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13.10.07 / Beim »lieben Führer« angebiedert / Südkorea gibt Nordkoreas Diktator Kim Jong-il Milliarden für ein paar leere Versprechungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-07 vom 13. Oktober 2007

Beim »lieben Führer« angebiedert
Südkorea gibt Nordkoreas Diktator Kim Jong-il Milliarden für ein paar leere Versprechungen
von Albrecht Rothacher

Der Gipfel zwischen Kim Jong-il, Nordkoreas stalinistischem Diktator, und Präsident Roo Moo-hyun, dem linksliberalen scheidenden Präsidenten Südkoreas, endete einmal mehr mit großartigen Friedens- und nuklearen Abrüstungsvisionen für das leidgeprüfte koreanische Volk. Beide unterzeichneten eine „Friedenserklärung“, die nach dem Bürgerkrieg von 1950 bis 1953 die militärische Feindschaft beenden, den Frieden sichern, und unabhängig von ideologischen Differenzen die Spannungen verringern soll. Am Ende soll ein Friedensvertrag stehen. Dafür brauchen sie allerdings auch die Unterschriften der USA und Chinas, die 1953 Kriegs- und Waffenstillstandsparteien waren.

Als nächste Maßnahmen soll bei der umstrittenen Seegrenze im Gelben Meer eine gemeinsame Fischereizone geschaffen werden. Die Familienkontakte der 100000 durch den Krieg getrennten Familien, die bislang nur für eine kleine Minderheit von 10000 unter politischer Kontrolle in sterilen Hotels oder per Videoschaltung einmalig möglich waren, sollen „ausgeweitet“ werden. Die Sportfreunde, die bei den Pekinger Olympischen Spielen zuschauen wollen, sollen erstmalig per Bahn durch Nordkorea nach China reisen können. Roo hatte auch eine 300 Mann starke Delegation von Wirtschaftsführern mitgebracht, darunter die Chefs von Samsung, Hyundai Motor, Lucky Goldstar, Posco Stahl und SK Energie. Er appellierte an ihren Patriotismus, in Nordkorea in Sonderwirtschaftszonen, in eine gemeinsame Werft, in die Erschließung von Bodenschätzen und in die marode Infrastruktur zu investieren. Allerdings: Südkoreaner machen im Norden seit 2000 nur Verluste. Das gilt auch für Tourismusfahrten zu den Diamantbergen, wo man in malerischer Natur entlang Stacheldrahtverhauen für viel Geld kommunistischer Propaganda lauschen darf.

Vor seiner Fahrt hatte Roo, der mit seiner Anpassungspolitik in seiner Heimat herzlich unpopulär wurde und im Dezember nicht mehr zur Wiederwahl ansteht, ein 14 Milliarden US-Dollar schweres Hilfsprogramm für Nordkorea, das einmal mehr von Hochwasser und Hungersnöten heimgesucht wird, angekündigt. Das Atomrüstungsprogramm des Nordens und das Thema der nicht heimgekehrten Kriegsgefangenen und entführten Fischer - über 1000 an der Zahl - wollte er nicht anführen, um den „lieben Führer“ nicht zu verärgern. So hatte Roo, tölpisch wie je, alle Verhandlungskarten gegenüber dem trickreichen Norden schon von Anfang an verspielt. Nicht umsonst sind seine Vorbilder die westdeutschen Entspannungspolitiker um Willy Brandt. Zu den „Verhandlungserfolgen“ seines Vorgängers Kim Dae-jung im Jahre 2000, der für seinen Besuch im Norden (für den er den Nobelpreis bekam), wie sich später herausstellte, 500 Millionen US-Dollar hatte zahlen lassen, zählte etwa die Freilassung von 63 inhaftierten nordkoreanischen Agenten im Süden. Dafür wollte der Norden die verbliebenen, seit 54 Jahren inhaftierten 530 Kriegsgefangenen des Südens und Hunderte seither verschleppter Fischer freilassen. Das Versprechen wurde gebrochen, wie so viele.

Diktator Kim empfing seinen Gast unwirsch und schlurfenden Schrittes vor einer bestellten Jubelmenge. Kim sagte wenig, wirkte bleich und aufgeschwemmt. Viele Beobachter hielten sein unkonzentriertes, kraftloses Auftreten für das Zeichen einer beginnenden Altersdemenz, für die Folgen einer Diabetes oder einer Herzkrankheit. Aber als er am Folgetag einer Batterie Rotweinen zusprach, hatte Kim wieder bessere Laune. Huldvoll und ohne großes Interesse nahm er Roos Versprechen von Wirtschaftshilfen wie von einem tributpflichtigen Vasall bei Hofe entgegen. Die Einzelheiten sollen die beiden Ministerpräsidenten nächste Woche in Seoul klären, das Militärische die Verteidigungsminister im November in Pjöngjang: darunter Roos Idee, aus einem Teil der schwer verminten Demilitarisierten Zone Naturparks zu machen.

Zeitgleich fanden in Peking die lange blockierten Sechs-Parteiengespräche zwischen den USA, China, Japan, Rußland und den beiden Koreas statt. Hier ging es ums Eingemachte, um das atomare Rüstungsprogramm des Nordens. Absprachewidrig hatte Kim im Vorjahr eine Atombombe halbwegs erfolgreich unterirdisch gezündet und Langstreckenraketen ziemlich ziellos abgefeuert. Nordkorea war schon im Februar im Prinzip bereit gewesen, seinen ziemlich altersschwachen Fünf-Megawatt-Reaktor sowjetischer Bauart in Yongbyan abzuschalten und einzumotten. Er tat dies aber aus Verärgerung nicht, weil die USA ein Staatsguthaben von 25 Millionen US-Dollar bei einer Bank in Macao entdeckten und mit chinesischer Hilfe konfiszierten. Jetzt steht der Winter vor der Tür und zum Heizen von Kasernen und Regierungsgebäuden sind die Öltanks leider leer. Deshalb erhält Nordkorea für das Versprechen des Abschaltens und der späteren - auf US-Kosten erfolgenden - Demontage von Yongbyan 100000 Tonnen Heizöl. Gleichzeitig verpflichtet sich Nordkorea über sein Atomprogramm und den Verbleib von etwa 50 Kilogramm Plutonium lückenlos Auskunft zu erteilen.

Warum sich Kim Jung-il plötzlich konzessionsfreudig - freilich bislang nur mit neuen Versprechen - zeigte, darüber darf gerätselt werden. Am plausibelsten ist, daß ihm mit angeschlagener Gesundheit und einer hungernden und bald frierenden Bevölkerung das Wasser bis zum Halse steht, ihm Peking Wohlverhalten bis zu den Olympischen Spielen im August 2008 verordnet hat - die burmesischen und sudanesische Generale sind als Freunde peinlich genug -, und er die Wahlchancen von Roos (links-) Liberaler Partei gegenüber den in den Umfragen weit führenden Konservativen von Lee Myung-bak von der Großen Nationalpartei (GNP) bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember als wesentlich pflegeleichterem Partner im Süden gerne stärken würde.


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