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06.10.07 / Kleider machen Leute, oder? / Modesünden der Politikerriege: Von Merkel über Joschka Fischer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-07 vom 06. Oktober 2007

Kleider machen Leute, oder?
Modesünden der Politikerriege: Von Merkel über Joschka Fischer
von Silke Osman

Es gab Zeiten, da hat man kein gutes Haar an ihr gelassen - im wahrsten Sinne des Wortes. Alle hatten sie gute Ratschläge parat und fielen über Angela Merkel her, die selbsternannten Schönheitsexperten, die Imageberater, die Modemacher, die „Hairstylisten“, na ja und auch die Fernsehzuschauer. Alle wollten sie aus Aschenputtel eine Prinzessin zaubern. Daß sie nicht als Schönheitskönigin angetreten war, sondern ernsthafte Politik betreiben wollte, das machte das „Mädchen“ mit dem eisernen Willen schon bald klar. Ein bißchen mehr Pep aber würde dennoch nicht schaden, man müßte sich ja nicht gleich am Paradiesvogel Claudia Roth orientieren. Vor allem die Frisur à la Prinz Eisenherz hatte es den Kritikern angetan. Unter kundigen Händen ward dieser „Makel“ schließlich behoben.

Inzwischen macht nur Monika Harms, ihres Zeichens Generalbundesanwältin, in Sachen Frisur der Frau Merkel der Vergangenheit Konkurrenz. Sie trägt den blondgrauen Schopf wie einbetoniert und läßt sich durch nichts beirren. Bei ihr zählen nur Fakten und Erfolge im Kampf gegen den Terrorismus. (Und damit scheint sie recht zu haben.)

Angela Merkel hingegen hat sich gemacht, zu diesem Eindruck gelangt man als Fernsehzuschauer beim Betrachten der Bilder, welche die Bundeskanzlerin fern der Heimat zeigen. Vor Gletschern und zwischen Eisbergen glänzt sie mit einer leuchtend roten Jacke. In Asien weiß sie mit Charme zu überzeugen, denn die herabgezogenen Mundwinkel haben sich mittlerweile in eine andere Richtung bewegt und einem erfrischenden Lächeln Platz gemacht.

Blazer in den verschiedensten Farben sind derweil zum Markenzeichen der Frau Merkel geworden. Chic, wenn sie nur nicht so eng sitzen würden und nicht so kurz wären. Aber Angela Merkel ist eben auch „nur“ eine Frau. Und frau fällt es schwer, sich zu einer größeren Kleidergröße zu entschließen.

Männern ist es offenbar ganz gleich, ob die Hosen schlabbrig sitzen, ob das Sakko kneift oder ob das Brillengestell aus der Kaiserzeit zu stammen scheint. Zu diesem Eindruck gelangt man nämlich, betrachtet man die Riege der männlichen Politiker. Franz Müntefering, der Vizekanzler, besticht durch das ewige Grau seiner Anzüge nicht wirklich. Und welcher Haarakrobat würde nicht gern einmal Hand beziehungsweise Schere anlegen, um „Münte“ eine flottere Frisur zu verpassen. Eine andere Brille würde es auch schon tun. Die hat sich Frank Walter Steinmeier gegönnt, der durch modische Extravaganzen nicht unbedingt auffällt. Ganz anders als sein Vorgänger im Amt Joschka Fischer. Joschka wer? Na, der mit den Turnschuhen. Als er die abgelegt hatte und in Designeranzügen auftrat, war er kaum mehr wiederzuerkennen. Vielleicht lag das aber auch daran, daß er häufiger das Gewicht wechselte.

Apropos Gewicht. Damit hat zweifellos auch „Super-Sigmar“ zu kämpfen. Selbst langanhaltende Bräune kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Umweltminister Gabriel kein Kostverächter ist. Hätte er doch den Schneider von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl, dann wäre „die Kuh vom Eis“, aber das soll es wegen des Klimawandels ja auch bald nicht mehr geben.

Nicht zu vergessen, der Stiegler Ludwig, der seinen roten Pullunder bayrisch-standhaft selbst bei großer Hitze trägt. Dennoch ist es ihm nicht gelungen, eine neue Moderichtung ins Leben zu rufen (was er vermutlich auch gar nicht wollte, vielleicht war ihm nur kalt oder es waren Hosenträger zu verstecken). Ganz anders Hans-Dietrich Genscher, dessen gelber Pullover geradezu Kultstatus erlangte.

„Kommst du in

Jeans, wirst du behandelt wie eine Jeans; kommst du im Anzug, wirst du behandelt wie ein Anzug“, so eine Volksweisheit. Daß dieser Anzug allerdings sitzen muß, sollte selbstverständlich sein - auch in Berlin. Und: Er muß nicht immer grau sein, meine Herren.

 

Zeitzeugen

Gustav Stresemann - 1924 einige Monate Kanzler und dann bis zu seinem Tode 1929 Außenminister, war es der 1878 geborene Stresemann leid, sich ständig umzuziehen: Im Reichstag war der „Cut“ Vorschrift, fürs Büro aber war der feierliche Anzug viel zu unbequem. Stresemann fand die Lösung und tauschte jeweils nur den Cut gegen ein bequemeres Jacket aus, wenn er vom Parlament ins Büro wechselte. So schuf er 1925 eine neue Anzugkombination für tagsüber, die seitdem seinen Namen trägt.

 

Joschka Fischer - Der spätere Außenminister Joseph Martin Fischer, genannt „Joschka“, ließ sich 1985 in Turnschuhen zum hessischen Umweltminister ernennen. Seitdem hing dem 1948 geborenen Grünen der Spitzname „Turnschuhminister“ an, auch wenn man ihn später als Außenamtschef (1998-2005) meist im Anzug mit Weste sah.

 

Franz Josef Strauß - Der legendäre CSU-Politiker (1915-1988) demonstrierte seine Devise, konservativ und fortschrittlich in einem zu sein, auch optisch: Strauß, Bayerns Landesvater von 1978 bis zu seinem Tode, führte die Tracht als anerkanntes Kleidungsstück in die hohe Politik ein und kombinierte geschickt Elemente des klassischen Anzugs mit solchen aus der regionalen Tradition Bayerns.

 

Hamid Karzai - Seit 2001 afghanischer Präsident, wurde der 1957 geborene Karzai von einem Modemagazin zum „bestangezogenen Mann der Welt“ gekürt. Dabei trägt Karzai landestypische Kleidung, der er einen besonderen Schick verleiht. Sein Markenzeichen ist die Mütze.

 

Gerhard Schröder - Den Ruf des „Brioni“-Kanzlers wird der Sozialdemokrat nicht mehr los. Schröders Regierungsantritt 1998 stand im Zeichen der „neuen Mitte“, seine SPD sollte junge, dynamische Unternehmertypen anlocken, ohne die alte Wählerschaft zu verschrecken. Im Auftritt des Kanzlers sollte sich beides widerspiegeln: Der edle Zwirn des Karrieristen und eine Sprache, die seine einfache Herkunft zur Schau stellte. Heute blicken Sozialdemokraten mit durchaus gemischten Gefühlen auf Schröders Ära zurück.


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