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15.09.07 / Ballermann am Kurischen Haff? / Die Nehrung soll bis 2010 zum Tourismusmagneten ausgebaut werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-07 vom 15. September 2007

Ballermann am Kurischen Haff?
Die Nehrung soll bis 2010 zum Tourismusmagneten ausgebaut werden
von Jurij Tschernyschew

Anfang dieses Jahres gewann der Nationalpark „Kurische Nehrung“ einen Wettbewerb und erhielt den Status einer „Besonderen Wirtschaftszone für Tourismus und Erholung“. Im Januar 2007 hatte die Russische Regierung beschlossen, derartige Zonen einzurichten. Bis Ende September soll die bundesdeutsch-österreichische Beraterfirma „Roland Berger Strategy Consultants“, die sich auf die Planung und Durchführung neuer Konzepte spezialisiert hat, der „Föderalen Agentur für die Verwaltung der Besonderen Wirtschaftszonen“ ein Konzept für die Entwicklung aller Zonen, darunter auch der Kurischen Nehrung, unterbreiten. Ein Firmenmitarbeiter war bereits in der Gebietshauptstadt.

Zur Zeit werden auf der Kurischen Nehrung Grundstücke gesucht, auf denen Hotels entstehen könnten. Zwei Schwerpunkte kristallisieren sich dabei heraus, einer in der Nähe von Pillkoppen und einer im Umfeld von Rossitten. Jedoch wurde schon jetzt die Entscheidung getroffen, die Mehrheit der Hotels um Pillkoppen herum anzusiedeln. Der Plan sieht vor, 60 Mini-Hotels und elf Hotels unterschiedlicher Kategorien mit bis zu 4500 Betten zu errichten (bislang gibt es nur 500 Betten), ebenso viele gibt es auf der litauischen Seite der Kurischen Nehrung.

Im Gebietsministerium für Industrie und Tourismus wurde bereits ein Grundsatzpapier zu den technischen und wirtschaftlichen Aspekten der Gründung der Touristenzone erarbeitet. Der Bau eines Yachthafens in Rossitten ist dabei ebenso vorgesehen wie ein Landungssteg samt Passagierterminal. Außerdem ist geplant, in Rossitten einen geschlossenen Aquapark für 900 Millionen Rubel (rund 26 Millionen Euro) zu bauen. Die Gebietsregierung möchte darüber hinaus ein Vogelmuseum auf der Kurischen Nehrung einrichten sowie ein ethnographisches Museum zur Geschichte der Nehrung, einen touristischen Sportkomplex „Segelflug-Schule“ und ein internationales Bildungs-Kongreßcenter.

Auch plant die Regierung die Infrastruktur der Nehrung zu verbessern – das heißt die Orte Pillkoppen und Rossitten mit Gas und ununterbrochen mit sauberem Wasser zu versorgen. In Pillkoppen benutzt die Bevölkerung bis jetzt Flüssiggas aus Gastanks, und wegen des massiven Baus von Gästehäusern und Einzelhäusern ist die Wasserversorgung verstärkten Belastungen ausgesetzt, die dazu geführt haben, daß sich die Wasserqualität merklich verschlechtert hat. Die Straßen zum Dorf sind schadhaft. Insgesamt müssen 500 Kilometer Straße gebaut werden, für die 1,8 Milliarden Rubel (51,7 Millionen Euro) notwendig sind. Und daß beide Dörfer ihren Strom aus Litauen beziehen und insofern vom Nachbarn abhängig sind, wird auch als ein Problem betrachtet, gegen das etwas getan werden soll. 2010 soll es soweit sei. Dann sollen die Hotels und Erholungskomplexe, verläuft alles nach Plan, fertig sein.

Die Verantwortlichen versprechen sich von dem Projekt 33000 neue Arbeitsplätze. Zum Vergleich: Nach offiziellen Angaben leben im gesamten Kreis Cranz, zu dem auch die Kurische Nehrung gehört, 32000 Menschen. So wird man zusammen mit den Touristen wohl auch noch Arbeitskräfte für dieses Gebiet werben müssen.

Doch auch schon vor der geplanten Fertigstellung, sprich innerhalb der nächsten drei Jahre, könnte die Kurische Nehrung – erfüllen sich denn die Erwartungen – zum reinsten Touristenmekka werden, das in der Lage ist, etwa eine Million Touristen pro Jahr aufzunehmen. Man hofft, den jährlichen Umsatz aus dem Geschäft mit dem Tourismus auf der Kurischen Nehrung auf 7,8 Milliarden Rubel, umgerechnet fast 223 Millionen Euro, steigern zu können. Die Frage, wie das alles der Kurischen Nehrung bekommen wird, tritt hinter derartigen ökonomischen Verheißungen zurück.

Foto: Blick auf Pillkoppen: Stehen hier bald Bettenburgen und Tourismustempel?


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