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20.10.07 / Der Wochenrückblick

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-07 vom 20. Oktober 2007

Mit Eva spielt man nicht / Obwohl auch Nazis und 68er eine Mutter hatten: Platzverweis für Mutter Herman
Der Wochenrückblick
mit Klaus J. Groth

Kommt Eva Hermann jetzt unter Beobachtung durch den Verfassungsschutz? Legen die Schlapphüte in Nordrhein-Westfalen eine Akte über sie an? Oder setzen sie eine V-Frau auf ihre Fersen, besser noch eine V-Mutter? Nichts ist unmöglich, Frau Herman. Es sei denn, jemand bemühte einen falschen Vergleich, so wie Eva Herman es in der Talkshow von Johannes B. Kerner tat. Das ist unmöglich, das darf man nicht. Wo kämen wir denn hin, wenn jemand so einfach behaupten dürfte, „daß man über den Verlauf unserer Geschichte nicht sprechen darf, ohne in Gefahr zu geraten“. Und wenn die selbe Person sich dann auch noch zu der Bemerkung versteigt: „Es sind (in der NS-Zeit) auch Autobahnen gebaut worden, und wir fahren drauf“, dann wird sie zur Unperson. Dann kommt sie vor die Tür.
Na ja, es hatte schon Zoff gegeben, weil Eva Herman behauptete, „daß Werte wie Familie, Kinder und das Mutterdasein, die auch im Dritten Reich gefördert wurden, anschießend durch die 68er abgeschafft wurden“

Alles nicht so falsch? Und ob! Für eine staatstragende Talkshow vom Format „Johannes B. Kerner“ vollkommen untragbar. Solche Staatsbürgerkunde kann Kerner niemandem zumuten. Also flog Eva Herman aus der Sendung.

Stellt sich allerdings die Frage, warum sie überhaupt erst eingeladen wurde. Bei dieser Frau mußte man doch mit allem rechnen. Wenn jemand die Mutterschaft dermaßen haltlos verherrlicht, dann ist er auch für unzulässige Vergleiche mit den Nazis gut. Überhaupt, wenn jemand schon Herman heißt! Gab es damals nicht auch einen Hermann? Und eine Eva, spielte die nicht eine dubiose Rolle auf Hitlers Bettkante? Offenbar kann kein Indiz absurd genug sein, wenn es hilft, den Delinquenten noch tiefer in der braunen Tunke zu versenken.Das angebräunte Denken, das hätte man doch bemerken müssen, da beim NDR, wo die Herman jahrelang als Moderatorin ihr Unwesen treiben durfte. Ausgerechnet beim NDR, bei dem abteilungsweise die besten vertrauensvollen Kontakte zur Stasi bestanden, soll so etwas unbemerkt geblieben sein?

Aber vielleicht hat sich die Herman beim NDR ja erst richtig geoutet, als sie ihre verpaßten Mutterschaften zum Thema machte. Als sie rätselhaft orakelte: „Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der daraus folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68ern wurde damals praktisch alles das, was wir an Werten hatten, es war ne grausame Zeit. Das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder. Das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben.“
Wenn man dies so liest, dann schwirren erst einmal die Sinne, dann wird der Kopf wirr. Was für ein Durcheinander, was für ein Kauderwelsch. Doch Vorsicht, dies Durcheinander ist nicht unbedingt ein Zeichen für das mangelhafte Ausdrucksvermögen einer Moderatorin. Ganz normale Menschen sprechen für gewöhnlich so. Kluge, gebildete Menschen ebenso wie etwas weniger kluge und weniger gebildete. Wer das gesprochene Wort auf Band aufnimmt und den Text dann wortwörtlich abschreibt, erhält in der Regel solch wirren Sprachsalat. Und trotzdem ist beim gesprochenen Wort meist recht schnell klar, was gemeint ist. Das gehörte Wort ist nicht das gelesene. Vorausgesetzt, man möchte auch verstehen. Sonst klappt das nicht.

Offenbar erkannte man beim NDR, was man zu erkennen wünschte – und kündigte der suspekten Moderatorin. Die hätte gewarnt sein müssen. Wenngleich ein unzulässiger Vergleich aus dem Gruselkabinett der braunen Jahre nicht immer und unbedingt den Job kosten muß. Es kommt ganz darauf an, wer sich vergaloppiert.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Rainer Brüderle beispielsweise. Der ereiferte sich unbotmäßig und bezeichnete den damals amtierenden Bundesfinanzminister Hans Eichel als „Blockwart der Nation“, weil er die Schwarzarbeit von Putzfrauen in Privathaushalten verfolgen wolle. Geradezu sanft mahnte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse damals Brüderle, „daß wir bestimmte Assoziationen an die schlimmste Zeit der deutschen Geschichte vermeiden wollten“. Blockwarte, die untersten Überwachungsorgane der NS-Zeit, sind eindeutig mit solchen Assoziationen belegt.
Oder Berlins Finanzsenator Thilo Sarazin. Auch der geriet mit seinen Vergleichen auf Abwege. Das kommt bei Politikern in Berlin häufiger vor. Als Sarazin während einer Veranstaltung zur öffentlichen Reaktion auf höhere Gebühren für Kindertagesstätten sagte: „Es wird so getan, als ob wir Kinder ins Konzentrationslager schicken“, da war er über die Grenze des Zulässigen galoppiert. Jedenfalls für die Opposition. Auffälligerweise ist für die jeweilige Opposition immer schon die Grenze überschritten, während die Parteifreunde die entsprechende Entgleisung allenfalls als „überflüssig“ einstufen. Eherne Moralsätze können ganz schön flexibel sein.

