19.04.2024

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13.10.07 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-07 vom 13. Oktober 2007

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

es irrt der Mensch, so lang er lebt! Und da unsere Ostpreußische Familie sehr lebendig ist, kommt es eben auch zu Irrtümern - zum Glück auch positiver Art! So wie unser Landsmann Helmut Schneidereit aus Ennepetal feststellen mußte, daß er sich geirrt hatte, als er glaubte, daß sich auf seine Frage nach den ostpreußischen Orten Wiesenfelde und Blankenau niemand melden würde. Seine Skepsis konnte ich verstehen, denn die Angaben, die mir seine Frau Ricarda übermittelte, waren doch sehr ungenau, da Helmut Schneidereit ja noch ein Kind war, als die Familie die Heimat verlassen mußte. Was in der Erinnerung geblieben war, schien dürftig, bot aber immerhin einige Hinweise, die mir halfen, die gesuchten Orte zu finden, die sich dann auch als richtig erwiesen. So konnte ich den Wunsch in Folge 24 mit korrigierten Angaben veröffentlichen, die Herr Schneidereit sehr überrascht zur Kenntnis nahm, wie er nun schreibt: „Damit erhielt ich praktisch die ersten Teile eines Puzzles, das durch die freundliche Mitarbeit Ihrer Leser ständig erweitert wird und an dessen Vollendung ich zur Zeit auf einem guten Wege bin.“ Die zweite Überraschung folgte auf dem Fuß, denn schon kurz nach der Veröffentlichung erhielt Herr Schneidereit eine ganze Reihe von Briefen und Anrufen - bis heute! Die dritte große Überraschung aber war für ihn, daß ausnahmslos alle Zuschriften und Anrufe konkret zur Klärung seiner Fragen beitragen konnten und sich so Stein um Stein zum Puzzle zusammenfügten. „Auf diese Weise habe ich jetzt Kontakt zu anderen ostpreußischen Landsleuten und kann mich mit denen austauschen“, schreibt Herr Schneidereit. „Liebe Frau Geede, sie haben sicher schon viele Berichte über die Schicksale ostpreußischer Landsleute, über Flucht und Vertreibung gehört und gelesen, meine Geschichte ist im Vergleich dazu völlig undramatisch und eigentlich auch nicht so interessant. Trotzdem muß ich in letzter Zeit oft an diese wenigen Wochen in meinem Leben denken, die ich als Junge eigentlich mehr als Abenteuer erlebte. Meine Mutter war im Arbeitseinsatz als Erntehelferin auf dem Hof unserer Verwandten in Wiesenfeld tätig, bis wir nach Blankenau evakuiert wurden. Es gelang meiner Mutter, von Uderwangen zwei- oder dreimal nach Tilsit zu fahren, um einige Gegenstände aus unserer Wohnung zu holen. Auf der letzten Fahrt hat sie mich mitgenommen, und ich erinnere mich heute noch deutlich, wie wir durch die zerbombten, menschenleeren Straßen gingen. An der Wand einer Ruine stand mit Kreide geschrieben: Trotz Terror - Tilsit lebt! Daneben saß eine Katze, das einzige Lebewesen weit und breit!“ Die Familie hatte dann das Glück, noch vor dem großen Inferno nach Sachsen evakuiert zu werden. Lieber Herr Schneidereit, auch wenn es - gemessen an den schicksalsschweren Suchfragen - nur ein kleiner Wunsch war, den wir erfüllen konnten, so zählt das doch für Sie sehr viel. Und das ist die Hauptsache.

 Frau Hannemarie Bremser wäre schon glücklich, wenn sich wenigstens ein Puzzlesteinchen zur Lösung ihrer Suchfrage gefunden hätte, aber niemand hat sich bisher bei ihr gemeldet. Aber ihr in Folge 37 veröffentlichter Wunsch ist ja noch taufrisch, und immerhin ist Frau Bremser froh, daß sie die PAZ / Das Ostpreußenblatt entdeckt und sofort abonniert hat. Nun, nachdem sie die Heimat ihres Vaters Willy Ullendorf auf einer Reise, die sie auch nach Tilsit führte, kennengelernt hat, freut sie sich auf ihre erste Teilnahme an einem Heimattreffen. „Ich habe nie geglaubt, daß mich Ostpreußen einmal so faszinieren würde“, schreibt Frau Bremser, die aus der zweiten, nach dem Krieg im Westen geschlossenen Ehe ihres Vaters stammt. Willy Ullendorf hatte aus seiner 1924 in Tilsit geschlossenen Ehe mit Gertrud Litzenberg mindestens zwei Kinder, einen Jungen und eine blinde Tochter, von deren Existenz Hannemarie Bremser erst nach dem Tod ihres Vaters erfuhr. Nachdem auch ihre Mutter verstorben war, begann sie nach den Halbgeschwistern und deren Mutter - die Herr Ullendorf für tot erklären ließ, nachdem er jahrelang nach ihr und den Kindern gesucht hatte - zu forschen, aber das war eine vergebliche Mühe, denn sie kannte nicht einmal die Namen und Daten der Verschollenen. So wies auch unsere Veröffentlichung einige Lücken auf, eine können wir nun aber schließen, nachdem Frau Bremser in unserer Zeitung bei einem Glückwunsch auf den Tilsiter Straßennamen „Dragonerstraße“ stieß. Dort hat 1930 die Familie Ullendorf laut Einwohnermeldebuch gewohnt. Das Diamantene Ehepaar, das laut Anzeige in der Dragonerstraße Nr. 5 gewohnt hat, müssen Nachbarn der Ullendorfs gewesen sein, denn diese wohnten in Nr. 3. Vielleicht kann von diesen oder anderen Mitgliedern der Familie Großheim oder anderen Tilsitern etwas über die Vermißten ausgesagt werden, in Erinnerung ist vielleicht das blinde Mädchen geblieben. Willy Ullendorf, geborener Berliner, muß als 20jähriger nach Tilsit gekommen sein, denn er ist dort von 1924 bis 1939 gemeldet, danach wurde er wohl eingezogen. Begeben wir uns also auf erneute Suche und hoffen mit Frau Bremser, daß sich jetzt einige Hinweise ergeben. (Hannemarie Bremser, Karl-Lang-Straße 2 in 65307 Bad Schwalbach, Telefon: 0 61 24-35 72)

Suchen, suchen, suchen … das Rad dreht sich weiter. Frau Elisabeth Kulenkampff aus Hameln las immer wieder von den Sucherfolgen unserer Ostpreußischen Familie und entschloß sich nun auch, unsere Hilfe zu erbitten, die gerne geleistet wird. Und Erfolg haben könnte, wie ich meine. Für mich ist es wieder eine Rückkehr in meine Königsberger Jugend, denn es handelt sich um Schülerinnen des Bismarck-Oberlyzeums - meiner ehemaligen Schule. Nur, daß die Suchende und die Gesuchte beide erheblich jüngeren Jahrgängen angehören, denn Elisabeth Kulenkampff, geborene Gräfin von Keyserlingk aus Condehnen, Kreis Fischhausen, besuchte die Schule in der Wrangelstraße bis 1944, wie auch ihre Klassenkameradin Dorothea Sinnhuber, mit der sie eine feste Schulfreundschaft verband. Die sich auch außerhalb der Schule fortsetzte, denn Elisabeth war zeitweise bei der Familie Sinnhuber in der Walterstraße in Pension. Die damals 13jährige Dorothea konnte nicht mehr rechtzeitig fliehen und erlebte den Russensturm in Königsberg in seiner furchtbarsten Form. 1948 wurde sie ausgewiesen, und so konnten sich die Freundinnen noch einmal in Bad Segeberg wiedersehen, bevor sich ihre Wege endgültig trennten. Frau Kulenkampff wanderte für viele Jahre nach Südafrika aus, damit brach der Kontakt ab. Aber die Erinnerung an die erste Schulfreundschaft kam immer wieder, vor allem, als sie wieder nach Deutschland zurückkehrte. Umfragen erbrachten nur die vage Vermutung, daß Dorothea Sinnhuber nicht mehr lebt, denn ihre Todesanzeige soll vor vielen Jahren im Ostpreußenblatt gestanden haben, aber Genaues konnte niemand sagen, es könnte auch eine Verwechslung sein. Deshalb suchen wir für Frau Kulenkampff weiter nach ihrer alten Schulfreundin und hoffen auf eine Auskunft aus dem Kreis unserer Ostpreußischen Familie. (Elisabeth Kulenkampff, Pflümerweg 26 in 31787 Hameln.)

 Nach Königsberg führt auch der Suchwunsch von Frau Rita Fischer aus Köln, allerdings handelt es sich hier um eine Auskunft, denn es geht um ihren seit 1940/41 an der Ostfront vermißten Großonkel Paul Erich Neumann, * 17. August 1912, wahrscheinlich in Königsberg. In der Pregelstadt wurde auch seine Frau Lisbeth, geborene Maack, am 21. August 1913 geboren, sie verstarb jetzt hochbetagt am 14. September in Rösrath. Vielleicht ist dies der Anlaß für die Großnichte, nach dem Vermißten zu suchen. Leider wurden mir keine näheren Angaben wie Königsberger Wohnadresse, Beruf, Wehrmachtsteil übermittelt. Da der Name ja auch nicht gerade selten ist, wird es schwer sein, hier irgendeinen Faden zu finden. (Rita Fischer, Juttaweg 23 in 51069 Köln, E-Mail: RitaFischer@gmx.de)

 Noch kürzer formuliert ist der Suchwunsch von Frau Anneliese Ritter geborene Auschrat aus Jever, auf einen Zettel geschrieben und mir bei einer Lesung in die Hand gedrückt. Es handelt sich bei dem Gesuchten um Otto Hermann Auschrat, * 28. Dezember 1887 in Szabienen, Kreis Darkehmen (später Altlautersee, Kreis Angerapp). Er war Fleischer und Landwirt. Als er zum Volkssturm eingezogen wurde, sorgte er wohl aufgrund seines erlernten Berufes als Koch für das leibliche Wohl seiner Kameraden. Frau Ritter weiß nichts über sein Schicksal, und es wird auch schwer sein, Zeitzeugen zu finden. Aber wir lassen ja nichts unversucht. (Anneliese Ritter, Breslauer Straße 2 in 26441 Jever, (Telefon 0 44 61 / 44 51.)

 Und wieder einmal: unser geliebtes Ostpreußenlied, das schönste, das es für mich und meine Landsleute gibt, weil es für uns in Wort und Weise bewahrte Heimat ist und bleibt. Für mich bedeutet es aber noch viel mehr, weil ich das Glück hatte, den Dichter Erich Hannighofer wie den Komponisten Herbert Brust in der Zeit ihres Schaffens zu erleben, Begegnungen, die man auch nach Jahr und Tag nicht vergessen hat. Daß Herbert Brust auch eines meiner Gedichte, das Hafflied, vertont hat, ist für mich eine der schönsten Gaben, die ich je bekommen habe. Das Ostpreußenlied stammt aus dem „Oratorium der Heimat“, 1933 im Ostmarken-Rundfunk uraufgeführt, es bildete den Schlußchoral - niemand konnte damals ahnen, daß er zu einer Hymne, zum unsterblichen Symbol der verlassenen Heimat, werden würde. Um das Oratorium geht es nun in zwei Anfragen, die auf meinem Tisch liegen. Die eine stammt von unserm unermüdlichen Landsmann Benno Krutzke aus Wismar, die andere von Herrn Klaus-Peter Steinwender aus Bochum. Herr Krutzke interessiert sich für das Oratorium, konnte aber bisher weder einen Tonträger noch eine Aufnahme finden - gibt es auch nicht, soviel ich weiß, und wie Herrn Krutzke in einem persönlichen Gespräch mit dem Sohn des Komponisten, Munin Brust, bestätigt wurde. Ihm wurde von diesem der Rat gegeben, sich die Broschüre „Land der dunklen Wälder und kristallnen Seen“ zu besorgen, die anläßlich des 100. Geburtstages von Herbert Brust im Jahr 2000 herausgegeben wurde. Ein Lebensbild des Komponisten, von Gerhard Seifert geschrieben, das auch alles Wissenswerte über das Oratorium enthält. Diese im Romowe-Verlag, Langen, erschienene Schrift scheint leider vergriffen zu sein, so daß sich Herr Krutzke nun wieder einmal an uns wendet, da wir ihm ja bisher - fast - alle Wünsche erfüllen konnten. Wohl auch diesen, denn sicherlich wird jemand bereit sein, ihm die Broschüre für seine Tätigkeit im Rahmen der Bewahrung ostpreußischen Kulturgutes zu überlassen Wenn Sie diese in der Hand haben, werden sich auch die weiteren Fragen in Ihrem Brief erübrigen, lieber Herr Krutzke. Nun zu dem Schreiben von Herrn Steinwender, in dem er uns mitteilt, daß die Kreisgemeinschaften Insterburg versuchen wollen, das Oratorium in seiner vollständigen Form zum Vortrag zu bringen. Es soll einmal auf einem Ostpreußentreffen zur Aufführung gekommen sein, aber wo, wann und durch wen - wer weiß etwas darüber? (Anschriften: Benno Krutzke, Kreisgruppe der Ost- und Westpreußen Wismar, Neptunring 21 in 23968 Wismar, Telefon 0 38 41 / 63 66 53, Telefon: 0 38 41 / 63 66 53; Klaus-Peter Steinwender, Stockumer Straße 33 in 44892 Bochum, Telefon 01 63 / 5 98 00 00, Telefax 02 34 / 9 27 02 65.)

 Kleine Bitte: Landslied, auch wenn Ihr eine uralte Schreibmaschine für Eure Korrespondenz benutzt: Es gibt noch Farbbänder zu kaufen! Einige Briefe waren wieder eine Zumutung für meine sowieso arg strapazierten Augen. Manche muten wie eine Geheimschrift an - unleserlich in der spinnwebdünnen Schrift. Dann lieber mit der Hand schreiben, aber Namen und Daten immer in Großbuchstaben.

Eure

Ruth Geede


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