19.04.2024

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06.10.07 / Der neue Wowi

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-07 vom 06. Oktober 2007

Der neue Wowi
von Harald Fourier

Klaus Wowereit will noch etwas werden in der deutschen Politik. Anders läßt sich die vorzeitige Veröffentlichung seiner Memoiren nicht interpretieren. Und das sagt er ja auch offen. Er ist nicht der einzige in der SPD, der in Kurt Beck einen wankenden Platzhirsch sieht, dessen Kanzlerkandidatur im Desaster zu enden droht.

Der „Spiegel“-Essayist Henryk M. Broder, der sich zu einem halbherzigen Verriß von „Und das ist gut so“ überreden ließ, hat ausgerechnet, daß der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer bereits Mitte der 20er Jahre seine Lebensgeschichte hätte veröffentlichen müssen, wenn er es wie Wowereit mit 54 hätte tun wollen. Hat er aber nicht. Wäre dann wohl auch kein so interessantes Buch geworden wie jene Memoiren, die Adenauer 40 Jahre später nach seiner Kanzlerzeit vorlegen konnte.

Wowereit versucht sich neu zu erfinden, indem er sich von der Promi-Schickeria weg und aufs einfache Volk zu bewegt. Der Satz „Ich war Unterschicht“ prangte tagelang auf den Anschlägen vor den Zeitungskiosken. Wowereits Botschaft nach Jahren als Liebling der Berliner Partyszene: In Wahrheit bin ich aber einer von euch auf der Straße - ein durchschaubares Manöver.

Wowereit beteuert, sein Buch sei nicht wie die üblichen Politikerbiographien. „Es reicht nicht, eine bestimmte Stelle aufzuschlagen, man muß schon das ganze Buch lesen.“

Klar: Wowereit konnte natürlich keine Abrechnung vorlegen wie Lafontaine oder Möllemann. Nicht mal so eine wie sein Genosse Gerhard Schröder, mit dem er sich selbst in seinem Buch vergleicht. (Er vergißt dabei aber nicht auf alles hinzuweisen, was er - Wowereit - besser gemacht hätte.)

Deswegen sucht der Leser Enthüllungen größeren Ausmaßes vergeblich. Denn, wie gesagt, Wowereit will noch was werden. Der erste schwule Bundeskanzler zum Beispiel, den das Land so dringend benötigt, wie er dem „Stern“ verraten hat.

Gemessen daran sind die Dinge, die wir aus seiner Feder (soll heißen: aus der des Journalisten Hajo Schumacher, der den Text wirklich verfaßt hat) erfahren, schon ziemlich abenteuerlich. Wowi schimpft auf die eigenen Genossen, wie das kein Parteipolitiker einer anderen Partei sonst je täte (Ausnahme: Joschka Fischer). Seinen Amtsvorgänger Walter Momper nennt er gar einen Stalinisten!

Momper ist heute immerhin Parlamentspräsident und hätte vor einem Jahr fast seinen Posten verloren, als er fälschlicherweise Wowereits Wiederwahl verkündete, obwohl der gerade im ersten Wahlgang durchgefallen war. Aber für Dankbarkeit scheint Wowereit keine Zeit zu haben. Auch so ein Charakterzug des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, von dem wir aus seinem Buch erfahren.


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