Oder Otto Schily. Der fand es ganz in Ordnung, als Verteidiger in den RAF-Stammheimprozessen die USA und die NS auf eine Stufe zu stellen und US-Militäreinrichtungen in Deutschland mit dem Reichssicherheitshauptamt des NS-Regimes, das die Judenvernichtungen gesteuert hatte, zu vergleichen. Nun lernen manche Menschen im Laufe ihres Lebens dazu und fangen auch an, manche Dinge anders zu sehen. Schily räumte mit dem Abstand etlicher Jahre ein: „Ich würde heute – entsprechend dem, was ich denke und fühle und was meinen Überzeugungen entspricht – auch als Verteidiger nicht alles wieder sagen, was ich damals gesagt habe. Doch ich kann alles, was ich damals gesagt und getan habe, im rechtsstaatlichen Rahmen gut verantworten.“
Oder Ludwig Stiegler. Der Mann mit dem roten Pullunder ist für Querschüsse immer gut. Und für befremdliche Assoziationen sowieso. Da muß man erstmal drauf kommen, sich bei dem CDU-Slogan „Sozial ist, was Arbeit schafft“, an „den zynischen Begriff ‚Arbeit macht frei‘“ der Nazis erinnert zu fühlen. Stiegler kam drauf. Und fand es so gut, daß er alle Welt an dieser Erkenntnis teilhaben ließ. Die allerdings zeigte sich irritiert. Nach massiver Schelte gestand Stiegler eine „Fehlschaltung im Gedankenblitz“ ein. Man nahm es öffentlich gnädig zur Kenntnis. Dabei vergaß man allerdings zu fragen, ob es sich eventuell um eine Dauerfehlschaltung der Gedankenblitze handeln könne. Denn Ludwig Stiegler war schon zuvor durch einen bemerkenswerten Vergleich aufgefallen. Während des Verbotsverfahrens gegen die NPD hatte er Union und FDP „Mäkeleien“ vorgeworfen: „Dabei müßte gerade bei CDU/CSU und FDP, deren Vorläuferparteien am 23. März 1933 Hitler ermächtigt haben, nachdem sie ihn zuvor verharmlost und mit an die Macht gebracht haben, die historische Schuld alle denkbaren Aktivitäten auslösen, wenigstens heute schon den Anfängen zu wehren.“
Originalton Ludwig Stiegler. Klarer und unmißverständlicher formuliert als jeder Sprechsalat von Eva Herman. Aber deshalb flog er nicht aus einer Talkshow. Der Stiegler nicht und sonst keiner der genannten.

Mag sein, wenn Eva Herman nicht nur ihr Eva-Prinzip erkannt hätte, sondern das Prinzip der braunen Keule und sich rechtzeitig geduckt hätte vor den anderen Teilnehmern der Talk-Show, der Frauen-bewegten Senta Berger, der Steuerbewegten Margarethe Schreinemakers, dem Antifaschismus-bewegten Historiker Wolfgang Wippermann und dem von sich selbst bewegten Johannes B. Kerner, mag sein, dann hätte sie bleiben dürfen. Sie hätte sich nur zerknirscht genug zeigen müssen. Dann wäre zwischen all der Freude über Nobelpreise im Doppelpack für zwei deutsche Wissenschaftler – und einen Nobelpreis für eine Showeinlage aus den USA – in dieser Woche vielleicht auch noch Aufmerksamkeit für einen Vorschlag geblieben, der wirklich keinen Vergleich zu scheuen braucht: Kinder als Undercover-Agenten bei Edeka, Rewe und dem Kiosk an der Ecke. Für wen spitzelten die Blockwarte? Für wen die IMs? Sie würden geantwortet haben: Für unsere gute Sache. Ursula von der Leyen hat sieben Kinder. Ob sie sagen könnte, welches davon für die Aufgabe eines Lockvogel-Agenten besonders geeignet wäre?

(Hans Heckel hat eine Auszeit genommen, deswegen übernimmt Klaus J. Groth vertretungsweise den Wochenrückblick.)


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