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29.09.07 / Kommerzielle Krieger / Ohne private Militärfirmen könnte die US-Armee im Irak nicht weiterkämpfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-07 vom 29. September 2007

Kommerzielle Krieger
Ohne private Militärfirmen könnte die US-Armee im Irak nicht weiterkämpfen
von Kurt Davids

Die Auseinandersetzungen zwischen der irakischen und der US-Regierung um die Sicherheitsfirma „Blackwater“ hat den Blick auf die Rolle privater Militärunternehmen im Irak-Krieg gelenkt. Bis zu hunderttausend Mitarbeiter privater Firmen sind für den Einsatz der US-Armee im Irak unentbehrlich. Nicht nur für Logistik, Informationstechnik und Wartungsaufgaben setzen die amerikanischen Streitkräfte auf private Dienstleister. Rund 20000 private Kämpfer, meist ehemalige Elitesoldaten, versehen im Personen-, Objekt- und Transportschutz quasi militärische Aufgaben. Sie sind das zweitgrößte Truppenkontingent im Irak – vor den Briten.

Nur kurz und symbolisch hatte die irakische Regierung Blackwater die Lizenz entzogen, nachdem Mitarbeiter der Firma als Reaktion auf einen Anschlag wahllos auf Zivilpersonen geschossen haben sollen. Die Möglichkeiten der Regierung al-Maliki sind begrenzt: Auftraggeber der Sicherheitsfirmen ist das State Department, und der „Befehl Nr. 17“, den die US-Verwaltung vor der Regierungsübergabe an die Iraker mit Gesetzeskraft erlassen hatte, verleiht den Kontrakt-Kämpfern Immunität. Eine Woche nach der Schießerei sicherte Blackwater, das mit rund tausend Leuten im Irak präsent ist, wieder Konvois und Botschaftsgebäude; ihr Abzug, mußte ein irakischer Sprecher einräumen, hätte „ein Sicherheitsvakuum“ geschaffen.

Heikler könnten für Blackwater die Ermittlungen wegen des von türkischen Behörden erhobenen Verdachts werden, einige ihrer Mitarbeiter hätten illegal Waffen an die kurdische PKK weitergegeben. Der Vorgang erinnert entfernt an das spektakuläre Scheitern einer Operation der Sicherheitsfirma „Sandline“ vor zehn Jahren. Das Unternehmen hatte Waffen an das unter UN-Embargo liegende Sierra Leone geliefert, konnte aber nachweisen, mit Wissen und Billigung der britischen Regierung gehandelt zu haben.

Sandline war aus der südafrikanischen Firma „Executive Outcomes“ hervorgegangen, dem Prototyp der modernen privaten Militärfirma. 1989 von Veteranen der aufgelösten südafrikanischen Eliteeinheiten gegründet, bewährten sich Executive Outcomes und seine Ableger bei der schnellen und effektiven Niederschlagung von Bürgerkriegen und Rebellionen in Afrika. Selbst bei der UNO, die sich eben noch mit einer weitreichenden Anti-Söldner-Konvention hervorgetan hatte, dachte man zeitweise über die kostensparende Privatisierung der oft langwierigen und ineffizienten Friedensmissionen nach.

Mit dem landläufigen, mitunter romantisierenden Söldnerbegriff von einst, der sich an schillernden Einzelfiguren wie „Kongo-Müller“ oder Bob Denard festmacht, haben die privaten Militärfirmen neuen Stils nur wenig zu tun. Es sind kommerzielle Konzerne; die Marktführer sind heute in Großbritannien und Amerika zu finden. Dyncorp, Blackwater oder MPRI, das sich einen Namen als Trainer der kroatischen und bosnischen Armeen zur Herstellung eines militärischen Gleichgewichts in den jugoslawischen Erbfolgekriegen machte, sind weltweit im Geschäft – auch im Irak. Neben militärischen und Sicherheitsdienstleistungen im engeren Sinne haben sie Schulung und Kampfausbildung, Wartung komplexer Waffensysteme, Einführung von Informationstechnik und vieles mehr im Angebot.

Als Begründung für die Auslagerung militärischer Aufgaben wird meist Kostenersparnis angeführt. Das leuchtet angesichts der Milliardenumsätze nicht unbedingt ein. Allein Blackwater hat Regierungsaufträge im Wert von achthundert Millionen Dollar; die Militärfirmen, oft personell und kommerziell mit den politischen Eliten verwoben, lassen sich ihre Dienste teuer bezahlen. Ihre Mitarbeiter sind zudem meist ehemalige High-Tech-Soldaten, deren Ausbildung die staatlichen Armeen viel Geld gekostet hat; die Abwanderung zu den Privatfirmen wird für die britischen, kanadischen und amerikanischen Eliteeinheiten zu einem gravierenden Problem, dem sie mit Soldanhebungen und befristeten Beurlaubungen zu begegnen versuchen.

Diese Kosten müssen nach Ansicht vieler Skeptiker ebenso in die Rechnung einfließen wie die Kompetenzverluste der nationalen Armeen durch Auslagerung, die Abhängigkeit von Vertragspartnern, die anders als an den Fahneneid gebundene Soldaten jederzeit aussteigen können, und nicht zuletzt die Imageschäden durch Fehlverhalten wie im Falle Blackwater. Der Preis, der für die Privatisierung des Militärischen gezahlt wird, ist in erster Linie ein politischer. Rund 650 private Sicherheitsleute wurden bis Ende 2006 im Irak getötet. Offiziell sind sie „Zivilisten“, auch wenn sie Uniform und Waffen tragen wie die vier Blackwater-Männer, die vor drei Jahren von einem wütenden Mob in Falludscha gelyncht und ihre Leichen geschändet wurden. Für das Ansehen der Regierung in der Heimat ist das weit weniger schädlich, als wenn Söhne und Töchter des Landes im Leichensack nach Hause kommen.

Der Trend zur Militär-Privatisierung ist somit nicht zuletzt eine Folge der Kriegs- und Opfermüdigkeit westlicher Gesellschaften. Auch die deutsche ist stärker betroffen als gemeinhin bekannt. Unter den privaten US-Kämpfern sind etliche Deutsche – Ex-Soldaten, die die professionelle Herausforderung oder schlicht das Geld lockt. Eines Tages kann im Irak auch ein Deutscher fallen – unbemerkt und ohne großes Aufsehen.

Foto: Weltweites Geschäftsfeld: Private Armeen haben in Krisengebieten Hochkonjunktur


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