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06.10.07 / Wie Staatsmänner Mode machten / Mal war es Politik, mal Sinn für Ästhetik, der Staats- und Regierungschefs stilbildend werden ließ

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-07 vom 06. Oktober 2007

Wie Staatsmänner Mode machten
Mal war es Politik, mal Sinn für Ästhetik, der Staats- und Regierungschefs stilbildend werden ließ
von Manuel Ruoff

Was haben der russische Zar Peter der Große (1672-1725) und der türkische Präsident Mustafa Kemal Atatürk (1881-1938) gemein? Beide Staatsoberhäupter stritten für die Modernisierung der von ihnen regierten Staaten nach westlichem Vorbild. Beide bemühten sich im Zuge dessen auch um die Durchsetzung westlicher Kleidungskultur in ihrem Land. Während Atatürk vor allem dem Fes als Symbol des Überkommenen, das überwunden werden sollte, den Kampf ansagte, war es bei Peter der Vollbart. Beide Staatsoberhäupter gingen dabei als Vorbild ihren Völkern voran und veränderten damit die Landesmode.

Während Peter und Atatürk mit ihrem Äußeren die Modernisierung ihrer Länder im Auge hatten, wollte der Bayer auf dem Griechenthron, Otto I. (1815-1867), mit seinem „Outfit“ das voran bringen, was wir heute neudeutsch „Nationbuilding“ nennen, sprich die Schaffung einer Nation, einer nationalen Identität. Hierzu gehörte nach Ansicht des Philhellenen auch eine Nationalkultur einschließlich einer Nationaltracht. Da es eine solche gesamtgriechische Nationaltracht nicht gab, erfand er eine und trug sie konsequent, auf das sie in seinem Land Mode würde.

Ein ganz anderes Problem als Modernisierung und Nationenbildung trieb Friedrich Wilhelm I. (1744-1797) um. Seine Sorge galt dem Militär. Nicht zuletzt der „Soldatenkönig“ bewirkte die den Preußen so gerne nachgesagte Militarisierung von Staat und Gesellschaft. Während andere Monarchen seiner Zeit in der Regel aufwendige Zivilkleidung trugen, zog der sparsame Brandenburger den einfachen Waffenrock vor. Damit wirkte er über die Grenzen seines Staates hinaus, denn auch Herrscher anderer Staaten fingen nun an, Uniform zu tragen. Besonders stilbildend wirkte der Preuße jedoch in seinem eigenen Staat. Preußen wurde uniformierter als andere Staaten. Aktive Soldaten trugen ständig Uniform, auch zivile Funktionsträger wurden mit Uniformen ausgestattet, und unter Reservisten wurde es modern, auch außerhalb des Dienstes Uniform zu tragen.

Der letzte Hohenzollernkönig und -kaiser, Wilhelm II. (1859-1941), machte es zur Mode, die Bartenden hochzuzwirbeln. Mit ihm sollte es eben aufwärts gehen, getreu der Ankündigung, daß er seine Landesleute herrlichen Zeiten entgegenführen werde. Mit der Herrschaft des Imperator Rex endete auch diese Mode.

Ein Staatsoberhaupt, das über die Grenzen seines Reiches und auch über das Ende seiner Regentschaft hinweg, nämlich bis in die Gegenwart, die Mode beeinflußt hat, ist Eduard VIII. (1894-1972), der Onkel der heutigen Queen, dem seine Deutschfreundlichkeit und seine Ehe mit einer geschiedenen Bürgerlichen die Krone kosteten. Seine legere Eleganz hat Maßstäbe gesetzt. Vieles hat er erst gesellschaftsfähig gemacht.

Nach ihm, dem Herzog von Windsor, ist auch - allerdings fälschlicherweise - der Windsorknoten benannt, der mittlerweile zum Standard wurde. Gerhard Schröder favorisiert jedoch offenkundig einen asymmetrischen Knoten, dessen längliche, schmale Form ebenso wie der von ihm geliebte Haifischkragen die Halspartie streckt. Kaum war er Kanzler, sah man zunehmend auch andere Politiker diesen Krawattenknoten tragen.


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