.

Özlem, die ergeben die Launen der Männer im Haus erträgt, kann Zeyneps Ratschläge keineswegs gebrauchen, denn sie hat gar keine Möglichkeit, sich gegen die Männer im Haus zu wehren.

Und auch die Großmutter beutet Özlems Arbeitskraft aus, die nebenbei Hof, Haushalt und Kinder versorgt.

Das alles in einer Gesellschaft, in der nur jede zweite Familie ein Auto hat und die Gemeinschaftswaschmaschine noch ohne Schleudergang ist.

Der Journalistin Güngör gelingt es, die angespannte Atmosphäre in der Großfamilie zu schildern, die sich nur nicht entzündet, weil Zeyneps Vater sich voll und ganz seinem jüngeren Bruder unterordnet, was allerdings Zeyneps Mutter Fatma erzürnt.

Vor allem Zeyneps Großmutter ist für manche Überraschung gut. So erzählt die alte Dame in ihren letzten lichten Momenten von ihrer Jugend und sogar von ihren Sexerfahrungen, was Zeynep total irritiert.

Das größte Familiengeheimnis, das Mord und archaische Traditionen beinhaltet, erfährt die Deutsch-Türkin allerdings nicht von der Sterbenden, bringt aber ihr gesamtes Familienbild ins Wanken und läßt sie auch ihre Eltern in einem neuen Licht betrachten.       R. Bellano

Dilek Güngör: „Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter“, Piper Verlag, München 2007, geb., 206 Seiten, 16,90 Euro, Best.-Nr. 6325


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