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22.09.07 / Politik verkaufen ist ihr Geschäft / Ministerien beschäftigen Öffentlichkeitsarbeiter, doch bringen die überhaupt etwas?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-07 vom 22. September 2007

Politik verkaufen ist ihr Geschäft
Ministerien beschäftigen Öffentlichkeitsarbeiter, doch bringen die überhaupt etwas?
von Rebecca Bellano

Ministerien rüsten massiv beim PR-Personal auf.“ Mit dieser Meldung bestätigte der „Spiegel“ vergangene Woche wieder einmal die Vorurteile, die der Bürger gegenüber der Arbeit der Bundesregierung hat. Da versuchen die in Berlin mal wieder ihre mittelmäßige Arbeit wenigstens über PR-Berater aufgehübscht in die Medien zu lancieren, damit sie besser dastehen als sie wirklich sind, so der Eindruck. Außerdem: Wie bewertet die Große Koalition eigentlich ihre Arbeit, wenn sie meint, daß sie nur mit Hilfe von Scheinwelten erstellenden PR-Leuten ihre Ergebnisse an den Mann bringen kann, ganz so als wäre Politik ähnlich wie ein Waschmittel oder ein Auto? Aber wieso wissen die Bürger trotz PR-Beratern dann so wenig über die Arbeit der Bundesregierung? Noch im Januar 2007 wußten beispielsweise 80 Prozent der Befragten nicht, was die Gesundheitsreform für sie bedeutet.

Es hört sich dramatisch an, wenn man liest, daß beispielsweise das Auswärtige Amt von 45 Mitarbeitern 1998 in der Öffentlichkeitsarbeit – übrigens nicht PR wie der „Spiegel“ in der Überschrift behauptet – sein Personal in diesem Bereich auf 113 Personen 2007 aufgestockt hat. Auch das Bundesinnenministerium hat im selben Zeitraum von 15 auf 27 Mitarbeiter erhöht – was allerdings weniger dramatisch klingt, denn hier sind es nur zwölf und nicht 68 Stellen mehr. Daß Wirtschafts- und Verbraucherministerium sogar um sechs beziehungsweise sieben Stellen reduziert haben, scheint da schon weniger interessant. Und auch eine andere Tatsache erwähnt der „Spiegel“ nur am Rande: Daß das Auswärtige Amt 2002 die gesamte Aufgabe des Bundespresseamtes übernommen hat, nämlich besagte 68 Mitarbeiter. Diese wollte der damalige Außenminister Joschka Fischer nach gewonnener Wiederwahl lieber bei sich mit unterm Dach haben, um die Kräfte besser bündeln zu können. Jetzt wird von hier aus die gesamte Außendarstellung der Bundesrepublik Deutschland koordiniert.

Eine andere, durchaus relevante Zahl, erwähnt der „Spiegel“ zudem nicht: Während alle Ministerien im besagten Zeitraum 80,5 Stellen hinzubekommen haben und jetzt statt 204,5 285 Mitarbeiter in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und teilweise auch PR – je nach Referatsaufteilung – beschäftigen, hat das Bundespresseamt die Zahl seiner Mitarbeiter von 689 im Jahr 1998 auf 517 2007 herabgesetzt. Das macht 172 Stellen weniger, von denen nur 68 ans Auswärtige Amt gegangen sind, also ein schlußendliches Minus von 104 Mitarbeitern.

Ob der „Spiegel“ jetzt diese Zahl aufgrund mangelnder Recherche übersehen hat – sie wird in der vom FDP-Abgeordneten Volker Wissing vorliegenden Anfrage genannt – oder bewußt einen falschen Eindruck vermitteln wollte, ist unbekannt, in diesem Fall sind unsere Politiker jedenfalls unschuldig. Allerdings veranlaßt er dazu, sich die Öffentlichkeits- und PR-Arbeit der Bundesregierung näher anzuschauen. Laut einem Regierungssprecher wurde beim Bundespresseamt Personal eingespart, weil man „weg von der Broschürenmacherei zum Internet“ ist, dies gehe schneller, spare Geld und Personal. Gleichzeitig habe man auch nicht mehr nennenswerte Aufträge nach außen an Agenturen gegeben – ein beliebter Trick, um eigene Stellen im Haus niedrig zu halten. 2006 lag der Etat des Amtes bei 73 Millionen Euro, wurde allerdings 2007 einmalig auf insgesamt 90 Millionen Euro erhöht, da der G8-Gipfel und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Hälfte dieses Jahres verstärkten Aufwand in diesem Bereich verlangten. Doch was wissen wir, die Bürger und Steuerzahler, eigentlich von dem, was die Ministerien für uns tun? Was wissen wir beispielsweise über die Gesundheitsreform, die ja seit 1. April läuft? Informieren die nun eben genannten Mitarbeiter die Medien nicht genügend? Aber was machen sie dann? Oder halten die Medien die Informationen für unwichtig und leiten sie nicht weiter?

Aus eigener Anschauung als Redakteur ist nur zu sagen, daß es zwar Informationen gibt, aber die Mitarbeiter der Ministerien unterschiedlich lange brauchen, um Anfragen zu bearbeiten. Manchmal ist ein Thema nach zwei Wochen tot und man braucht die dann erst gelieferten Zahlen nicht mehr. Bisweilen sind die Informationen auch in so unverständlichem Behördendeutsch oder 0815-PR-Gelaber abgefaßt, daß trotz intensiver Lektüre nicht erkennbar ist, worum es eigentlich geht. Liegt das an den Mitarbeitern oder an der Qualität des „Produktes“?

Das Ministerium von Ursula von der Leyen hingegen wollte seine Politik dem Bürger nahe bringen, ohne teure Anzeigen schalten zu müssen, um den Bürger zu informieren. So erarbeiteten ihre Mitarbeiter zusammen mit einer PR-Agentur verschiedene eigene Beiträge, die von Zeitungen und Hörfunksendern übernommen wurden – ohne allerdings zu erwähnen, daß sie direkt aus dem Ministerium stammen. Der Ministerin wurde Schleichwerbung und Einschränkung der Unabhängigkeit der Medien vorgeworfen, doch ist ihr das wirklich vorzuwerfen? Schließlich wurde keiner der – überwiegend kleinen Zeitungen und Hörfunksender – dazu gezwungen, die Beiträge zu übernehmen. Sie waren einfach so gut gemacht, daß die häufig an Personalknappheit leidenden und deshalb auf seelenlose Nachrichtenagentur-Meldungen zurückgreifen müssenden Medien begeistert das professionelle, menschelnde Material aufnahmen. Da sie wußten, woher die Beiträge stammten, hat sie keiner davon abgehalten, die Quelle anzugeben.

Auch das Bundespresseamt stellt Medienvertretern fertige Artikel zur Verfügung. Derzeit beispielsweise einen Beitrag, der lebendige Beispiele für eine gelungene Integration liefert. Das sei eine durchaus legitime Praxis, so ein Regierungssprecher gegenüber der PAZ. Die Quelle müsse halt eben kenntlich sein, doch dafür zu sorgen, sei Aufgabe der Medien, nicht der Ministerien.


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