29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.09.07 / Absurde Kampagne / Berliner FDP-Politiker diffamiert Kita-Betreiber, weil sie einmal Republikaner waren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-07 vom 29. September 2007

Absurde Kampagne
Berliner FDP-Politiker diffamiert Kita-Betreiber, weil sie einmal Republikaner waren
von Patrick O’Brian

Karl-Heinz Bannasch ist in der Berliner FDP bekannt wie ein bunter Hund. Auch zu Zeiten der größten Niederlagen in den 90er Jahren verlor er nie den Optimismus und arbeitete beharrlich an seiner Karriere als Lokalpolitiker in Spandau. Liberale Parteifreunde witzeln deswegen auch, er sei der „Grökaz“ (größter Kommunalpolitiker aller Zeiten).

Immerhin ist ihm gelungen, was den meisten anderen Vertretern seiner zeitweise völlig bedeutungslosen Partei versagt geblieben ist: Über Bannaschs Tätigkeit erschienen immer mal wieder Zeitungsartikel – und sei es nur in der Bezirkspostille „Spandauer Volksblatt“.

Diesem Erfolgsrezept folgend hat Bannasch die Nachrichten über seinen Kiez auf der Suche nach möglichen Skandalen durchforstet und ist auf Olaf und Beate Neitzel gestoßen. Über die beiden und ihren „Wichtelclub“ erschienen vor einem Monat zwei Artikel, einer in der „Welt“ und einer im „Tagesspiegel“.

Die Neitzels haben nämlich einen neuartigen Kindergarten aufgemacht, eine 24-Stunden-Kita, in der die Kleinen betreut werden. „Anruf genügt“ verspricht Wichtelclub-Gründer Olaf Neitzel. Zu ihren Kunden gehören Bäcker genauso wie Krankenschwestern, also vor allem Leute aus Berufen mit unüblichen oder äußerst flexiblen Arbeitszeiten.

Kinderbetreuung ist derzeit als politisches Thema obenauf, und so eilte sogar schon der erste prominente Unterstützer der Neitzels herbei: Ein SPD-Bundestagsabgeordneter signalisierte den beiden, sich für den Ausbau ihres Unternehmens einsetzen zu wollen.

Nichts für mich, dachte sich Karl-Heinz Bannasch zunächst. Doch als der FDPler noch einmal kurz über den Namen Neitzel sinniert hatte, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Der Mann hat doch vor ein paar Jahren für die Republikaner kandidiert.

Tatsächlich trat der Werkzeugmacher Olaf Neitzel bei der Bundestagswahl 2005 für die rechte Kleinpartei an, die damals auf 0,9 Prozent der Stimmen kam. Inzwischen ist Neitzel aus der Partei ausgetreten.

Aber das spielt für Bannasch keine Rolle. Er sieht seine Chance, mal wieder in die Schlagzeilen zu kommen, und schlägt sofort zu. Von „diversen historischen und politischen Veröffentlichungen“ Neitzels weiß seine FDP-Internetseite zu berichten.

Die Rechnung geht auf, Bannasch rückt wie erhofft ins Zentrum des Medieninteresses. „Es ist ein befremdlicher Vorgang, daß die Kinder einem rechtsgerichteten Politiker zur Betreuung übergeben werden dürfen“, zitiert die auflagenstarke „Berliner Zeitung“ den Hauptstadt-Liberalen. Weiter heißt es: „Er wirft dem Bezirksamt vor, die Personalien der Betreiber vor Erteilen der Erlaubnis nicht genau überprüft zu haben.“

Die Schlagzeile dazu lautet: „Dürfen Ex-Republikaner Kinder betreuen?“ Die Sache nimmt ihren Lauf durch den Berliner Blätterwald. Als nächstes regt sich die linke „taz“ darüber auf, daß „Rechtsextreme Kinder betreuen“. Im Internet findet ein antifaschistischer Journalist folgende Aussage Neitzels: „Die Aufnahmefähigkeit für Ausländer aus fremden Kulturkreisen ist erschöpft.“ So könnte das auch Neuköllns SPD-Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky gesagt haben. Was also soll die ganze Aufregung? Für die Neitzels hatte dieser „Skandal“ dennoch unangenehme Folgen: Linksradikale kommen und filmen den Wichtelclub.

Doch weder die Neitzels noch die Eltern der Kinder lassen sich dadurch einschüchtern. Und die Bezirksstadträtin erklärt schließlich, es gebe keinen Grund, der Einrichtung die Lizenz zu entziehen.

Die Neitzels selbst, die auch eine kleine Tochter haben, äußern sich nur ungern über die ganze Sache. „Wir wollen kein weiteres Öl ins Feuer gießen“, sagt Beate Neitzel geknickt. Sie und ihr Mann seien keine Rechtsextremisten und würden Kinder nicht indoktrinieren, betont sie.

Indoktrinieren? Vierjährige? Im Wichtelclub? Es ist eine verrückte Welt: In Bremen arbeitet die verurteilte RAF-Mörderin Susanne Albrecht als Deutschlehrerin für Migrantenkinder – ohne daß dies irgend jemanden zu stören scheint. Aber in Berlin wird harmlosen Zeitgenossen, die einmal der falschen Partei angehört haben, die berufliche Existenzberechtigung in Frage gestellt.

Besonders befremdlich erscheint die parteipolitische Heimat des Urhebers der peinlichen Kampagne. Standen nicht gerade die Liberalen in stolzer Tradition zu einer Politik der gelassenen Toleranz, des unaufgeregten Umgangs mit politisch Andersdenkenden? Leute vom Schlage eines Karl-Heinz Bannasch jedenfalls sind in den Reihen „antifaschistischer“ Hysteriker vom äußersten linken Rand weit besser aufgehoben als ausgerechnet bei den Freien Demokraten.

Über den absurden Vorwurf, ehemalige Republikaner-Mitglieder könnten Kleinkinder „politisch indoktrinieren“, mögen reife Beobachter nur grinsen. Angesichts des fatalen Eiferertums, das hinter der Kampagne hervorkommt, gefriert das Lächeln jedoch schnell wieder.

Foto: FDP-Politiker Bannasch fürchtet „Indoktrination“: Spielende Kinder im Spandauer Wichtelclub


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren