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29.09.07 / Scheindebatte fürs Volk / »Terrorlager«: Eine hohle Forderung und ein wirkungsloser Gesetzentwurf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-07 vom 29. September 2007

Scheindebatte fürs Volk
»Terrorlager«: Eine hohle Forderung und ein wirkungsloser Gesetzentwurf
von Hans Heckel

Die Bundesregierung will angeblich nicht länger tatenlos zusehen müssen, wie unter ihren Augen junge Männer in sogenannte „Terrorlager“ gehen, sich dort ausbilden lassen und anschließend nach Deutschland einreisen, ohne daß deutsche Sicherheitsorgane eine rechtliche Handhabe gegen sie hätten, um schon lange vor einer möglichen Tat gegen sie vorzugehen. So jedenfalls signalisieren es jüngste Vorstöße aus Berlin. Auf den zweiten Blick indes stellt sich schnell der Eindruck ein: Hier wird Schaufensterpolitik betrieben. Von der baldigen Lösung eines kniffligen rechtlichen Problems ist die Bundesregierung sehr viel weiter entfernt, als es die markigen Ankündigungen zunächst glauben machen.

Die Innenminister von Bund und Ländern einigten sich am 7. September darauf, den Aufenthalt in Lagern, wo Menschen zu Terroristen ausgebildet werden, unter Strafe zu stellen und den Paragraphen 89a des Strafgesetzbuches (Vorbereitung einer Gewalttat) entsprechend zu erweitern.

Der Gesetzentwurf, den Bundesjustizministerin Brigitte Zypries am 18. September vorgelegt hat, schränkt die Zugriffsmöglichkeiten allerdings wieder soweit ein, daß von dem ursprünglichen Anspruch der Innenminister nichts übrigbleibt. So soll der Aufenthalt in solchen Lagern an sich weiterhin straffrei bleiben. Und nicht nur das: Dem Verdächtigen muß nach dem Zypries-Entwurf zweifelsfrei nachgewiesen werden, daß er die im Lager erworbenen Kenntnisse tatsächlich für die Verübung von Attentaten nutzen wollte. Für das bloße Erwerben von Fertigkeiten wie Bombenbau und -installation oder Schußwaffengebrauch soll er nämlich weiterhin nicht belangt werden können.

Den Kritikern, welche der Justizministerin Spiegelfechterei vorwerfen und ein härteres Vorgehen fordern, haben indes leicht reden. Sie ignorieren juristische Hürden, die kaum wegzuräumen sind: In vielen Ländern ist privater Waffengebrauch in einem Umfang gesetzlich erlaubt, wie es in Deutschland kaum denkbar wäre. Kein Deutscher oder Ausländer aber kann von deutschen Gerichten angezeigt werden, weil er sich in einem fremden Land an die dortigen Waffengesetze gehalten hat. Eine absurde Vorstellung wäre es schließlich, wenn ein texanischer Tourist in Berlin verhaftet würde, weil er in seiner Heimat einen Revolver trägt und auch regelmäßig unter professioneller Anleitung schießen übt, was in seiner Heimat ausdrücklich erlaubt ist. Ebenso wenig könnte ein Deutscher belangt werden, der sich während eines Texas-Aufenthaltes an den landesüblichen Umgang mit scharfen, in Deutschland genehmigungspflichtigen Waffen gehalten hat.

Auch extremistische Äußerungen im Ausland, etwa Aufstachelung zum Haß, können von deutschen Gerichten nur im Falle deutscher Staatsbürger verfolgt werden: Wenn ein Bundesbürger in Ländern, wo dies erlaubt ist, die NS-Judenverfolgung leugnet, kann er nach seiner Rückkehr nach Deutschland hier vor Gericht gestellt werden. Für Ausländer gilt dies nicht. Ihnen könnte höchstens die Einreise verweigert werden. Gleiches gilt somit auch für Ausländer, die im Ausland islamistische Haßlehren verbreiten und eine Waffenausbildung absolvieren.

So bleibt, trotz aller vollmundiger Bekundungen, wenig bis nichts übrig von einem verbesserten präventiven Schutz vor dem, was in den islamistischen Terrorlagern angerührt wird. Denn die „Vorbereitung einer Gewalttat“ ist auch ohne die ausdrückliche Erwähnung von Terrorlagern schon heute strafbar.

