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22.09.07 / Wenn Mama einen anderen liebt / Geschiedene Eltern müssen ihren Kindern langsam ihre neuen Partner vorstellen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-07 vom 22. September 2007

Wenn Mama einen anderen liebt
Geschiedene Eltern müssen ihren Kindern langsam ihre neuen Partner vorstellen
von Susanne Holz

Die Trennung der Eltern ist für Kinder ein einschneidendes Ereignis. Besonders sensibel reagieren viele, wenn Mutter oder Vater einen neuen Lebensgefährten kennenlernen. Während die Verliebten im siebten Himmel schweben, sieht für ihren Nachwuchs die Welt oft weniger rosig aus. Verlustängste und Hoffnungslosigkeit begleiten die neue Situation. Jetzt sind Fingerspitzengefühl und Verständnis gefragt, um die Kinder nicht zu überfordern, sagt Diplom-Psychologin Martina Kaiser vom Kinderschutz-Zentrum Berlin.

Kinder haben feine Antennen, wenn es um die Gefühlslage ihrer Eltern geht. Eine neue Liebe wird sich deshalb nur schwer vor dem Nachwuchs verheimlichen lassen. Vor der ersten Begegnung zwischen dem neuen Partner und den Kindern sollten sich die Erwachsenen ihrer Gefühle jedoch sicher sein. Kurze Affären und kleine Flirts erfreuen bestenfalls die Eltern, die Kinder gewiß nicht. Zu viele flüchtige Begegnungen erschüttern ihr Vertrauen in ein stabiles Familienleben.

„Der verliebte Elternteil sollte sich die Frage stellen, wie wichtig ihm der neue Partner ist, und dann entscheiden, wann ein erstes Treffen stattfindet“, sagt Kinderpsychologin Kaiser. Die eigenen Gefühle anhand dessen zu prüfen, wie der neue Partner und die Kinder miteinander klarkommen, sei keine gute Idee. Grund: „Man kann den Kindern nicht die Entscheidung über die eigene Partnerschaft überlassen.“

Ein erstes Treffen sollte in möglichst lockerer Form stattfinden, rät Martin Textor, Mitarbeiter am Staatsinstitut für Frühpädagogik in München. „Sinnvoll ist es, den Partner als neuen Bekannten in die Familie einzuführen, beispielsweise an einem Abend in der Woche. Nach einem kurzen Kennenlernen gehen die Kinder ins Bett, die Erwachsenen nutzen die Zeit für sich.“ Auf Zärtlichkeiten sollte man, sagt Textor, an solchen Abenden jedoch verzichten. Zu groß sei die Gefahr, daß ein Kind plötzlich im Zimmer stehe und die Situation nicht einschätzen könne.

„Zärtlichkeiten irritieren und verletzen Kinder meist sehr“, sagt auch Psychologin Kaiser. Denn damit werde ihnen sehr deutlich vor Augen geführt, daß es die Beziehung von Vater und Mutter endgültig nicht mehr gibt. Zusätzlich zum gefühlten Verlust des einen Elternteils komme die Angst, nun auch noch den anderen an einen fremden Menschen zu verlieren.

Deshalb sollten Eltern ihren Kindern gerade jetzt vermitteln, daß die Gefühle zum neuen Partner die Elternliebe nicht mindern. Ausflüge und Spielenachmittage ohne den neuen Lebensgefährten seien genauso wichtig wie Schmusestunden mit Mutter und Vater. Um die neuen Lebensumstände für alle Beteiligten zu erleichtern, helfe es zuweilen, den Ex-Partner einzubeziehen. Signalisiere er Zustimmung zu der neuen Beziehung, falle es oft auch den Kindern leichter, sich damit zu arrangieren. Grund: Tochter oder Sohn haben nicht das Gefühl, den neuen Partner aus Solidarität mit dem außenstehenden Elternteil ablehnen zu müssen.

Lehnen Kinder den neuen Partner kategorisch ab, gelte es zunächst, die Gründe zu erforschen, sagt Kaiser. Hat die Antipathie etwas mit dem Menschen an sich, seinem Verhalten den Kindern gegenüber, seinen Ansichten zu tun? Oder leiden die Kinder generell unter der Familiensituation und machen den neuen Partner zum Sündenbock für die familiäre Misere?

Speziell im letzten Fall bringe es nichts, die Kinder mit Logik überzeugen zu wollen. Sätze wie „Ich habe Hans doch noch gar nicht gekannt, als Vati und ich uns trennten. Deshalb kann er nicht Schuld an der Scheidung sein“, erreichen die Kinder meist nicht, sagt Textor. Vielmehr gehe es darum, ihnen ihre Ängste zu nehmen, mit ihnen über ihre Trauer und Wut zu sprechen. Wichtig sei es, dem Kind Zeit zu geben, immer wieder das Gespräch anzubieten und bei aller eigenen Verliebtheit nicht zu vergessen, daß für die Kinder die komplette vertraute Familienstruktur zusammengebrochen ist.

Erleichtert reagieren Kinder oft schon dann, wenn sie merken, daß durch den neuen Partner ihre Vergangenheit nicht völlig ausgelöscht wird. Darum helfen Eltern ihrem Nachwuchs, wenn er ganz normal vom Wochenendausflug mit dem Vater sprechen und über den Urlaub mit der Mutter berichten darf – auch in Gegenwart des neuen Lebensgefährten.

Der sollte sich in der Anfangszeit den Kindern gegenüber offen, aber nicht anbiedernd präsentieren. „Ihr dürft mich Papa nennen“ sei ein fataler Einstieg, sagt Kaiser. Schließlich gehe es nicht darum, den eigentlichen Vater zu ersetzen, sondern eine langfristige, freundschaftliche Beziehung zum Kind aufzubauen.

Foto: Die richtige Wortwahl ist gefragt: Auch kleinen Kindern sollte man Veränderungen im Leben der Eltern mitteilen.


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