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08.09.07 / Die Zockerin / Schottischer Offizier verführt Deutsche zum Spiel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-07 vom 08. September 2007

Die Zockerin
Schottischer Offizier verführt Deutsche zum Spiel

Das deutsche Mädchen Inga lernt 1948 in einem Lazarett der britischen Besatzungsmächte den aus Schottland stammenden Offizier Alec Hayden kennen.

Trotz seiner verschlossenen und häufig auch arroganten abweisenden Art fühlt sich das junge Mädchen, welches als Schreibkraft für die Briten arbeitet, um das Familieneinkommen aufzubessern, von seiner rätselhaften Aura wie magisch angezogen.

Wie die Motte zum Licht treibt es Inga immer wieder in die Nähe des Leutnants. Und auch als sie von seiner verhängnisvollen Spielsucht erfährt, fühlt sie sich von dem verbotenen, neuen Unbekannten mehr berauscht als abgestoßen.

„Inga stellte die Flaschen auf den Tisch, fragte sich, wer diese Männer waren. Militärs, vermutete sie, bis auf den mit der flüsternden Stimme. Keinen von ihnen hatte sie je im Lager gesehen. Wie waren sie an der Wache vorbeigekommen, wer fuhr den Wagen? Stühle wurden zum Tisch gerückt, die Männer setzten sich. Inga verteilte die Gläser, schraubte beide Flaschen auf, es waren Whiskey und Gin ... Was immer die geheime Ankunft bedeutete, hier wurden keine Schwarzmarktgeschäfte gemacht, keine Militärgeheimnisse ausgetauscht? Die Männer trafen sich an dem entlegenen Ort zum Kartenspiel.“

Fasziniert von den neuen Erfahrungen und gelangweilt von dem ewigen Einerlei im Elternhaus, stürzt Inga in einen Strudel neuer Erlebnisse und Eindrücke und setzt, gefangen im Banne der risikofreudigen neuen Bekannten, auf dem Anwesen der geheimnisumwitterten, schönen Generalin Kosigk sogar Hab und Gut ihrer Eltern aufs Spiel.

„... dabei zu sein reizte sie nur bei vollem Risiko. Mit einem Griff klappte sie ihre Tasche auf und ließ Geldbündel auf den Tisch gleiten. Die Stille dauerte einige Sekunden ... ,Das Ganze?‘ fragte die Kosigk. Inga mochte den mütterlichen Ausdruck nicht, mit dem die Witwe des Generals sie musterte. Statt einer Antwort teilte sie das Kartenpaket und ließ es mit den Daumen ineinander flirren ... Sie hatte gute und schlechte Blätter, nützte jedes zum Besten, forderte heraus, zog sich im rechten Moment zurück, nahm den Hasard der anderen an. Sie spielte rauschhaft, beherrschte die Karten, als habe sie ihr Lebtag nichts anderes getan.“

Die zahlreichen Geschehnisse lassen das junge Mädchen in der Zeit des britischen Camps schon bald zur Frau reifen.

Daran beteiligt sind jedoch nicht nur der charismatische Hayden und die mysteriöse Generalin, sondern auch der verheiratete Bekannte Henning, der immer wieder die Nähe Ingas und ihrer Familie sucht, sowie die charakterliche Schwäche ihres frühpensionierten Vaters und die körperliche Schwäche ihrer einst an Kinderlähmung erkrankten Mutter.

Voller Spannung verfolgt der Leser Ingas Wandlung von der folgsamen Tochter zur waghalsigen, entschlußkräftigen jungen Frau und beäugt immer wieder mißtrauisch den schmalen Grat, auf welchem Inga zeitweise wandelt.

Eine fesselnder Roman, der es schafft, auch ohne Liebesgeschichte oder Happy End zu überzeugen.   A. Ney

Michael Wallner: „Zwischen den Gezeiten“, Luchterhand Verlag, München 2007, geb., 254 Seiten, 19,95 Euro, Best.-Nr. 6334


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