19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
27.10.07 / Seichtes PR-Gefasel / Jürgen Rüttgers redet uns Deutschland schön

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-07 vom 27. Oktober 2007

Seichtes PR-Gefasel
Jürgen Rüttgers redet uns Deutschland schön

Wenn wir Jürgen Rüttgers Glauben schenken wollen, dann müssen wir uns um die Zukunft Deutschlands keine Sorgen machen. In seinem neuen Buch „Die Marktwirtschaft muß sozial bleiben“ schreibt der NRW-Ministerpräsident, daß sich das Land im Aufschwung befinde, da die Wirtschaft im Jahr 2006 gewachsen, man wieder Exportweltmeister geworden sei und im April 2007 bundesweit 824000 Menschen weniger arbeitslos gewesen seien als ein Jahr zuvor. Alles in Butter also? Medienberichten zufolge hat Rüttgers (Stand Anfang Oktober 2007) in diesem Jahr schon neun Wochen Urlaub an der Cote d’Azur gemacht. Daß er seinen Laden nicht im Griff hat, scheint den Pulheimer nicht zu stören. Er ist eben eine rheinische Frohnatur. Wäre die oppositionelle SPD unter der Linksideologin Hannelore Kraft mit ihrer Schulpolitik à la DDR nicht so kraftlos, dann würde allen klar, daß Rüttgers NRW-Regiment das Motto „Pleiten, Pech und Pannen“ hat.

Vielleicht sieht man es vom Ferienhaus an der französischen Mittelmeerküste nicht so genau. Fakt ist aber, daß jährlich 700 Milliarden Euro zwischen den Bevölkerungsgruppen in Deutschland hin und her geschoben werden. Dies nennt sich dann Wohlfahrtsstaat. Der selbst ernannte „Arbeiterführer“ aus NRW ist ein PR-Profi. Er weist in seinem Buch darauf hin, um wieviel die Zahl der Arbeitslosen zurückgegangen sei. Trotzdem sind immer noch rund vier Millionen Menschen in diesem Land ohne Arbeit. Wie man aus dieser erschreckenden Zahl die Losung ableiten kann, „Nur weiter so, wir sind auf dem richtigen Weg“, bleibt Rüttgers‘ Geheimnis. Zudem haben 2006 etwa 150000 junge und meist gut ausgebildete Deutsche eine Abstimmung mit den Füßen vorgenommen und dem Land den Rücken zugekehrt. Sie rechnen sich in Österreich, der Schweiz, Großbritannien, den USA oder sonstwo größere Zukunftschancen aus. 

Wenn Rüttgers wirklich mutig wäre, dann hätte er ein Buch mit dem Titel „Die Marktwirtschaft muß unsozialer werden“ geschrieben. Mit dem, was er jetzt vorgelegt hat, rennt er doch überall offene Türen ein. Wo sind denn die Wirtschaftsliberalen in der Union? Schon lange fallen einem keine zugkräftigen Namen mehr ein. Friedrich Merz macht selbst Geld, statt sich auf CDU-Ticket für die deutsche Wirtschaft in den Kampf zu werfen.

Die Feinde der Freiheit und die Freunde der sogenannten sozialen Gerechtigkeit werden dieses Buch mit Freude lesen. 40 Prozent der Bundesbürger beziehen heute den größten Teil ihrer Einkünfte aus staatlichen Töpfen. Ludwig Erhard und sein Berater Wilhelm Röpke müssen sich im Grabe umdrehen bei dem Gedanken, wie Rüttgers und Co. heute die Marktwirtschaft definieren.

Rüttgers war mal Zukunftsminister. Damals im Kabinett Kohl. Der Einheitskanzler redete damals vom kollektiven Freizeitpark und wollte damit auf die mangelnde Arbeitslust mancher Deutscher hinweisen. Wer als Spitzenpolitiker derart oft nach Frankreich fährt und das dann auch noch dreist damit begründet, daß er sich um seine Kinder kümmern wolle, der ist selber ein Bewohner dieses Freizeitparks. Zum Schaden des Landes. Kein Wunder, daß Konservative wie Alexander Gauland Rüttgers Applaus klatschen, weil er die Bürger patriarchalisch wie kleine Kinder behandelt und ihnen die Freiheit nimmt.

Um es auf den Punkt zu bringen. Dieses Buch ist total unerheblich. Der „Autor“ hätte seiner Schreibstube besser ein paar Tage frei gegeben und sie davon entbunden, Material für fast 180 Seiten Text zusammenzutragen. Leider wird es immer mehr Mode, daß uns Politiker mit ihren Banalitäten behelligen und Bücher schreiben oder schreiben lassen. Wowereit und Wulff sind zwei andere aktuelle Beispiele. Tröstlich, daß sie irgendwann ein ähnliches Schicksal erleiden: Sie werden verramscht. Liebe Leser, gehen Sie für die 17,90 Euro besser gut essen!         Ansgar Lange

Jürgen Rüttgers: „Die Marktwirtschaft muß sozial bleiben – Eine Streitschrift“, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, 176 Seiten, 17,90 Euro, Best.-Nr. 6411


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren