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20.10.07 Ost-Deutsch (37): / Gott

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-07 vom 20. Oktober 2007

Ost-Deutsch (37):
Gott
von Wolf Oschlies

„Gott mit uns“, höhnte (deutsch) die Prager Wochenzeitung „Respekt“ Anfang 2003, als der populäre Sänger Karel Gott angebliche Ambitionen hegte, Vaclav Havels Nachfolger im Präsidentenamt zu werden. „Gott mit uns“, meinte 2005 (auch deutsch) die bissige polnische Zeitung „Nie“ (Nein) vom polnischen Armeekontingent im Irak, nachdem sich die dortige Lage laufend verschlimmerte. Und „gott mit unz“ fällt russischen Blättern ein (dito deutsch, aber kyrillisch geschrieben), wenn sie von deutschen Soldaten berichten. Bei Südslawen ist der Seufzer „majn got“ ein unverzichtbares Attribut zur Charakterisierung von Deutschen, und Rumänen haben den deutschen Ausdruck „von Gott gesandt“ in wörtlicher Übersetzung als „trimis de Dumnezeu“ übernommen. Jovan Jovanovic Zmaj, der große serbische Lyriker, spöttelte schon vor 150 Jahren in seinem Gedicht „Bildung“ (wörtlich so) über die Sprachkonventionen „im serbischen Novi Sad“, wo „getlih“ (göttlich) eine Umschreibung von höchstem Wohlgefallen war.

Das althochdeutsche Substantiv „got“ war bereits im 13. Jahrhundert fester Bestandteil der deutschen Urkundensprache: „Wie Albrecht von gotis gnaden landgreue zu Duringen tun kunt“, so 1289 ein Vertrag des Thüringischen Landgrafen Albrecht, dem zahllose Dokumente mit identischem Anfang folgten. Wie die DDR-Akademie der Wissenschaften bereits 1961 in einem wunderbaren Buch dokumentierte, tauchte dieser deutsche Gott gelegentlich auch in slawischen Texten auf, was bis zur Gegenwart anhält – etwa wenn russische Popfans überlegen, ob ihre Lieblingssängerin „gott ili ne gott“ sei, Gott oder nicht Gott.

Seit wenigen Jahren lebt Gott bei Russen vor allem im „Grüß Gott“. Der Diphthong wird natürlich russifiziert: „Grjus Gott, Mjunchen“ betitelte vor einigen Wochen die Zeitschrift „Vzor“ (Blick) ein schönes Feuilleton über München. Wenn russische Sportzeitungen Titel wie „Grjus Gott, Spartak“ wählen, ist klar, daß Spartak Moskau gegen einen Münchner Klub antritt. Deutsche Touristik- und Immobilienfirmen werben in Rußland viel mit „Grjus Gott“, aber Russen wissen, daß man Norddeutsche besser mit „guten tag“, „auf widerseen“ oder „tschuus“ begrüßen beziehungsweises verabschieden sollte.


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