Der Nachweis, daß der Besuch in einem Terrorlager tatsächlich der Vorbereitung eines Anschlags gedient habe, ist wiederum schwer zu erbringen. Längst nicht jeden „Bewerber“, der Attentate verüben will, erachten die Ausbilder in den Lagern für „würdig“. Etliche werden Geheimdienstberichten zufolge zwar gedrillt und indoktriniert, aber nie in einen realen Einsatz geschickt. Wie soll die mörderische „Terrorelite“ von der Masse des Fußvolks beweiskräftig unterschieden werden? Dazu kommt, daß Berichte über das Training ausgewählter Terroristen oft über diffuse Quellen oder ausländische Geheimdienste an die deutschen Sicherheitsorgane gelangen. Solche Hinweise sind – wie jüngst im Falle der in einer dramatischen Polizeiaktion im Sauerland festgesetzten Dreiergruppe um Fritz G. – äußerst hilfreich für die Beobachtung mutmaßlicher Terrorzellen. Als Beweismittel vor Gericht reichen sie jedoch kaum aus, zumal Geheimdienste selten bereit sind, ihre Zuträger zu nennen, sonst hätten sie schnell keine mehr.

Was derzeit in Berlin zum Problemfeld „Terrorlager“ gespielt wird, ist also sehr viel mehr öffentlichkeitswirksamer Aktionismus nach dem Motto, „die Politik muß schließlich etwas tun“, als eine reale Strategiedebatte zum besseren Schutz des Landes. Das Thema hätte mehr Ernsthaftigkeit und politische Ehrlichkeit verdient. Der Schluß aus der laufenden Scheindebatte kann nur lauten, daß die Instrumente des Strafgesetzbuchs offenkundig nicht ausreichen, um dieser neuen Form der Bedrohung zu begegnen. Vielmehr ist die globale islamistische Aggression eine Herausforderung, die nach einer zeitgemäßen Runderneuerung des Kriegsvölkerrechts ruft. Doch dem will sich zur Zeit noch kaum jemand öffentlich stellen.

Foto: Ohne Rücksicht auf die Rechtslage: Die USA inhaftierten viele, die sie 2002 in Pakistan oder Afghanistan in Terrorcamps antrafen, in Guantanamo.

 

Zeitzeugen

Osama bin Laden – Er ist das Gesicht des islamistischen Terrors. 1957 oder 1958 in der saudischen Hauptstadt Riad als Sohn eines reichen Unternehmers geboren, führte Osama, bis er 14 war das Leben eines wohlhabenden Jungen. Erst in diesem Alter wandte er sich der Religion intensiv zu. Entgegen der verbreiteten Wahrnehmung gilt er Experten jedoch weniger als oberster Drahtzieher allen Terrors, da die islamistische Szene netzwerkartig organisiert sei und kaum zentral gelenkt werde. Bin Ladens Rolle ist demnach vielmehr die der Ikone und des Stichwortgebers.

 

Fritz Martin G. – Der 28jährige G. war der mutmaßliche Drahtzieher der jüngst vereitelten Anschläge in Deutschland. Als er 16 war, ließen sich die Eltern scheiden, mit 18 konvertierte er zum Islam. Sein Vater bedauerte 2005, daß sein Sohn am „Ethik-“ statt am Religionsunterricht teilgenommen habe. So sei ihm „keine positive Lebensphilosophie“ vermittelt worden. Der Vater, der sich selbst als moderater Atheist bezeichnet, ist Ingenieur, die Mutter Ärztin.

 

Abu Mussab el-Sarkawi – Der Jordanier (geb. 1966) wurde im Juni 2006 von US-Spezialkräften im Irak getötet. Der Topterrorist war für zahllose Anschläge im Irak verantwortlich. Im Unterschied zu bin Laden lehnte der Sunnit el-Sarkawi ein Bündnis mit den Schiiten gegen den Westen ab, weil er auch die Schiiten als Feinde sah.

 

Abdul Raschid Ghasi – Ghasi (1964–2007) führte den Aufstand der „Roten Moschee“ im pakistanischen Islamabad an, bei deren Erstürmung er vergangenen Juli starb. In der Jugendzeit noch dem westlichen Lebensstil zugeneigt, radikalisierte er sich erst seit 1998 nach der Ermordung seines Vaters.

 

Mohammed Atta – 1968 in Ägypten geboren, war der Sohn eines Rechtsanwalts vermutlich der Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, bei denen er ums Leben kam. Von 1993 bis 1999 Student in Hamburg,  ranken sich dunkle Gerüchte und Verschwörungstheorien um Atta: So sollen mehrere Personen seinen Namen benutzt haben, sein Vater behauptete nach dem 11. September 2001 gar, daß sein Sohn noch am Leben sei.


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